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Der Name Des Windes

Der Name Des Windes

Titel: Der Name Des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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Handbewegung das Wort ab. »Nun denn«, begann der Rektor. »Ich glaube –«
    »Ich möchte auch noch ein paar Fragen stellen«, sagte der Mann rechts neben dem Rektor. Er sprach mit einem Akzent, den ich nicht recht einordnen konnte. Vielleicht verwirrte mich auch, wie seine Stimme auf die anderen wirkte: Wenn er sprach, regten sich alle am Tisch ein wenig und wurden dann wieder still, wie Laub, in das der Wind hineinfuhr.
    »Meister Elodin«, sagte der Rektor mit ebensoviel Hochachtung wie Beklommenheit.
    Elodin war mindestens ein Dutzend Jahre jünger als die anderen. Er war glatt rasiert und hatte tief liegende Augen. Mittelgroß und von mittlerer Statur, hatte er nichts Außergewöhnliches an sich, von derArt und Weise einmal abgesehen, wie er dort am Tisch saß, im einen Augenblick etwas aufmerksam beobachtete und im nächsten gelangweilt den Blick zum Deckengebälk emporschweifen ließ. Fast ähnelte er einem Kind, das man genötigt hatte, sich zu Erwachsenen zu setzen.
    Ich spürte seinen Blick auf mir ruhen. Ich spürte es tatsächlich und unterdrückte einen Schauder. »Soheketh ka Siaru krema’teth tu?«, fragte er. Wie gut sprichst du Siaru?
    »Rieusa, ta krelar deala tu.« Leider nicht sehr gut .
    Er hob eine Hand, den Zeigefinger nach oben gestreckt. »Wie viele Finger halte ich empor?«
    Ich zögerte kurz, was mehr Erwägung war, als die Frage zu verdienen schien. »Mindestens einen«, sagte ich. »Und wahrscheinlich höchstens sechs.«
    Ein Lächeln erhellte sein Gesicht, und er holte die andere Hand, an der zwei Finger nach oben zeigten, unter dem Tisch hervor. Er fuchtelte damit, auf dass die anderen Meister es sahen, und wiegte dabei auf kindliche Weise den Kopf hin und her. Dann ließ er die Hände vor sich auf den Tisch sinken und wurde mit einem Schlag wieder ernst. »Kennst du die sieben Worte, die eine Frau dazu bringen, dich zu lieben?«
    Ich sah ihn an, versuchte zu entscheiden, ob mehr hinter der Frage steckte. Als es sich mir nicht erschloss, sagte ich einfach nur: »Nein.«
    »Es gibt sie«, versicherte er mir und lehnte sich dann mit zufriedener Miene zurück. »Meister der Sprachkunde?« Er nickte dem Rektor zu.
    »Damit hätten wir das Akademische dann wohl weitgehend abgehandelt«, sagte der Rektor fast wie im Selbstgespräch. Ich hatte den Eindruck, dass irgendetwas ihn sehr verwirrt hatte, aber er war zu gefasst, als dass ich hätte erkennen können, was genau es war. »Gestattest du, dass ich dir ein paar Fragen stelle, die weniger gelehrte Dinge betreffen?«
    Da mir ohnehin keine Wahl blieb, nickte ich.
    Er sah mich lange an, so lange, dass es mir minutenlang vorkam. »Warum hat Abenthy dir kein Empfehlungsschreiben mitgegeben?«
    Ich zögerte. Nicht alle Theatertruppen waren so respektabel wie unsere – und daher wurden sie verständlicherweise auch nicht von jedermann respektiert. Ich zweifelte jedoch, dass es sich hier empfahl zu lügen. »Er verließ meine Truppe vor drei Jahren, und ich habe ihn seither nicht wieder gesehen.«
    Die Meister starrten mich an. Ich konnte es förmlich in ihren Hirnen rattern hören, während sie mein Alter rückwärts rechneten.
    »Also bitte«, sagte Hemme empört und tat, als wollte er aufstehen.
    Der Rektor brachte ihn mit einem finsteren Blick zum Schweigen. »Warum willst du an der Universität studieren?«
    Ich war sprachlos. Das war die eine Frage, auf die ich nicht im Mindesten vorbereitet war. Was sollte ich sagen? Zehntausende Bücher. Eure Bibliothek. Ich habe schon als Kind davon geträumt, dort zu lesen . Das war wahr, aber zu kindisch. Ich will mich an den Chandrian rächen . Zu dramatisch. Um so mächtig zu werden, dass mir niemand mehr wehtun kann . Zu beängstigend.
    Ich sah zu dem Rektor hoch und bemerkte, dass ich schon geraume Zeit schwieg. Da mir weiter nichts einfiel, zuckte ich die Achseln und sagte: »Das weiß ich nicht, Sir. Auch das werde ich wohl erst noch lernen müssen.«
    Daraufhin fragte der Rektor: »Gibt es sonst noch etwas, das du uns sagen möchtest?« Er hatte diese Frage auch den anderen Bewerbern gestellt, aber keiner hatte die Gelegenheit genutzt. Die Frage schien fast rhetorisch zu sein, ein Ritual, bevor die Meister dann über die Studiengebühren des jeweiligen Bewerbers befanden.
    »Ja, bitte«, sagte ich zum allgemeinen Erstaunen. »Über die Zulassung hinaus muss ich noch um einen Gefallen bitten.« Ich atmete tief durch, bis ich mir sicher war, dass sie mir alle lauschten. »Ich habe fast drei

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