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Der Morgen der Trunkenheit

Der Morgen der Trunkenheit

Titel: Der Morgen der Trunkenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fattaneh Haj Seyed Javadi
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den alten Notar nicht wegen der Verpfändung eines Grundstücks ins Haus schleppen. Ich mag aber auch nicht, daß meine Frau zum Notariat mitgeht. Wie du sagst, gibt es doch kein dein oder mein. Morgen gehen wir hin, und du läßt das Haus auf meinen Namen überschreiben. Die übrigen Laufereien erledige ich.«
    Ich sagte, »Weshalb hast du es so eilig? Weshalb morgen? Laß es mich doch ein wenig überdenken…«
    Indem er den aufsteigenden Zorn zu verbergen suchte, sagte er, »Wozu überdenken? Der Mann hat es eilig. Wenn ich mich ziere, gibt es hundert andere wie mich, die ihn darum anflehen. Er sitzt doch nicht untätig herum, bis du dir deine Gedanken gemacht hast. Vertraust du mir etwa nicht?«
    »Doch, Rahim Djan. Es geht nicht um das Vertrauen, aber…«
    Allmählich wurde seine Stimme lauter, »Wo liegt dann das Problem? Willst du das Haus nicht auf meinen Namen überschreiben? Hast du Angst, ich würde dich um dein Haus bringen? Scheust du dich davor?«
    Ich war entgeistert. Wieder verschloß sich mein Herz vor ihm. Sein Blick hatte erneut einen feindseligen Ausdruck angenommen. Kühl erwiderte ich, »Ich bin doch noch ganz durcheinander. Mir ist noch nicht klar, worum es sich wirklich handelt.«
    »Bist du durcheinander oder vertraust du mir nicht? Hatte ich’s nicht gesagt, du liebst mich nicht!«
    »Was soll das, Rahim? Was hat das mit Liebe zu tun?«
    »Was sonst hat mit Liebe zu tun? Ich hab doch mein Verhalten geändert.Einen ganzen Monat lang hab ich getan, was du wolltest. Ich hab nach deiner Pfeife getanzt. Sagtest du, ›Geh nicht zur Arbeit‹, sagte ich, ›Wird gemacht.‹ Sagtest du, ›Komm abends früher nach Hause‹, sagte ich, ›Wird gemacht.‹ Sagtest du, ›Ich will gehen, wohin es mir gefällt‹, sagte ich, ›Tu das.‹ Und dann sagst du immer noch, ›Ich muß erst sehen, worum es sich handelt.‹ Es handelt sich darum, daß du es nicht übers Herz bringst, das Haus auf mich zu überschreiben.«
    Überrascht fragte ich, »Also diente dieser eine Monat nur dazu, gute Stimmung zu machen? Wolltest du, daß ich mein Haus auf dich überschreibe?«
    »Du machst mich noch verrückt! Glaubst du, ich will dich übers Ohr hauen?«
    Ich protestierte, »Rahim!«
    »Da gibt’s kein Rahim. Überschreibst du das Haus auf mich oder nicht? Ein Kind hast du ja nicht. Und für deinen Unterhalt sorge ich… egal, ob das Haus auf deinen Namen lautet oder auf meinen. Willst du dein Haus ins Jenseits mitnehmen? Willst du, daß nach dir deine Brüder und Schwestern es an sich reißen?«
    Gelassen sagte ich, »Ach so… darum geht es also. Also war die ganze Geschichte von Schreinerarbeiten für die Gebäude von Aristokraten, Ämter und Paläste der Söhne Reza Shahs und Beteiligung und Verpfändung nur ein Vorwand? Alles nur leere Versprechungen? Hast du dich also einen Monat lang zusammengenommen, keinen Schnaps getrunken und dich nicht mit Weibern herumgetrieben, um mich weich zu kochen? Jetzt, wo mein Sohn nicht mehr ist, willst du, daß ich das Haus auf deinen Namen überschreibe, damit es nicht an einen anderen gerät? Willst mir mein Hab und Gut entreißen und dann die Koffer packen? Nein, mein Lieber, darauf kannst du lange warten.«
    Plötzlich wurde ich wach. Es fiel mir wie Schuppen von den Augen. Soviel Torheit hatte ich mir nicht zugetraut. Wie kam es, daß ich es nicht früher bemerkt hatte? Die Maske war ihm vom Gesicht geglitten, und seine Fratze kam zum Vorschein. Während er mit der Faust auf den Wollteppich aus meiner Aussteuer schlug, schrie er, »Du mußt das Haus auf meinen Namen überschreiben. Hast du das verstanden?«
    Gleichgültig erwiderte ich, »Ich werde das Haus niemandem überschreiben.«
    »Untersteh dich! Du wirst schon sehen. Wenn du es nicht auf meinen Namen überschreibst, hast du dir die Folgen selbst zuzuschreiben.«
    »Wozu sollte ich es dir überschreiben? Vermutlich, damit du Ma’sume Chanum herbringst!«
    »Na klar, daß ich sie herbringe. Geschieht dir ganz recht. Damit sie zehn Kinder gebiert. Damit du Unfruchtbare vor Eifersucht platzt.«
    »Und dann bleibe ich hier und schaue zu?«
    »Nein, du wirst dich in das Haus deines Agha Djan begeben. Desjenigen, der dich mit einem Fußtritt aus dem Haus geworfen hat.«
    Seine Halsmuskeln waren vor Wut angeschwollen. Seine dunkle, abscheuliche Ader trat hervor. Er äffte mich nach, » Sei du meine Stütze, Rahim… Ich hab doch niemanden außer dir .«
    Ich sagte, »Hör auf damit, Rahim. Bist du schon wieder

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