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Der Nachbar

Titel: Der Nachbar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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Saints T-Shirt an und blaue Jeans. Könnte das Colin sein?«
    »Oh, Gott sei Danke, Gott sei Dank«, rief sie aufschluchzend. »Es ist ihnen nichts passiert?«
    »So weit wir wissen, nicht«, antwortete Ken. »Einer von den Beamten, die die reinkommenden Aufnahmen kontrollieren, hält mich auf dem Laufenden. Das Letzte, was ich hörte, war, dass sie dabei waren, auf Nummer 23 ein Feuer zu löschen, damit es sich nicht weiter ausbreitet. Das sind zwei mutige Kinder, Gaynor. Sie können stolz auf sie sein.«
    Sie lachte mit einem glücklichen Juchzer. »Tja, das sind meine beiden! Natürlich bin ich stolz auf sie. War ich immer. Und wo ist Jimmy? Ist er bei ihnen?«
    Ein kleines Zögern. »Im Moment wissen wir nichts über ihn. Sein Handy ist leer, da können wir keinen Kontakt mit ihm aufnehmen.«
    »Und was ist mit den Kleinen? Wo sind die?«
    »Sie meinen Melanies Kinder?«
    »Ja, Rosie und Ben. Sie hatte sie bei sich, als wir losmarschiert sind.«
    »Wir wissen nicht, wo sie sind. Bei ihr sind sie nicht. Wir nehmen an, sie hat sie nach Hause gebracht. Da wo Ihre Kinder sind, geht's ziemlich wüst zu, Gaynor.«
    Augenblicklich war sie von neuem beunruhigt. »O Gott!« Sie spähte die Straße hinauf, aber die Menschenmenge, die sich immer noch zwischen den Häusern tummelte, versperrte ihr den Blick. »Was ist denn da vorn los? Sie haben eben gesagt, dass es brennt.«
    »Ein paar Burschen wollen Benzinbomben auf das Haus werfen. Ihre Kinder haben sich mit ein paar anderen davor aufgereiht, um sie daran zu hindern«, erklärte er. »Ich hab Ihnen ja gesagt, dass sie sehr mutig sind, Gaynor.«
    Einen Herzschlag lang war es still. »Ich hätt wissen müssen, dass der kleine Mistkerl nicht mit geklauten Autos rumkutschiert ist«, sagte sie für Ken völlig unverständlich, bevor sie die Verbindung abbrach.
Im Haus Humbert Street 23
    Blut klebte auf dem Boden und hing in Spritzern an den Wänden. Sein Anblick brachte die Übelkeit zurück, die Jimmy im Glebe Tower Aufzug überwältigt hatte. Die entsetzliche Hitze und der Gestank im Zimmer taten das ihrige dazu. Körperausdünstungen und schlechte Luft. Aus den Augenwinkeln konnte er in der Ecke schlaff zusammengefallen wie ein zerbrochenes Spielzeug etwas Menschliches erkennen, aber seine ganze Aufmerksamkeit war auf den Mann und die Frau auf der anderen Seite des Zimmers gerichtet.
    Er hatte zu lang gebraucht. Zu lang, um das Feuer zu löschen. Zu lang, um die Tür einzureißen.
    Die Frau hing wie eine Bauchrednerpuppe über dem Schoß des Mannes, die Augen geschlossen, das Gesicht über alle Maßen zerschunden, Kinn und Brust in Blut getränkt. Jimmy konnte nicht einmal erkennen, ob sie am Leben war, nur dass Blut und Speichel wie Ektoplasma über ihre Lippen blubberten. Sie musste wie eine Löwin gekämpft haben. Das Gesicht des alten Mannes war von blutigen Kratzern und Schrammen durchzogen, als hätten Raubtierkrallen sich in sein Fleisch geschlagen und es aufgerissen.
    »Möchten Sie, dass ich sie umbringe?« Franek schob eine Hand unter Sophies herabhängenden Unterkiefer und die andere unter ihren Kopf. »Nur eine Bewegung von Ihnen, und ich breche ihr das Genick. Wenn Sie dafür sorgen, dass Ihre Freunde wegbleiben, bis die Polizei kommt, bleibt sie am Leben.«
    Jimmy stand wie angewurzelt da. Er wollte etwas sagen, aber die einzigen Wörter, die sich in seinem Hirn bildeten, waren Flüche und Beschimpfungen. Hatte er den beschissenen Arzt nicht gewarnt? Er erinnerte sich ganz genau, wie er es gesagt hatte. Was macht es für einen Unterschied, ob einer oder tausend? Sie haben es mit einem gottverdammten Psychopathen zu tun. Ich brauch nur einen kleinen Fehler zu machen, und er bringt sie um. Genau das hatte er gesagt. Scheiße! Sogar ein gottverdammter Cretin hätte gottverdammt noch mal wissen müssen, dass es so kommen würde.
    »He, verstehst du mich, Nigger? Oder bist du zu blöd dazu?«, rief Franek, gereizt vom Anblick des Schwarzen, der mit offenem Mund und verständnislosem Gesicht da stand. »Einen Schritt näher, und ich mach sie kalt.«
    Jimmy sah einen schmalen silbernen Schimmer zwischen Sophies Augenlider aufscheinen. Er warf einen raschen Blick auf die reglose Gestalt in der Ecke. »Ich hab schon verstanden«, sagte er heiser mit trockenem Mund.
    Franek nickte befriedigt. »Verlier nur deine Angst nicht«, sagte er. »Dann bleibt sie am Leben.«
    Jimmy fuhr sich, genau wie Sophie es im Lauf des Nachmittags mehrmals getan hatte, mit der Zunge durch

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