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Der Name der Rose

Der Name der Rose

Titel: Der Name der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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einzige, der die Regeln der Sprache kennt, denn 332
    Nachschrift zum »Namen der Rose«
    unbewußt kennt sie auch das Kind. Der Grammatiker ist nur der einzige, der weiß, wie und warum das Kind mit der Sprache umgehen kann.
    Erzählen, wie man geschrieben hat, heißt nicht behaupten, man habe »gut« geschrieben. »Eines ist die Wirkung des Werkes«, sagte Poe, »ein anderes die Erkenntnis des Verfahrens.« Wenn Kandinsky oder Klee uns erzählen, wie sie malen, so sagen sie uns damit nicht, ob einer der beiden besser ist als der andere. Wenn Michelangelo sagt, skulpieren heiße, die dem Stein bereits »einbeschriebene« Figur von ihrem »Überschuß«
    zu befreien, so sagt er damit nicht, ob die vatikanische Pietà besser ist als die Pietà Rondanini. Manche der klarsten Seiten über künstlerische Prozesse stammen gerade von kleineren Künstlern, die nur bescheidene Werke hervorgebracht haben, aber sehr gut über ihre Verfahrensweisen zu reflektieren vermochten: Vasari, Horatio Greenough, Aaron Copland . . .
    Natürlich, das Mittelalter
    Ich habe einen Roman geschrieben, weil ich Lust dazu hatte. Ich halte das für einen hinreichenden Grund, sich ans Erzählen zu machen. Der Mensch ist von Natur aus ein animal fabulator. Begonnen habe ich im März 1978, getrieben von einer vagen Idee: Ich hatte den Drang, einen Mönch zu vergiften. Ich glaube, Romane entstehen aus solchen Ideen-Keimen, der Rest ist Fruchtfleisch, das man nach und nach ansetzt. Es muß eine alte Idee gewesen sein: Ich fand später ein Notizheft aus dem Jahr 1975, in welchem ich mir eine Liste von Mönchen eines unbestimmten Klosters angelegt hatte. Nichts weiter. Als erstes machte ich mich daran, den Traité des poisons von Orfila zu studieren – den ich zwanzig Jahre zuvor bei einem Bouquinisten am Seineufer erstanden hatte, aus reiner Treue zu Huysmans ( Là-bas ). Da keins der behandelten Gifte mich befriedigte, bat ich einen befreundeten Biologen, mir ein Pharmakon mit bestimmten Eigenschaften (Absorbierbarkeit über die Haut bei Berührung von zweckmäßig präparierten Gegenständen) zu empfehlen.
    Seinen Antwortbrief, in dem er mir schrieb, er kenne leider kein Gift, das meinen Wünschen entspreche, habe ich unverzüglich vernichtet: Schriftstücke solcher Art bringen ihren Besitzer, liest man sie in einem anderen Kontext, leicht an den Galgen.
    Ursprünglich sollten meine Mönche in einem zeitgenössischen Kloster leben (ich dachte an einen Mönchs-Detektiv, der Il Manifestpo 7 las). Aber da Klöster oder Abteien noch immer von allerlei mittelalterlichen Erinnerungen zehren, stöberte ich in meinen Archiven aus mediävistischen Studientagen (1956 ein Buch über die mittelalterliche Ästhetik, 1959 weitere hundert Seiten zum Thema, ein paar Aufsätze hier und da, 1962 erneute Rückkehr zur mittelalterlichen Tradition für meine Arbeiten über Joyce, 1972 dann eine längere Studie über die Apokalypse und über die Miniaturen des Kommentars von Beatus Liébanensis
    – ich war also nie ganz aus der Übung gekommen). Mir fiel ein breitgefächertes Material in die Hände: Textauszüge, Fotokopien, Notizen, die sich seit 1952 angesammelt hatten, um anderen gänzlich vagen Zwecken zu dienen – einer Geschichte der Monster, einer Studie über die mittelalterlichen Enzyklopädien, einer Theorie der Aufzählung . . . Nach einer Weile sagte ich mir, wenn das Mittelalter ohnehin mein tägliches Imaginarium ist, könnte ich ebensogut auch einen Roman schreiben, der unmittelbar in jener Epoche spielt. Denn wie ich einmal in einem Interview sagte, die Gegenwart kenne ich nur aus dem Fernsehen, über das Mittelalter habe ich Kenntnis aus erster Hand. Bei einem Familienausflug, als wir einmal ein Feuer im Freien machten, warf meine Frau mir vor, ich hätte gar keinen Blick für die Funken, die zwischen den Bäumen aufflogen und als Leuchtstreifen durch die Abendluft segelten. Als sie dann das Kapitel über den Brand der Abtei las, rief sie erstaunt: »Also hast du doch die Funken gesehen!« Worauf ich erwiderte: »Nein, aber ich wußte, wie ein mittelalterlicher Mönch sie gesehen hätte.«
    Vor zehn Jahren, in einem Brief an den Verleger Franco Maria Ricci, geschrieben als Nachwort zu meinem Kommentar über den Apokalypsenkommentar des Abtes Beatus von Liebana, gestand ich:
    »Wie man's auch dreht und wendet, ich gelangte zur Forschung, indem ich symbolische Wälder durchstreifte, darinnen es Greife und Einhörner gab, indem ich die spitzzinnigen und

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