Der mysterioese Zylinder
als Ausdruck fürstlichen Dankes vom Duke of –
– überreicht worden war, jenem jähzornigen Mann, dessen Sohn Richard Queen vor einem entsetzlichen Skandal bewahrt hatte, dessen Einzelheiten nie an die Öffentlichkeit gelangt sind. Unter dem Wandteppich befand sich ein schwerer Altartisch, auf dem eine mit Pergament bespannte Lampe und ein Paar bronzener Buchstützen, die eine dreibändige Ausgabe der ›Märchen aus Tausendundeiner Nacht‹ hielten, standen.
Zwei Gebetsstühle und ein kleiner Läufer vervollständigten die Einrichtung der Diele.
Wenn man diesen niederdrückenden, fast immer düsteren und abweisenden Ort durchschritten hatte, war man auf alles andere gefaßt als auf die vollkommene Heiterkeit des dahinterliegenden großen Zimmers. Dieser Gegensatz war Ellerys Privatvergnügen; denn der alte Mann hätte – ginge es nach ihm – bereits seit langem die Einrichtungsgegenstände der Diele in irgendeiner Rumpelkammer verstaut.
Das Wohnzimmer war auf drei Seiten von dicht beieinanderstehenden und den Geruch von Leder ausströmenden Bücherschränken umgeben, die bis an die hohe Decke reichten. Auf der vierten Seite befand sich ein echter Kamin mit einer Einfassung aus massivem Eichenholz und einem glänzenden Eisengitter vor der Kaminöffnung. Über dem Kamin hingen die berühmten gekreuzten Säbel, ein Geschenk des alten Fechtmeisters von Nürnberg, bei dem Richard in seinen Jugendjahren während seines Studiums in Deutschland gelebt hatte. Lampen glänzten und blinkten überall in dem großzügigen Raum; bequeme Sessel, Lehnstühle, niedrige Chaiselongues, Fußschemel und helle Lederpolster standen herum. Kurzum, es war ein äußerst gemütlicher Raum, wie ihn sich nur zwei geistig tätige Menschen als ihr Refugium entwerfen konnten. Und wenn vielleicht nach einer bestimmten Zeit ein solcher Ort langweilig geworden wäre – allein durch die bloße Vielfalt der Dinge –, so verhinderte dies der geschäftige Djuna, Laufbursche, Faktotum, Diener und guter Geist des Hauses in einer Person.
Djuna war von Richard Queen während Ellerys Zeit am College aufgenommen worden, als sich der alte Mann oft sehr allein fühlte. Er war ein fröhlicher junger Mann, neunzehn Jahre alt, Waise, solange er zurückdenken konnte und in entzückender Weise ahnungslos, was die Notwendigkeit eines Familiennamens anbelangt. Er war klein und schlank, immer freudig erregt, in überschäumender Stimmung, aber auch mucksmäuschenstill, wenn die Situation es erforderte. Djuna verehrte den alten Richard ungefähr in der gleichen Weise, wie sich die Ureinwohner Alaskas vor ihren Totempfählen niederbeugten. Auch zwischen ihm und Ellery bestand ein scheues Band der Verbundenheit, das seinen Ausdruck aber nur in dem leidenschaftlichen Diensteifer des Jungen fand. Er schlief in einem kleinen Zimmer hinter den Schlafräumen von Vater und Sohn und konnte, wie es Richard stets schmunzelnd ausdrückte, »mitten in der Nacht sogar vom Liebesgesang eines Flohs aufgeweckt werden«.
Am Morgen nach dem ereignisreichen Abend, an dem Monte Field ermordet worden war, deckte Djuna gerade den Tisch fürs Frühstück, als das Telefon klingelte. An Anrufe am frühen Morgen bereits gewöhnt, nahm er den Hörer ab.
»Hier ist Djuna bei Inspektor Queen. Wer ist da bitte?«
»Oh, so, so«, brummte eine tiefe Stimme aus dem Hörer. »Nun, du Sohn eines streunenden Polizisten, weck den Inspektor, und zwar schnell!«
»Inspektor Queen darf nicht gestört werden, Sir, solange sein Vertrauter Djuna nicht weiß, wer anruft.« Djuna, der den Klang von Sergeant Velies Stimme sofort erkannt hatte, grinste und steckte dabei die Zunge in die Backe.
Eine schlanke Hand packte Djuna fest am Nacken und wirbelte ihn halb durchs Zimmer. Der Inspektor, bereits fertig angezogen und mit noch von der ersten Morgenprise Schnupftabak bebenden Nasenflügeln, sprach in den Hörer: »Kümmere dich nicht um Djuna, Thomas. Was ist los? Hier ist Queen.«
»Oh, Sie sind’s, Inspektor. Ich hätte Sie nicht schon so früh am Morgen gestört, wenn nicht Ritter gerade aus Monte Fields Wohnung angerufen hätte. Es gibt was Interessantes zu berichten«, polterte Velie.
»Gut, gut«, schmunzelte der Inspektor. »Unser Freund Ritter hat also jemanden eingefangen? Wer ist es denn, Thomas?«
»Sie haben es erraten, Sir«, antwortete Velie mit unbewegter Stimme. »Er sagt, er befände sich dort in einer etwas peinlichen Situation mit einer nur leicht bekleideten Dame, und falls er sich noch
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