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Der Nachtelf (German Edition)

Der Nachtelf (German Edition)

Titel: Der Nachtelf (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Tillmanns
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ihnen Lichtschächte auf, die blitzlichtartig die Umgebung erkennen ließen: moosüberwucherte Steine und Spinnennetze.
    »Da ist er«, zischte Valenuru, als die blaue Gestalt kurz in einem Lichtkegel auftauchte. »Wir holen auf!«
    Plötzlich stoppte er und Dadalore prallte auf ihn. Sie strauchelten beide. Valenuru war es, der zuerst das Gleichgewicht wiederfand und sie festhielt. »Was soll das?«, schrie sie. »Wir hatten ihn fast!«
    Er deutete auf den Boden. Tatsächlich war im Dunkeln ein trüber Strom aus Schlamm auszumachen, der hier zäh dahinfloss.
    »Wer weiß, wie tief das ist? Wir müssen springen!«
    Und wer weiß, wie breit das ist, wollte Dadalore rufen, doch da sprang er bereits. Dem Geräusch nach landete er auf trockenem Untergrund. Dadalore fluchte und sprang hinterher.
    Ihre Füße platschten in den stinkenden Morast und sofort sackte sie weg. Doch packten zwei bleiche Hände sie unter den Achseln und zogen sie ans Ufer.
    »Hab Euch!«
    Dadalore schüttelte Valenuru ab und nahm die Verfolgung wieder auf. »Den kriegen wir noch!«
    Sie raste durch den steil nach unten führenden Tunnel. Der Abstand hatte sich vergrößert. Aber wenn sie richtig lag, war der Flüchtling kein guter Läufer. Wenn sie ihn nur irgendwie sehen könnte. Hinter ihr Valenurus Atem. Das Prasseln seiner Stiefel. Durchhalten, Mädchen, durchhalten!
    Plötzlich war der Boden fort.
    Dadalore ruderte hilflos mit den Armen, bekam ein Stück glitschiger Mauer zu fassen und rutschte daran ab. Sie klatschte in knietiefes Wasser.
    »Alles in Ordnung?«, keuchte Valenuru.
    »Ja«, sagte sie, noch so schockiert, dass sie selbst nicht wusste, ob ihr wirklich nichts geschehen war. »Der Boden hier ist stark abschüssig. Nein, wartet, das sind Stufen.« Sie tastete sich mit den Stiefeln unter Wasser vorwärts. »Nein, keine Stufen. Eher herabgefallene Mauersteine oder so etwas. Und der Boden ist doch abschüssig.«
    »Sagard sei verflucht«, zischte Valenuru. »Es ist zwecklos. Wer immer das war, er scheint sich hier unten auszukennen. Wir dagegen können uns hier nur schrittweise vortasten. Auf die Art holen wir ihn nie ein.«
    »Ihr glaubt also auch, dass es ein Mann war?«, fragte Dadalore.
    Valenuru antwortete nicht.
    Sie konnte ihn im Dunkeln nicht sehen.
    »Valenuru?«
    »Still!«
    Dadalore zuckte zusammen. Es roch modrig.
    »Hört Ihr das auch?«
    Dadalore horchte angespannt. Ja, das war wirklich ein Geräusch. Eine Art Rauschen. »Was ist das?«, flüsterte sie.
    »Ich weiß nicht«, kam es aus der Finsternis zurück. Dann war ein leises Lachen zu hören.
    »Valenuru?«
    »Wenn mich mein Zeitgefühl nicht täuscht, ist es jetzt zwölf Uhr. Das ist der Mittagsregen.«
    »Ihr könntet recht haben.« Dadalore stierte ins Nichts. »Seltsam, dass man ihn bis hier unten hört. Ich hätte gedacht, wir wären tiefer unter der Stadt.«
    »Sind wir auch«, gab die körperlose Stimme zurück. »Raus hier!«
    Jemand griff ihren Arm und zwang ihn mit sich. »Au! Was soll denn ...« Weiter kam sie nicht. Das Rauschen war lauter geworden. Es schwoll geradezu sekündlich an. Der unbarmherzige Griff trieb sie zurück, den Tunnel hinauf. Weiter und weiter. Eine Wand aus Wasser donnerte in den Gang unter ihnen.
    »Wir müssen noch höher«, schrie Dadalore. »Es steigt noch weiter an!«
    »Ja«, rief Valenuru, um das Brausen zu übertönen. »Aber wir gehen nicht allein.«
    Sie spürte einen Luftzug. Da war noch eine dritte Stimme. Sie hustete und spuckte Wasser.
    »Treibgut!«, triumphierte Valenuru.
    Dadalore tastete nach dem Flüchtling. Sie war fest entschlossen, ihn nicht mehr loszulassen. »Zurück zu einem der Lichtschächte!«, bestimmte sie.
    Sie gingen die Strecke aufwärts, die sie zuvor hinab gelaufen waren. Der Gefangene wehrte sich nicht. Seinem hechelndem Atem nach wäre er auch ohnehin nicht mehr weit gekommen.
    Als sie wieder den unterirdischen Fluss erreichten, erwartete sie eine böse Überraschung: Der Wasserspiegel war inzwischen bedrohlich angestiegen. Die infernalisch stinkende Brühe trat bereits über die Ufer und schwoll noch immer weiter an. Dadalore und Valenuru berieten sich, was zu tun sei. Da meldete sich der Verschleierte zu Wort und empfahl ihnen, einen Stück dem Wasserlauf nach rechts zu folgen. Dort sei eine Steinbrücke, die vermutlich noch nicht überspült sei.
    Dadalore stutzte. Diese Stimme! Sie kam ihr bekannt vor ...
    Die beiden Capitalobservatoren folgten dem Rat und tasteten sich durch das Dunkel. Ihre

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