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Der Morgen der Trunkenheit

Der Morgen der Trunkenheit

Titel: Der Morgen der Trunkenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fattaneh Haj Seyed Javadi
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Hochzeit von Chodjasteh Chanum.‹ Deine Tante tat, als würde sie meine Anspielung nicht verstehen und sagte, ›Ach wo, Chodjasteh ist doch noch ein Kind.‹ Ich war erbost und sagte, ›Was an ihr ist noch kindlich? Bis vor ein paar Monaten drangen Sie noch darauf, sie beim »Kuchenessen« Ihrem Sohn versprechen zu lassen!‹ Währenddessen sagte deine abgezehrte Mutter unaufhörlich, ›Frau Amme, hör auf damit. Was redest du da? Ist Chodjasteh denn zu Hause versauert? Gib Ruhe und laß uns in Frieden!‹ Doch ich gab keine Ruhe. Deine Tante ließ es sich nicht nehmen und sagte, ›Schließlich war ja Mahbube auch bis vor ein paar Monaten nicht die Frau des Schreiners aus dem Viertel. Ich persönlich habe dagegen nichts einzuwenden, sondern würde es mir aus ganzem Herzen wünschen, doch meinSohn sagt, ›Ich werde nicht der Schwager eines Schreiners. Bei Gott, das sind die Worte meines Sohnes. Ich selbst weiß vor Kummer nicht aus noch ein.‹«
    Ich kochte vor Wut. Chodjasteh hatte für mich büßen müssen. Meiner Leidenschaft wegen mußte sie leiden. Wie hatte die Tante meine kranke Mutter so rücksichtslos kränken können? Was für eine bösartige Frau. Die Amme erzählte weiter, und der Kopf begann mir zu schmerzen. Sie sagte, »Ihre Mutter hat gesagt, ›Es macht gar nichts, Schwesterchen. Schlechte Ware ist nur für ihren Besitzer. Gott behüte, daß Sie zugrunde gehen! Weshalb sollten Sie? Ihre Feinde sollen zugrunde gehen. Ich weiß, Sie trifft keine Schuld. Richten Sie Ihrem Hamid Djan meinerseits nur aus, man hätte solch einem Hanswurst wie ihm nicht erlaubt, um Chodjastehs Hand anzuhalten und ihr Tag und Nacht die Ruhe zu rauben, wenn sie nicht einen Verwandten gehabt hätte, für den man sich schämen müßte.‹«
    »Die liebe Tante war beleidigt und verschwand. Seitdem behandelt sie deine Mutter von oben herab. Hoffentlich verzeihst du mir, Kind! Sie ist zwar deine Tante, aber eine sehr überhebliche Frau. Es stimmt, wenn man sagt, der Schuldner verwandelte sich in einen Gläubiger, wenn man ihm entgegenkommt. Seit diesem Tag vergießt deine Mutter blutige Tränen. Dein Agha Djan war dermaßen verstört, daß ihm erst heute eingefallen ist, daß seit Beginn des Monats sieben, acht Tage vergangen sind, und daß er dir deine monatliche Unterstützung noch nicht geschickt hat.«
    Ich fragte, »Wie steht es mit Chodjasteh, wie geht es ihr?«
    Ich war um meine Schwester sehr bekümmert. Die Amme sagte, »Sie läßt es sich überhaupt nicht anmerken. Sie sagt, ›Zum Teufel mit ihm. Ich hatte ja von Anfang an kein Auge auf ihn geworfen.‹ Aber eines Nachts weinte sie sich bei mir aus und sagte, ›Liebe Amme, denk bloß nicht, daß mir dieser Cousin einen roten Heller wert wäre! Du weißt ganz genau, daß ich von Anfang an nichts davon hielt, weit von der Familie am Kaspischen Meer zu leben. Aber es bedrückt mich, daß die, die uns bis gestern so schmeichelten, Agha Djan und Chanum Djan jetzt solch eine Schmach zugefügt haben. So viel zu den Verwandten. Gott verdamme sie. Gott segne alle Fremden. Anstatt meine Mutter in dieser Situation zu trösten, hat ihr die Tante Salz in die Wunden gestreut.‹«
    Damit hatte ich einen Vorwand zu weinen. »Es ist meine Schuld, liebe Amme. Ich habe über meine Eltern Schande gebracht… Ich bin der Grund. Ich habe Chodjasteh um den Ehemann gebracht.«
    Die Amme umarmte mich und sagte, »Mein Kind, weshalb quälst du dich so? Die Unfähigkeit deines Cousins ist Schuld daran, seine Torheit. So ein liebes Mädchen hat er ziehen lassen. Das geht doch nicht. Wollte sich jeder, der seinen Schwager nicht mag, von seiner Frau scheiden lassen, würde es in dieser Stadt kein einziges Ehepaar geben. Laß das. Hast du nichts Besseres zu tun? Weinst du wegen Hamid? Bei der Figur? Wie ein kurzbeiniger Gockel. Eigentlich müßtest du dich für Chodjasteh freuen.«
    Ich mußte über die Worte meiner Amme lachen. Ihre Beschreibung traf die Figur meines Cousins genau. Dennoch hatten sich meine Kopfschmerzen bis zu Rahims Rückkehr verschlimmert. Obwohl er inzwischen einen Anzug trug, stand sein Hemdkragen nach wie vor offen, und er roch nach Holz. Plötzlich schämte ich mich, daß meine Amme ihn in diesem Aufzug sehen würde. Sein Aussehen bestätigte Hamids Bemerkungen und die der Tante. Verlegen sagte ich, »Rahim, komm nicht in diesem Aufzug herein. Knöpf deinen Hemdkragen zu.«
    »Weshalb?«
    »Meine Amme ist zu Besuch.«
    »Na und, sieht sie mich etwa zum ersten

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