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Der Nachbar

Titel: Der Nachbar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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Taschentuch herauskramte, um sich den Schweiß von der Stirn zu wischen. »Alle meine tollen Konstruktionen sind auf reinem Sand gebaut. Er hat bisher nicht ein Wort gesagt, das nicht mit dem übereinstimmt, was alle anderen gesagt haben. Also, was hat dieser Steve Ablett Ihnen erzählt? Wieso macht es Townsend zum Lügner?«
    Butler wirkte jetzt nicht mehr ganz so sicher. »Es war nichts Größeres«, bekannte er, »und einige der Ungereimtheiten hat er eben aufgeklärt.«
    Tyler schob das Taschentuch mit einem Seufzer wieder ein. »Na schön, dann lassen Sie mal hören.«
    Der Sergeant las aus seinem Block vor. »Also – zu den Überwachungskameras auf der Baustelle: Die Bänder werden von der Firma geliefert, die die Kameras installiert hat. Dann zu Townsends Firma: restlos pleite. Vor zwei Wochen wurde fast die gesamte Belegschaft entlassen. Steve Ablett und drei weitere Männer bringen zur Zeit die fünf oder sechs Häuser, die schon verkauft sind, auf Vordermann, damit die Baubehörde sie abnimmt. Die übrigen Häuser, die bis jetzt nur im Rohbau stehen, und das gesamte Areal, werden wahrscheinlich versteigert. Er meint, dass es darum bei dieser Konferenz geht. Ihm hatte man im Büro allerdings gesagt, dass die Besprechung nächsten Samstag stattfinden würde.« Er wies mit dem Kopf zum Konferenzraum.
    »Weiter zu Townsends gestrigem Besuch auf der Baustelle. Er war unangemeldet. Ablett glaubte, Townsend wäre bis Ende nächster Woche auf Mallorca.« Butler blätterte um. »Aber er kreuzte völlig unerwartet um halb zwei auf der Baustelle auf. Ablett war selbst gerade erst vom Hauptbüro der Firma in Southampton zurückgekommen, wo man ihm gesagt hatte, dass keine Löhne mehr bezahlt würden und das Büro von Mittag an geschlossen werde. Er sagte seinen drei Leuten, sie könnten Schluss machen, und ging ins Bauleitungsbüro, um seine persönlichen Sachen zu holen.
    Fünf Minuten später kam Townsend und fing sofort Streit an. Er schimpfte Ablett einen Dieb und behauptete, er wäre schuld dran, dass das Projekt den Bach runtergegangen sei. Ablett wollte nicht handgreiflich werden, drum rannte er raus. In Wirklichkeit ist die Firma erledigt, weil die Bank nicht mehr mitmacht und die Lieferanten keinen Kredit mehr geben wollen.« Butler blickte auf. »Ablett war so in Rage, dass ich dachte, Sie würden ihn da drinnen brüllen hören, Chef. Er behauptet, nur Townsend wäre schuld dran, dass die Bank einen Rückzieher machte; er hätte einen viel zu hohen Preis für das Land bezahlt; aber jetzt will er die Arbeiter zu den Sündenböcken machen.«
    Tyler zog wieder sein Taschentuch heraus und wischte von neuem sein Gesicht. »Das entspricht alles so ziemlich dem, was Townsend selbst mir gesagt hat – bis auf die Bankgeschichten. Es beweist im Grund nur, dass er ein schlechter Geschäftsmann ist.«
    Butler senkte den Blick wieder auf seinen Block »Ablett behauptet, Townsend hätte überhaupt keinen Grund für seine Beschuldigungen. Bei Baubeginn hat es zwar einige kleinere Diebstähle gegeben, aber die hat Ablett mit Hilfe der Überwachungskameras aufgeklärt. Zwei Arbeiter wurden entlassen, und seitdem hat es keine Probleme mehr gegeben. Ablett ist der Meinung, dass Townsend nur einen Streit vom Zaun brechen wollte – ganz gleich, mit wem –, weil er eine Stinkwut hat, dass er die Firma verliert. Ablett war das leichteste Opfer; drüben im Büro in Southampton warteten nämlich schon den ganzen Morgen die Gläubiger und drohten Townsend fertig zu machen, wenn er ihnen unter die Finger kommen sollte.«
    »Hm.« Mit nachdenklich gerunzelter Stirn blickte Tyler den Korridor entlang. »Weiß er, warum Townsend nach Mallorca geflogen ist? Das ist die Frage, die mir zu schaffen macht, Gary. Warum ist er überhaupt verreist? Warum hat er sich nicht wenigstens vor der Abreise vergewissert, dass die halbe Million auf der Bank eingetroffen war?«
    »Ich hab nicht danach gefragt, aber Ablett hat mit Gegenbeschuldigungen nicht hinterm Berg gehalten.« Er schob seinen Zeigefinger auf der Blockseite ein Stück abwärts. »Townsend dreht alle möglichen krummen Dinger, um Mehrwertsteuer und Einkommensteuer zu sparen. Außerdem zahlt er schlecht und ist deshalb bei der Auswahl seiner Angestellten nicht gerade wählerisch. Eine ganze Reihe von ihnen haben schon mehr als einmal gesessen, und jetzt haben sie's alle auf ihn abgesehen, weil sie Angst haben, dass die Firma Pleite macht und sie ihr Geld nicht kriegen.« Wieder sah er

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