Der Name der Finsternis: Roman (German Edition)
von polaren Kräften bestimmten phänomenalen Welt zu hinterfragen, einer Welt ständigen
Wandels, ständigen Werden und Vergehens von Erscheinungen. Weise in Ost und West, die zu allen Zeiten dieser Frage auf den Grund gegangen sind, billigen
der Welt der Dualität und unserem, die Welt wahrnehmenden persönlichen Ich, mit dem wir uns so stark identifizieren, nur den Status einer relativen,
illusionären Wirklichkeit zu, ähnlich der Realität eines Traumbildes, das wir Nachts als Wirklichkeit erleben, das nach dem Erwachen aber nicht mehr
existiert und auch Nachts nur als flüchtiges Phantom vorhanden war. Die allem zugrunde liegende absolute Realität hingegen ist frei von Phänomenen,
Erscheinungen und Dualität, frei von allen Attributen, mit denen man gemeinhin Sein oder Nichtsein belegt. Es ist nicht von Belang, wie wir in der
Terminologie der verschiedenen Kulturen diese Realität des Urgrundes benennen, ob als Gott, als Selbst, als Leerheit, als Tao, als Atman/Brahman, als das
Eine ohne ein Zweites, als selbst entstandene Bewusstheit, als Bewusstsein ohne Objekt. Bezeichnungen sind zweitrangig und vermögen nie die eigentliche
Bedeutung zu treffen. Die Verwirklichung dieses Urgrundes ist Ziel jeden authentischen spirituellen Bestrebens. Im Licht dieser Bewusstheit erscheint der
Widerstreit zwischen den dualen Kräften in der Tat bloß wie ein verfliegender Traum, der diese absolute Realität nicht zu berühren vermag. In diesem
Blickpunkt liegt die Möglichkeit, den ewigen Kampf des Dualen zu transzendieren. Das Wort Blickpunkt ist allerdings schon wieder irreführend, denn die
Realisierung des Urgrundes hebt das gewohnte Konzept der Getrenntheit von Subjekt-Objekt, von Individualität und Universalität auf. Und doch ist der
korrekte Blick, die richtige Ansicht von den Dingen Ausgangspunkt und Basis spiritueller Realisation.
In unserem angenommenen Ichbewusstsein leben wir inmitten dieser relativen Welt der Erscheinungen und sind gezwungen, uns mit der Reibung der dualen Kräfte
auseinanderzusetzen. Die neutrale, losgelöste und klar unterscheidende Bewusstseinshaltung vermag uns hierbei wertvolle Dienste zu leisten. Sie ist Basis
einer Erkenntnis, die letztendlich unsere dualen Konzepte von Ich und Welt transzendiert und in die Verwirklichung des Urgrundes führt. In Bezug auf die
lichten und dunklen Erscheinungsformen der Dualität bedeutet das, uns auf neutrale Weise der eigenen Verknüpfungen mit diesen Elementen gewahr zu werden,
um die daraus entstandenen karmischen Knoten zu lösen. Karma ist ein Phänomen der relativen Welten, das im Wesen des Urgrundes keine Bedeutung mehr
besitzt. Und doch ist Karma die wesentliche Kraft, die unser Bewusstsein an die illusionäre Welt der Zweiheit bindet und einen Schleier der Selbsttäuschung
über uns breitet. Zugleich ist Karma ein Werkzeug, das zu Einsicht und Erkenntnis führen kann. Das Erkennen und Bewältigen karmischer Verstrickungen kann
nur in einem Bewusstsein losgelöster Neutralität geschehen, das sich jeder Bewertung und Parteilichkeit enthält, was allerdings nicht bedeutet, ohne
Unterscheidungsvermögen in einem fatalistischen Zustand des Nicht-Tuns zu verharren. Der taoistische Begriff des Wu Wei – zu tun ohne zu tun – bezeichnet
diese losgelöste Neutralität treffender. Unsere karmischen Muster, die uns durch unzählige Leben leiten und die in ihrer Summe unser jetziges Leben
bedingen, weisen uns in der Welt der Gegensätze gewisse Rollen zu, die auf rechte Art zu erfüllen uns befreien kann von Bindungen und Abhängigkeiten, in
die wir uns selbst hineinmanövrierten. Wir stoßen immer wieder an Kreuzwege in unserem Leben, an denen wir uns durch eigene Anstrengung befreien können aus
karmischen Geflechten oder aber an denen wir uns durch verblendete Sicht der Dinge und sich daraus ergebende unheilvolle Handlungen noch tiefer in sie
verstricken. Es stehen uns immer beide Möglichkeiten offen. Eine Organisation wie die Liga, die auf besondere Weise von der dunklen Seite der Dualität
berührt ist, wirkt als solcher karmischer Katalysator für viele Menschen und bietet eben diese beiden Möglichkeiten – Befreiung oder tiefere Bindung. So
gesehen sind karmische Brennpunkte wie die Liga von essenzieller Wichtigkeit für die individuelle Entwicklung vieler Menschen.
Bitte verzeihen Sie mir, dass ich ins ausufernde Philosophieren geraten bin und Ihnen die wenigen Dinge, die ich zu wissen glaube, auf eine Weise
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