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Der Mord zum Sonnntag

Der Mord zum Sonnntag

Titel: Der Mord zum Sonnntag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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Sie fuhren an Pebble Beach Lodge vorbei, am Golfplatz,
an Crocker Woodland, und das Areal von Cypress Point
Spa kam in Sicht. «Bald werden Sie verstehen, warum wir
hierher wollten», wandte sich Craig an Henry. Er sah Ted
ins Gesicht. «Wir werden ein hieb- und stichfestes
Konzept für die Verteidigung erarbeiten. Du weißt doch,
Cypress Point hat dir immer Glück gebracht.»
Dann, nach einem Blick aus dem Seitenfenster, erstarrte
er. «Ach du lieber Himmel, ich glaub’s einfach nicht! Das
Kabrio – Cheryl und Syd sind hier!»
Erbittert drehte er sich zu Henry Bartlett um. «Mir
beginnt zu dämmern, daß Sie recht haben. Wir hätten nach
Connecticut fahren sollen.»

5
    Min hatte Elizabeth den Bungalow zugewiesen, der früher
immer für Leila reserviert war. Er gehörte zur teuersten
Kategorie, doch Elizabeth war nicht sicher, ob sie sich
dadurch geschmeichelt fühlte. Alles in diesen Räumen rief
ihr Leilas Namen entgegen, die Schonbezüge in dem
bestimmten Smaragdgrün, das Leila liebte, der tiefe
Lehnsessel mit dem dazugehörigen niedrigen Sofa, auf
dem sich Leila nach einer anstrengenden Gymnastikstunde
auszustrecken pflegte – «Lieber Himmel, Spatz, wenn ich
so weitermache, können sie nach meinen Maßen eine
Kollektion für Magersüchtige entwerfen!» Der
Kommentar zu dem Schreibtisch mit den erlesenen
Intarsien: «Erinnerst du dich noch an die Einrichtung von
unserer armen Mama? Stilechter früher Sperrmüll.»
    In der kurzen Zeit, die Elizabeth oben bei Min und
Helmut gewesen war, hatte ein Zimmermädchen ihre
Koffer ausgepackt. Auf dem Bett lagen ein blauer
Badeanzug und ein Bademantel aus elfenbeinfarbenem
Velours, an dem ihr Terminplan für den Nachmittag
festgeheftet war: Massage 16 Uhr, Gesichtsbehandlung 17
Uhr.
    Das Gebäude, in dem die Behandlungsräume für Frauen
untergebracht waren, befand sich am Ende des 50-MeterSchwimmbeckens – ein weiträumiger, abgeschlossener
einstöckiger Bau, der an ein spanisches Adobe erinnerte.
So friedlich er von außen wirkte, so betriebsam ging es
zumeist drinnen zu, wo Frauen jeden Alters und jeder
Gewichtsklasse in Bademänteln aus elfenbeinfarbenem
Velours über die gekachelten Gänge hasteten und der
nächsten Behandlung zustrebten.
    Elizabeth machte sich darauf gefaßt, bekannten
Gesichtern zu begegnen – einigen der Stammgäste, die
ungefähr alle drei Monate herkamen und die sie bei ihrer
sommerlichen Unterrichtstätigkeit gut kennengelernt hatte.
Sie wappnete sich gegen die unvermeidlichen
Beileidskundgebungen, gegen die kopfschüttelnden
Bemerkungen: «Also das hätte ich Ted Winters niemals
zugetraut …»
    Doch sie konnte kein bekanntes Gesicht entdecken unter
den Frauen, die scharenweise vom Fitneßtraining zur
kosmetischen Behandlung eilten. Überdies schien
insgesamt weniger Betrieb zu herrschen als sonst. Im
Frauentrakt lag die Spitzenkapazität bei etwa 60 Personen,
in der Männerabteilung galt das gleiche. Von einer
solchen Größenordnung konnte jetzt nicht die Rede sein.
    Sie rief sich den Farbkode der verschiedenen Türen ins
Gedächtnis: rosa für Gesichtsbehandlung; gelb für
Massagen; blaurot für Kräuterpackungen; weiß für
Dampfstrahl; blau für Blitzguß. Die Trainingsräume lagen
jenseits des Innenschwimmbeckens, offenbar in
erweiterter Anzahl. Im zentral gelegenen Solarium gab es
mehr einzelne Quecksilberdampflampen als früher. Ein
bißchen enttäuscht wurde sich Elizabeth bewußt, daß es zu
spät war, sich diesen Genuß auch nur ein paar Minuten zu
gönnen.
    Sie nahm sich vor, abends ausgiebig schwimmen zu
gehen.
Die ihr zugeteilte Masseuse gehörte zum alten
Stammpersonal. Gina, eine kleine, zierliche Person mit
kräftigen Armen und Händen, freute sich sichtlich über
das Wiedersehen. «Sie arbeiten doch hoffentlich wieder
bei uns? Natürlich nicht. Das wär auch zu schön
gewesen.»
Die Massageräume waren offenbar gründlich renoviert
worden. Hörte Min denn nie auf, Geld für dieses
Unternehmen auszugeben? Immerhin waren die neuen
Behandlungstische luxuriös gepolstert, und sie spürte, wie
sie sich unter Ginas geübten Händen zu entspannen
begann.
Gina knetete ihre Schultermuskeln. «Sie sind durch und
durch verkrampft.»
«Das kommt mir auch so vor.»
«Kein Wunder. Sie haben auch jede Menge Gründe.»
Elizabeth wußte, daß dies Ginas Art war, ihr Mitgefühl
auszudrücken. Und sie wußte ferner, wenn sie kein
Gespräch anfing, würde Gina stumm bleiben.

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