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Der müde Bulle

Der müde Bulle

Titel: Der müde Bulle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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mich Compadre.
    »Orale, panzon«, antwortete er wie ein Pachuco, was er nur meinetwegen tat. Er sprach ein ausgezeichnetes Spanisch und konnte auch Spanisch lesen und schreiben, was für einen Mexikaner relativ ungewöhnlich ist. Auch sein Englisch war nicht schlecht, aber der Einfluß der Elendsviertel von El Paso, Texas, ließ sich nicht verleugnen, so daß Cruz mit einem leichten Akzent Englisch sprach.
    »Wo hast du denn den ganzen Tag gesteckt?« erkundigte ich mich und steckte eine Münze in den Automaten, um ihm eine frische Tasse Kaffee – ohne Milch und mit der doppelten Portion Zucker – zu bringen.
    »Wo ich den ganzen Tag gesteckt habe, du Halunke?« frotzelte er. »Dich haben sie heute schon den ganzen Tag zu erreichen versucht. Du weißt wohl immer noch nicht, daß sich dieses komische kleine Kästchen in deinem Wagen Funk nennt und du eigentlich auf sämtliche eingehenden Funksprüche hören solltest, wenn du dich schon nicht nach ihnen richtest.«
    »Chale, chale. Jetzt hör aber mal auf, den Sergeant zu spielen«, erwiderte ich. »Erzähl mir lieber, was los ist. Kaum bin ich heute mal in meinem Schwarzweißen gesessen, mußte ich schon wieder aussteigen, weil ständig was los war. Wie konnte ich da auf die verdammten Funksprüche achten?«
    »Du wirst doch dein ganzes Leben ein Revierbeamter bleiben.« Cruz schüttelte den Kopf. »Du kannst mit so einem Funkgerät einfach nichts anfangen, und wenn du nicht deinen besten Freund zum Sergeant hättest, wärst du schon längst gefeuert worden.«
    »Ja, aber ich habe ihn nun mal.« Grinsend stieß ich ihn in den Rücken, so daß er laut losfluchte.
    »Jetzt aber mal ernsthaft, Bumper«, fing Cruz schließlich an, wobei er sich das ›ernsthaft‹ hätte sparen können, weil er stets seine großen dunklen Augen senkte, wenn er es ernst meinte. »Also, jetzt ganz im Ernst, der Chef hat mich gebeten, dich darauf hinzuweisen, künftig etwas mehr auf den Funk zu achten. Er hat mitbekommen, daß sich ein paar von den jüngeren Beamten schon des öfteren beschwert haben, sie müßten sich immer um deine Funksprüche kümmern, da du nie den Funk eingeschaltet hättest und ständig durch die Gegend spazieren würdest.«
    »Diese verdammten Grünschnäbel!« schimpfte ich los. »Auf die könnte ja eine Schlange losgehen und sich an ihrem Dingdong festbeißen, und die würden nichts merken. Du solltest diese jungen Spritzer mal sehen, wie sie die Straßen runterfahren und nichts als Weiber im Kopf haben. Die haben ja Angst, ihre Mützen aufzusetzen, weil sie sich damit ihre verdammten Frisuren zerquetschen könnten. Scheiße! Ich habe doch tatsächlich so einen jungen Schnösel in seinem Schwarzweißen sitzen und sich die Haare einsprühen sehen! Ich sage dir, Cruz, die meisten dieser jungen Laffen könnten ihren Arsch nicht von einem verbrannten Keks unterscheiden.«
    »Ich weiß, Bumper«, sagte Cruz mitfühlend. »Und dem Chef ist es auch klar, daß eine ganze Schwadron von diesen Grünschnäbeln nicht halb so viel ausrichten würde wie so ein alter Hase von deinem Kaliber. Das ist ja auch der Grund, weshalb sich niemand bei dir beschwert. Aber, Hombre, du mußt dich wenigstens ab und zu um einen Funkspruch kümmern, anstatt dauernd im Revier herumzulatschen.«
    »Ich weiß«, murmelte ich und starrte auf den Kaffee in meiner Hand hinab.
    »Du brauchst es ja nur so einzurichten, daß man dich ein bißchen öfter über Funk erreichen kann.«
    »Ist ja schon gut, ist ja schon gut. Du bist ja schließlich der Macho. Du hast ja die Huevos de oro.«
    Da er mir nun meine Standpauke gehalten hatte, konnte Cruz bereits wieder lächeln. Er war der einzige, der an mir herumnörgelte oder mir sagte, was ich tun und lassen sollte. Wenn jemand anderer in dieser Hinsicht irgendwelche Wünsche und Vorstellungen hatte, wandte er sich damit an Cruz, und wenn der dann fand, daß sie berechtigt waren, übermittelte er sie mir. Sie dachten wohl alle, daß ich zumindest auf Cruz ein wenig hörte.
    »Und vergiß nicht, Loco, daß du für heute abend zum Essen eingeladen bist.«
    »Kannst du dir wirklich vorstellen, ich könnte eine solche Einladung vergessen?«
    »Bist du sicher, daß Cassie nicht mitkommen kann?«
    »Du kannst mir glauben, daß sie wirklich gern kommen würde. Aber du weißt ja, Freitag ist ihr letzter Tag in der Schule, und sie veranstalten deshalb ein kleines Fest für sie. Und da kann sie natürlich unmöglich fehlen.«
    »Das verstehe ich

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