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Der Nachtelf (German Edition)

Der Nachtelf (German Edition)

Titel: Der Nachtelf (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Tillmanns
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wäre, so kraftvolle Magie zu wirken, wie Ihr sie vor einigen Stunden selbst gesehen habt.« Wer außer Euch dazu fähig wäre, fügte sie in Gedanken hinzu.
    »Solchen Zauber darf es nicht, darf es nicht ...«
    »Ja, das sagtet Ihr heute Morgen schon. Aber ich möchte Euch bitten, dennoch darüber nachzudenken. Zauberei ist immer noch Menschenwerk. Wer sind – abgesehen von den beiden Staatsschamanen – die mächtigsten Zauberkundigen, die ihr kennt?«
    Die Drude griff mit zwei Fingern zu, die wie altes Holz in die Schüssel staken. Sie zog einen kleinen Fetzen blutiger Eingeweide heraus und schob ihn sich in den Mund, die Augen geschlossen. Ihre Zahnstummel mahlten genießerisch darauf herum, ohne dass ihr sonst eine Regung zu entnehmen war. Endlich antworte sie: »Mein Amtsbruder, der Oberste Hexenmeister des Sagard, ist mächtig wie kein Beherrscher der Dunklen Kunst sonst. Aber er ist nicht der einzige.«
    »Was meint Ihr damit?«
    »Er ist nicht der einzige, Kind. Es sind immer vier, das ist die Vollkommenheit. Darum war für die Fünften kein Platz, gehen mussten sie alle.«
    »Ihr spielt auf den Exodus der Eremiten an?«
    Waltumpe hielt ihr die Schale mit dem blutigen Inhalt hin. Dadalore lehnte etwas zu hastig ab.
    »Fort sind sie, ja. Aber nicht gänzlich, nein.«
    Dadalore verspürte das Bedürfnis, die Alte zu schütteln, bis alle inneren Teile wieder an der richtigen Stelle saßen. Vermutlich war das hier reine Zeitverschwendung.
    »Manches ist auch zurück geblieben.«
    »Ihr spielt auf die Sage vom letzten Eremiten an?«
    Waltumpe schüttelte den Kopf, während sie vor sich hin murmelte: »Keine Sage, oh nein ...«
    »Verzeihung, Mutter Waltumpe, ich komme, weil ich Euren Fluch erbitten wollte.« Im Eingang stand ein junger Mann mit wässrigen Augen, der Dadalores Uniform ansah. »Es geht um eine ... sehr private Angelegenheit.«
    »Ist schon gut«, sagte Dadalore. Sie nutzte die Gelegenheit, um einige Schritte Abstand zu gewinnen. »Wir waren ohnehin gerade fertig.« Sie war froh, dem entsetzlichen Qualm endlich zu entkommen, selbst wenn das hieße, sich mit einem Meister der Dunklen Kunst abgeben zu müssen.
     
     
    Die Königliche Capitalstrafkammer
     
     
    In der Königlichen Capitalstrafkammer hielt man sich für gewöhnlich nicht freiwillig auf. Wer hier hinein wollte, schaffte dies auf dem schnellsten Wege über ein schwerwiegendes Verbrechen. Um sicherzugehen, dass das Verbrechen tatsächlich schwerwiegend war, empfahl es sich, ordentlich Blut zu vergießen oder den einen oder anderen Hochverrat zu begehen.
    Der Umgang mit Rauschmitteln oder Huren war ebenfalls empfehlenswert, führte aber nicht in den Kerker.
    Auch auf der anderen Seite der Zellentüren fanden sich keine Freiwilligen. Wer hier Dienst tat, der war in die Capitalstrafkammer versetzt worden in Anerkennung seiner besonderen Form der Pflichterfüllung. Der Umgang mit Rauschmitteln und Huren war in diesem Fall schon eher hilfreich. Solche Interessen führten aber erst dann zur Versetzung, wenn man seinem Vorgesetzen glaubhaft versichern konnte, sie wichtiger zu nehmen als den Dienst.
    Als Dadalore mit Bamulaus das Gefängnis erreichte, stand das Portal weit offen. »Der Abgrund sei verflucht! Was in aller Welt riecht denn hier wieder so entsetzlich?«
    Sie erreichten die Torwache, die sie mit einem Blick auf ihre Uniformen passieren ließ. Die Capitalstrafkammer war ein riesiger Lehmbau, der sich weit durch das Beamtenviertel Barakia erstreckte fast bis zum Rand der Stadt. Die beiden aber waren durch das Westportal eingetreten, das der Capitalobservationskammer am nächsten gelegen war.
    Drinnen empfingen sie Kühle und Dunkelheit. Es dauerte einen Moment, bis sich Dadalores Augen soweit an die Finsternis gewöhnt hatten, dass sie die Hängebrücke sehen konnte. Es war ein abenteuerliches Konstrukt, das sich – an immer neuen Stricken befestigt – über der Tiefe erstreckte. Aus dem Dunkel aber drangen blubbernde Geräusche und ein bestialischer Gestank herauf.
    »Was soll das für eine Abscheulichkeit sein? Das riecht, als ob ein riesiger Ruptu hier reingeschissen hätte.«
    »Das kommt der Wahrheit recht nahe, Eure Capitalobservatorin.«
    Dadalore kämpfte gegen die Übelkeit.
    »Irgendwo dort unten wälzen sich die Abwässer halb Kamboburgs dahin. Dies wurde in alten Tagen als Teil der Strafe der Eingesperrten ersonnen.«
    »Das ist ja unmenschlich«, keuchte Dadalore.
    »Nun, ursprünglich wurden Schwerverbrecher in einem

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