Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Name Der Dunkelheit

Titel: Der Name Der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Scholten
Vom Netzwerk:
Doch da hörte sie von oben Musik. Aber der Tanzsaal war dunkel.
    »Hallo?«, rief sie.
    Tanzlehrerin Anna Issaro reckte ihren Kopf aus dem Durchgang zu ihrem Büro. »Ach, Sofi!«
    »Entschuldige die Verspätung.«
    Anna kam auf sie zu. »Die Stunde muss heute leider ausfallen. Ich habe am Nachmittag erfahren, dass eine meiner Schülerinnen gestorben ist.«
    »Wer?«, fragte Sofi. Sie hatte zwar keinen privaten Kontakt zu den anderen aus ihrer Gruppe, sah sie aber immerhin seit zwei Jahren jeden Montag, jeden Donnerstag und jeden Samstag.
    »Ein junges Mädchen aus der Nachmittagsklasse.«
    »Filipa Lindenbaum?«
    »Woher weißt du das?«
    Erst als neben ihr etwas auf dem Boden aufschlug, bemerkte Sofi, dass sie ihre Tasche fallen gelassen hatte. So unwahrscheinlich war es auch wieder nicht. Filipas Zuhause lag schließlich nicht weit von hier, nur ein Stück den Ringvägen hinunter.
    »Ich bin Polizistin.«
    »Du?« Anna Issaro musterte Sofi von oben bis unten.
    Sofi nickte und verzichtete auf die Frage, welchen Beruf ihr Anna zugetraut hatte. Sie fragte lieber, wie Anna überhaupt von Filipa Lindenbaums Tod erfahren hatte.
    Anna winkte Sofi hinter sich her in ihre Kammer, die die Größe einer Aufzugskabine hatte. Hier machte sie es sich zwischen den Lektionen bequem, umgeben von drei Regalen voll
mit Ordnern und unter spanischem Neonlicht. »Eine Polizistin hat mich angerufen, mit einem komischen Namen. Möchtest du einen von diesem hier?«
    Für Sofi war kein Platz in der Kammer. Sie musste sich gegen den Türrahmen lehnen. Die Flüssigkeit in der Flasche sah aus wie Sherry, und Anna Issaro sah aus, als hätte sie schon eine Menge davon getrunken. Anscheinend hatte Snæfríður jeden befragt, mit dem Filipa Umgang gehabt hatte.
    »Alles wollte sie wissen.«
    Sofi bat sie darum, es ihr noch einmal zu erzählen. Die verkehrte Hierarchie zwischen den beiden fühlte sich seltsam an.
    Anna beklagte sich nicht über Filipa. Das konnte daran liegen, dass sie tot war, viel wahrscheinlicher war jedoch, dass Filipa beim Tanzen genug Ehrgeiz gezeigt hatte. Auch an Talent hatte es ihr anscheinend nicht gemangelt. Darüber äußerte sich Anna zwar nie direkt, aber sie erzählte von einem Streit, der sich vor nicht langer Zeit ereignet hatte.
    »Ich fragte: ›¿Was bringst du diesen ordinären Typen hierher? ¡Er stört meine Sinne!‹« Anna schlug mit der flachen Hand auf die Tischplatte. In anderen Momenten konnte sie mit den Fingerknochen verworrene Rhythmen auf jeder harten Oberfläche klopfen, die gerade in der Nähe war.
    »War das ihr Freund? Hampus?«
    »¿Hat mich sein Name interessiert? ¡Nein!«
    Als Tanzlehrerin hatte sie selbstverständlich ein Vetorecht bei der Auswahl der Partner ihrer Schülerinnen. Einige Fragen später erfuhr Sofi, dass Hampus zweimal während der Tanzstunde hier aufgekreuzt war und Filipa damit jede Konzentration geraubt hatte. Verglich man die Zeitangaben mit der Aussage von Nellie, dann hatte sich Filipa beim zweiten Besuch bereits von ihm getrennt.
    Bei seinem ersten Besuch war es zu einer Begegnung mit
Filipas Vater gekommen. Der hatte sie nämlich hin und wieder von der Tanzstunde abgeholt und im Treppenhaus gewartet.
    »Da ist er gleich abgerauscht.« Anna lachte.
    »Die Eltern mochten ihn nicht. Das wusste er wohl.«
    Anna seufzte und stöpselte den Korken in die Flasche. Das war für Sofi das Zeichen zum Aufbruch.
    Draußen im Freien zögerte sie. Eigentlich hatte sie bis Mitternacht frei, aber an Ruhe war nicht mehr zu denken. Sie musste zur Arbeit zurück, um das Gefühl abzuschütteln, die ganze Welt zu verpassen.

62
    Barbro hatte sich für die sanfte Tour entschieden, gleich nachdem sie den Raum betreten und Hampus erblickt hatte. An Filipas Seite hätte man ihm den Altersunterschied von vier Jahren nicht angesehen. Barbro hatte einen Rowdy erwartet und wurde davon überrascht, wie brav er aussah. Solange man ihm nicht in die Augen blickte.
    Mit am Tisch saßen die beiden Polizisten von der Maria-Wache. Die Wirkung ihrer Uniformen auf den Jungen kam Barbro gerade recht.
    »Du möchtest uns also weismachen, dass du Filipa aus ganzem Herzen geliebt hast«, fasste sie das bisher Gesagte zusammen und bekam von Hampus ein Schulterzucken. »Wenn ich eure Liebe einmal dekonstruieren darf: Sie ist vierzehn, deshalb ist ihre Liebe zu dir am Anfang so hundertprozentig wie die deine. Aber mit vierzehn ändert sich das bald.«
    »Woher willst du das wissen?«
    »Ich war auch mal ein

Weitere Kostenlose Bücher