Der Nachbar
seine Wut auslassen konnte. Er sagt, er hat den Tisch umgestoßen und die Trinkbecher der Arbeiter kaputt geschlagen. Das war der Punkt, wo Ablett rausgegangen ist.«
»Fragen Sie ihn nach dem Wagen.
Wieder eine kurze Zeit des Zuhörens. »Er stand draußen vor dem Wohnwagen. Hinten auf dem Rücksitz lagen zwei Reisetaschen, sagt er.«
Tyler zog die Augenbrauen hoch. »Was für Reisetaschen?«
»Eine schwarze und eine braune.«
»Franny Gough sagte, er hätte nur eine gehabt, eine schwarze. Wie viel Platz haben die beiden Taschen da hinten eingenommen?«
»Fast den ganzen Rücksitz.«
»Und was war dann im Kofferraum? Nein, fragen Sie das Ablett nicht – vergewissern Sie sich nur, dass Townsend ihn nicht in seinem Beisein aufgemacht hat.« Er presste in angestrengter Konzentration die Lippen aufeinander, als Butler den Kopf schüttelte. Dann fragte er: »Hat Townsend gesagt, wohin er von der Baustelle aus wollte?«
Diesmal war die Erwiderung wortreicher und hitziger – Tyler konnte von seinem Platz aus den Zorn in der Stimme des Bauleiters hören.
Butler drückte das Handy wieder an sein Jackett. »Er ist immer noch aufgebracht wegen dem Streit, den er mit Townsend hatte. Da hat anscheinend keiner ein gutes Haar am anderen gelassen. Ablett behauptet, Townsend wäre ungefähr so vertrauenswürdig wie eine Klapperschlange. Man kann ihm angeblich kein Wort glauben. Zu der Frage, wohin er von der Baustelle aus wollte... nach Southampton sicher nicht, sagt Ablett. Townsend lachte nämlich nur, als er hörte, dass in der Zentrale die Gläubiger auf ihn warteten, um ihm den Kragen umzudrehen. Er sei doch nicht bescheuert, sagte er. Vor morgen – das heißt, heute – würde er bestimmt nicht nach Southampton fahren. Ablett vermutete, dass er auf die heutige Konferenz anspielte.« Butler tippte sich plötzlich an die Stirn, als wäre ihm unversehens ein Gedanke gekommen.
Er hob das Handy wieder zum Mund. »Wer ist der zuständige Mann? Wer hat die Besprechung vorverlegt, als die Bank abgesprungen ist?« Er machte ein erstauntes Gesicht. »Mr Rogerson? Der Rechtsanwalt?« Er starrte den Inspector an, während er wiederholte, was der andere ihm berichtete. »Das Firmenbüro wurde auf seine Veranlassung hin geschlossen... das Personal mit der Aussicht auf eine mögliche Sanierungsaktion am heutigen Tag vertröstet.« Eine längere Pause, bevor Butler das Handy wieder abschirmte.
»Rogerson ist Miteigentümer der Firma. Mit
seinem
Geld hat Townsend vor zehn Jahren angefangen. Das Unternehmen hätte eigentlich schon vor zwei Wochen Konkurs anmelden müssen, aber er hat alle seine Beziehungen spielen lassen, um es irgendwie hinauszuzögern. Jetzt haben die Angestellten Angst, dass er wegen Amys Verschwinden die Angelegenheit aus den Augen verloren hat – und er ist der Einzige, der ihre Arbeitsplätze retten kann...«
26
Im Haus Bassett Road 6
Dieser Kerl ist doch nicht tot zu kriegen, dachte Sophie, während sie Franek zusah, wie er sich mühsam hoch rappelte und aufsetzte. Er war mit diversen Strumpfhosen aus Clara Frenshams Bestand an Händen und Füßen gefesselt, dennoch verfügte er noch über genügend Muskelkraft und Beweglichkeit, um seinen Oberkörper vom Boden in die Höhe zu ziehen. Als Clara ihnen geöffnet hatte, war er mit schweißnassem Gesicht und krampfhaft nach Luft schnappend ins Haus getorkelt, so dass die Frau automatisch zugriff, um ihn zu stützen. Die Worte ‘der arme Mensch’ lagen ihr auf den Lippen, als Sophie sie unsanft wegstieß.
»Lassen Sie ihn«, sagte sie drohend.
»Aber es geht ihm doch so schlecht«, jammerte Clara. »Er muss ersticken, wenn er keine Luft –«
»Tun Sie, was ich sage, Clara«, zischte Sophie sie an, die immer noch blutenden Lippen aufeinander gepresst. »Wenn er stirbt, dann stirbt er eben. Nur – gehen – Sie – nicht – in – seine – Nähe!«
Jimmy hatte ihn, bevor er gegangen war, noch mit einem Kniestoß in den Unterleib kampfunfähig gemacht, damit Sophie ihn in Ruhe fesseln konnte. »Nehmen Sie irgendwas aus Nylon«, hatte er ihr geraten. »Da ziehen sich die Knoten fester, je mehr er um sich schlägt.«
Sophie bemühte sich nach besten Kräften, Nicholas zu Bewusstsein zu bringen, aber es war, als wollte man Tote wecken. Sie wünschte, Bob wäre da. Er hätte gewusst, welches Knöpfchen man jetzt drücken musste, um diesem Mann ein Gefühl der Sicherheit zu geben, das es ihm gestatten würde, die Augen zu öffnen. Nur das kann es sein,
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