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Der Nachtzirkus

Der Nachtzirkus

Titel: Der Nachtzirkus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erin Morgenstern
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»Du kannst dich von ihm fernhalten, und du kannst dich von mir fernhalten.«
    »Was hast du damit vor?«, fragt er und deutet auf das Buch unter ihrem Arm.
    »Nichts, womit du dich befassen müsstest.«
    »Du darfst dich nicht in seine Arbeit mischen.«
    »Ich weiß, Einmischung gehört zu den wenigen Dingen, die offenbar gegen die Regeln verstoßen. Ich habe nicht vor, mich einzumischen, ich will nur seine Methoden verstehen, damit ich im Zirkus endlich auch mal was aus der Hand geben kann.«
    »Seine Methoden. Alexanders Methoden sind nichts, womit du dich abgeben solltest. Du hast ja keine Ahnung, was du da tust. Ich habe deine Fähigkeiten überschätzt.«
    »Das ist die Prüfung, oder?«, fragt Celia. »Es geht darum, wie wir mit den Auswirkungen der Magie umgehen, wenn sie an einem öffentlichen Schauplatz ausgetragen wird, in einer Welt, die nicht an solche Dinge glaubt. Es ist ein Test für Durchhaltevermögen und Kontrolle, nicht für Talent.«
    »Es ist ein Stärketest«, sagt Hector. »Und du bist schwach. Schwächer, als ich dachte.«
    »Dann lass mich in Ruhe«, sagt Celia. »Ich bin erschöpft, Papa. Ich kann das nicht mehr länger durchhalten. Glaub nicht, dass du über einer Flasche Whiskey große Töne spucken kannst, wenn der Sieger ernannt ist.«
    »Es wird kein Sieger ernannt «, sagt ihr Vater. »Das Spiel wird zu Ende gespielt und nicht abgebrochen. So viel solltest du inzwischen begriffen haben. Früher warst du etwas klüger.«
    Celia schaut ihn böse an, denkt aber gleichzeitig über seine Worte nach und lässt sich die unklaren Antworten in Bezug auf die Regeln, die sie im Laufe der Jahre von ihm bekommen hat, durch den Kopf gehen. Und mit einem Mal nehmen die Punkte, denen er stets ausgewichen ist, schärfer umrissene Formen an, wird der zugrundeliegende unbekannte Faktor klarer.
    »Der Sieger ist derjenige, der noch steht, wenn der andere nicht mehr kann«, sagt Celia, für die das Ausmaß des Wettstreits endlich einen niederschmetternden Sinn ergibt.
    »Das ist eine krasse Verallgemeinerung, aber sie erfüllt wohl ihren Zweck.«
    Celia dreht sich zu Marcos Wohnung um und presst die Hand an die Tür.
    »Jetzt hör endlich auf, so zu tun, als würdest du ihn lieben«, sagt Hector. »Über solche Banalitäten bist du doch erhaben.«
    »Du bist bereit, mich dafür zu opfern«, sagt sie leise. »Du lässt zu, dass ich mich selbst zerstöre, nur damit du etwas beweisen kannst. Du hast mich zu diesem Spiel verpflichtet und den Einsatz gekannt, und du hast mich glauben lassen, alles sei nur eine schlichte Herausforderung an mein Talent.«
    »Schau mich nicht so an, als wäre ich ein Unmensch.«
    »Ich durchschaue dich«, faucht Celia. »Das erfordert nicht gerade viel Phantasie.«
    »Es wäre nicht anders, wenn ich noch so wäre wie früher.«
    »Und was wird aus dem Zirkus, wenn das Spiel zu Ende ist?«, fragt Celia.
    »Der Zirkus ist nur der Schauplatz«, sagt er. »Ein Stadion. Eine sehr festliche Arena. Wenn du gewinnst, könntest du ihn weiter nutzen, allerdings dient er ohne Spiel keinem Zweck.«
    »Und die anderen Beteiligten dienen wohl auch keinem Zweck?«, fragt Celia. »Ihr Schicksal ist lediglich eine unabwendbare Folge?«
    »Jede Handlung hat Auswirkungen«, sagt Hector. »Das gehört zum Spiel.«
    »Warum hast du mir das alles nicht viel früher erzählt, sondern erst jetzt?«
    »Früher hätte ich nicht gedacht, dass du diejenige sein könntest, die verliert.«
    »Du meinst, diejenige, die stirbt.«
    »Ein technisches Detail«, sagt ihr Vater. »Ein Spiel ist zu Ende, wenn nur noch ein Spieler übrig ist. Eine andere Möglichkeit gibt es nicht. Deine törichten Träume, für diesen Niemand , den Alexander in London aus der Gosse geholt hat, weiterhin die Hure zu spielen, wenn das hier vorbei ist, kannst du vergessen.«
    »Und wer bleibt dann übrig?«, fragt Celia, ohne auf seine Bemerkung einzugehen. »Du hast gesagt, die letzte Herausforderung hätte Alexanders Schüler gewonnen. Was ist mit ihm passiert?«
    Ein spöttisches Lachen erschüttert die Dunkelheit, bevor Hector antwortet.
    »Sie verbiegt und verrenkt sich in deinem werten Zirkus.«

SPIEL MIT DEM FEUER

    Die einzige Beleuchtung in diesem Zelt kommt vom Feuer. Die Flammen flackern strahlendweiß, wie beim Feuer auf dem Platz in der Mitte.
    Du gehst an einem Feuerschlucker vorbei, der auf einem gestreiften Podest steht. Er hält kleine Flammen auf langen Stöcken am Brennen, während er sich anschickt, sie in einem

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