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Der Müllmann

Der Müllmann

Titel: Der Müllmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Wolkenwand
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du …«
    Ich seufzte.
    »Ich kümmere mich um ihn.«
    »Danke«, meinte sie und eilte die Treppe hoch.

    »So
ist das, George«, teilte ich Hund mit, als ich geduldig wartete, dass er einen
Baum markierte. »Kaum wickelt dich eine Frau um den Finger, da wirst du weich
und erzählst ihr Dinge, die niemand anders wissen sollte.«
    »Wuff!«,
meinte George und schnüffelte an einem Gebüsch.
    »Okay, ich weiß, dass sie damit nicht viel anfangen kann, aber sie
kann eins und eins zusammenzählen.«
    »Wuff«, sagte George und wedelte tröstend mit dem Schwanz.
    »Du hast recht. Wenn eine Frau erst einmal weiß, dass man ein
Geheimnis hat, dann glaubt sie, es gibt überall noch mehr.«
    »Wuff?«
    »Ein Mann braucht ein paar Geheimnisse, und nur weil er sie hat,
muss sie ja nicht jedes kennen, oder?« Vor allem, wenn sie eine Polizistin ist
und eigentlich dazu verpflichtet wäre, jemanden wie mich in den Knast zu
bringen.
    George schielte zu dem Nachbarhaus und sah dann mit treuen
Hundeaugen zu mir hoch. »Um dein Herrchen kümmere ich mich auch noch«,
versprach ich.
    Einen Trost gab es. Mit einem Hund zu reden, war schon besser als
mit einer Ratte. Das taten andere ja auch.

    Ana
Lena kam ausnahmsweise mal gut aus dem Bett. Es reichte sogar noch, um zusammen
zu frühstücken. Irgendwie, dachte ich, schien sie mir verändert. Die Art, wie
sie mich hin und wieder verstohlen musterte, machte mich noch zusätzlich
nervös. Ich kannte genau diesen Blick von meiner Schwester, wenn die wieder
irgendetwas ausgefressen hatte.
    »Onkel
Heinrich?«
    Jetzt kommt es.
    »Ja?«
    »Wieso vertraust du Frau Steiler?«
    Ich hielt mit dem Essen inne. »Ich weiß es nicht«, sagte ich
langsam. »Vielleicht, weil ich irgendwann damit anfangen muss?«
    Sie spielte mit ihrer Gabel herum. »Du traust mir nicht?«
    »Hhm«, sagte ich vorsichtig. »So stimmt das nicht.«
    »Du vertraust mir?«
    Ich nickte.
    »Aber nicht mit allem.«
    »Ja. Nicht mit allem.«
    »Warum nicht?«
    »Weil es zum einen ein paar Dinge gibt, die dich nichts angehen. Und
zum anderen …«
    »Bin ich zu jung, um sie zu verstehen.«
    »Das wollte ich gerade sagen.«
    »Letzte Woche hätte ich dir widersprochen.«
    »Jetzt nicht mehr?«, fragte ich überrascht.
    »Nein«, sagte sie leise. »Jetzt nicht mehr. Ich dachte, du bist eine
Buchhalterseele. Du lachst so selten, bist immer so ernst …«
    »Und das ist falsch?«
    »Nein. Das ist es nicht. Ich …« Sie sah mich direkt an. »Ich wusste
nicht, dass es so schlimm für dich war.«
    »Was?«
    Sie holte tief Luft. »Die Sache im Irak. Ich … ich war auf der
Toilette, da habe ich euch reden hören.«
    »Oh«, sagte ich. Mehr fiel mir nicht ein.
    »Ja, oh. Das habe ich auch gedacht«, sagte Ana Lena. »Bist du mir
böse?«
    »Nein. Ich … ach, verdammt.« Ich stand auf und lehnte mich an die
Küchentheke, um zum Fenster hinauszusehen. »Am liebsten«, sagte ich leise, »würde
ich das alles vergessen.«
    »Und das geht nicht?«
    »Nein, das geht nicht.«
    Sie nickte. »Okay.«
    »Das ist alles, was du sagst, okay?«
    »Was soll ich sonst sagen«, meinte sie und lächelte schief. »Wir
sind alles, was wir haben. Und ich kann mich nicht wirklich über dich
beschweren.«
    »Nicht? Dafür konntest du es in der letzten Zeit ganz gut.« Doch der
Scherz entlockte ihr nur ein schwaches Lächeln.
    »Die Sache mit Nina hat mir gezeigt, dass manche Dinge im Leben
wichtiger sind als andere. Fahren wir?«
    »Wir fahren.«
    »Was siehst du mich so an?«
    »Ich habe gerade gedacht, dass es mir eigentlich gar nicht gefällt,
wie schnell du erwachsen wirst.«
    »Mir auch nicht. Aber irgendwie lässt es sich nicht verhindern,
nicht wahr?«

    Als
ich vom Krankenhaus zurückkam, fühlte ich mich seltsam. Irgendwie haltlos. Dass
Nina wach gewesen war und sich offensichtlich gefreut hatte, Ana Lena und auch
mich zu sehen, war die eine Sache gewesen, sie so zu sehen, in den
Streckverbänden und dieser Schale, die man ihr um das Becken gelegt hatte, eine
andere. Und natürlich ging mir Ana Lena nicht aus dem Kopf.
    Als ich in
meine Straße einbog, sah ich den blauen BMW vor dem Haus stehen. Mein Puls
beschleunigte, aber es war nur Berthold, von Marietta war weit und breit nichts
zu sehen. Ich parkte den Wagen und stieg aus.
    »Guten Morgen«, meinte Berthold und stieß sich von dem BMW ab.
Diesmal trug er wieder Jeans und eine Windjacke. Und eine Bild-Zeitung in der
Hand. Er sah hoch zum Himmel und kniff etwas die Augen zusammen. »Wird

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