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Der Name der Rose

Der Name der Rose

Titel: Der Name der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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blutigen Körper heraus, nicht ohne sich selber dabei aufs heftigste zu besudeln. Das Schweineblut war in der Tat nicht geronnen, da man es, wie mir am Vortag erklärt worden war, gleich nach der Schlachtung gründlich gerührt und dann in der Kälte stehengelassen hatte, doch die klebrige Schicht, die den Leichnam bedeckte, seine Kleidung durchtränkte und seine Züge unkenntlich machte, wurde nun zusehends stockig und zäh. Ein Diener eilte mit einem Eimer voll Wasser herbei und goß davon auf das Gesicht des grausigen Toten, ein anderer beugte sich mit einem Tuch darüber und wusch das Blut ab – und so erschienen vor unseren Augen allmählich die bleichen Züge des Mönches Venantius von Salvemec, jenes Kenners der griechischen Welt, den wir am Vortag noch im Skriptorium bei den Büchern des toten Adelmus gesprochen hatten.
    »Adelmus mag Selbstmord begangen haben«, sagte William bedächtig, während er die Züge des Toten musterte. »Aber der hier bestimmt nicht, und es ist wohl auszuschließen, daß er zufällig auf den Rand des Bottichs hinaufgeklettert ist und aus Versehen hineinfiel.«
    Der Abt trat näher und sagte erregt: »Bruder William, Ihr seht, es geht etwas vor in dieser Abtei! Etwas, 68
    Der Name der Rose – Zweiter Tag
    das Eure ganze Klugheit fordert! Ihr müßt rasch handeln, ich bitte Euch dringlichst!«
    »War Venantius heute früh während der Mette im Chor?« fragte William.
    »Nein. Ich hatte sein Fehlen schon bemerkt.«
    »Hat sonst noch jemand gefehlt?«
    »Nicht daß ich wüßte.«
    William zögerte einen Moment, bevor er die nächste Frage stellte, und fragte dann leise, so daß ihn möglichst kein anderer hören konnte: »War Berengar an seinem Platz?«
    Der Abt sah ihn mit einer Mischung aus Unruhe und Bewunderung an, als wollte er seine Überraschung darüber zum Ausdruck bringen, daß William einen Verdacht hegte, der ihm selber gerade gekommen war, freilich aus verständlicheren Gründen. Dann sagte er rasch: »Ja, er war da, in der ersten Reihe, fast direkt neben mir.«
    »Natürlich«, sagte William, »bedeutet das alles gar nichts. Ich glaube nicht, daß jemand über den Hof gegangen ist, um sich dann von hier aus in die Kirche zu begeben. Folglich kann der Leichnam schon seit Stunden im Blut gesteckt haben, möglicherweise schon seit der ersten Stunde nach Komplet, als alle schlafen gingen.«
    »Gewiß, die ersten Knechte stehen auf, wenn es hell zu werden beginnt, und deshalb haben sie ihn auch erst jetzt entdeckt.«
    William beugte sich über den Toten und musterte ihn, als wäre er den Umgang mit Leichen gewohnt. Er tauchte das Tuch ins Wasser und wischte die restlichen Blutspuren vom Gesicht. Inzwischen waren die anderen Mönche alle gekommen, standen erschrocken im Kreis um den Bottich und schwatzten aufgeregt durcheinander, bis der Abt ihnen Ruhe gebot. Severin drängte sich durch die Reihen, der Bruder Botanikus, der sich auch um die Leichen in der Abtei zu kümmern hatte, und beugte sich neben William über den Toten.
    Ich überwand mein Grauen und trat als Dritter hinzu, um meinem Meister zu helfen, falls er ein neues Tuch und mehr\ Wasser brauchte, und um zu hören, was die beiden miteinander redeten.
    »Hast du schon mal einen Ertrunkenen gesehen?« fragte William.
    »Schon viele«, sagte Severin. »Und wenn ich deine Frage richtig verstehe: Sie sehen anders aus, ihre Züge sind aufgedunsen.«
    »Dann war dieser Mann schon tot, als ihn jemand in den Bottich geworfen hat.«
    »Warum sollte das jemand getan haben?«
    »Warum sollte ihn jemand getötet haben? Wir stehen vor dem Werk eines kranken Hirns. Aber laß uns erst nachsehen, ob sich Verletzungen oder Prellungen oder dergleichen am Körper finden. Am besten, du läßt ihn jetzt gleich ins Badehaus bringen, entkleiden und waschen, und dann untersuchen wir ihn gründlich. Fang schon mal an, ich komme gleich nach.«
    Während Severin den Vorschlag befolgte und den Toten mit Erlaubnis des Abtes ins Badehaus bringen ließ, bat William den Abt, er möge nun alle Mönche zurück in die Kirche schicken, und zwar auf demselben Weg, den sie gekommen waren, desgleichen die Knechte und Diener, so daß niemand mehr auf dem Platz zurückbleibe. Der Abt befolgte den Wunsch, ohne sich nach dem Grund zu erkundigen, und so blieben William und ich allein bei dem Bottich. Viel Blut war herausgeschwappt während der makabren Operation der Leichenbergung, so daß der Schnee ringsum rot war. An mehreren Stellen war er auch aufgelöst

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