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Der Name Des Windes

Der Name Des Windes

Titel: Der Name Des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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sprechen, dass jener Schlag auf den Kopf bei Euch möglicherweise eine leichte geistige Verwirrung ausgelöst hat, sagt mir eines: Wie ist die Straße nach Tinuë?«
    »Was?«, erwiderte der Chronist irritiert. »Ich war nicht unterwegsnach Tinuë. Ich war … oh. Nun, sie ist alles andere als sicher. Kurz vor Abbot’s Ford hat man mich ausgeraubt, und seither war ich zu Fuß unterwegs. Aber das war es wert, denn Ihr seid tatsächlich hier.« Der Chronist sah mit nun leicht besorgter Miene zu dem Schwert empor, das über dem Tresen hing. »Ich bin nicht hier, um Euch Unannehmlichkeiten zu bereiten, wirklich nicht. Ich bin auch nicht wegen des Preises hier, der auf Euren Kopf ausgesetzt ist.« Er lächelte matt. »Nicht dass ich überhaupt in der Lage wäre, Euch Unannehmlichkeiten zu machen –«
    »Schön«, sagte der Wirt, zog ein weißes Leinentuch hervor und begann den Tresen zu polieren. »Wer seid Ihr dann?«
    »Ihr könnt mich den Chronisten nennen.«
    »Ich habe nicht gefragt, wie ich Euch nennen kann«, sagte Kote. »Wie ist Euer Name?«
    »Devan. Devan Lochees.«
    Kote hielt beim Polieren inne und hob den Blick. » Lochees? Seid Ihr ein Verwandter des Herzogs von …« Kote verstummte und nickte vor sich hin. »Ja, natürlich seid Ihr das. Nicht irgendein Chronist – der Chronist. Er starrte den schon etwas kahl werdenden Mann an, musterte ihn von Kopf bis Fuß. »Na schau mal einer an. Der große Entlarver höchstpersönlich.«
    Der Chronist war sichtlich froh darüber, dass ihm sein Ruf vorausgeeilt war. »Entschuldigt bitte, ich wollte mich gerade nicht aufspielen. Ich habe bloß seit Jahren nicht mehr von mir als Devan gedacht. Diesen Namen habe ich schon vor langer Zeit abgelegt.« Er warf dem Wirt einen vielsagenden Blick zu. »Ich nehme an, Euch selber ist so etwas auch nicht ganz fremd …«
    Kote überhörte die unausgesprochene Frage. »Ich habe vor Jahren Euer Buch gelesen. Das Paarungsverhalten des Gemeinen Draccus . Es war für einen jungen Mann, der den Kopf voller Geschichten hatte, ausgesprochen erhellend.« Er senkte den Blick und fuhr mit dem weißen Tuch wieder die Tresenmaserung entlang. »Ich gebe zu, es war eine Enttäuschung zu erfahren, dass es gar keine Drachen gibt. Für einen Jungen ist das eine bittere Erkenntnis.«
    Der Chronist lächelte. »Ehrlich gesagt, hat es mich selbst auch ein wenig enttäuscht. Ich suchte nach einer Legende und fand eineEchse. Eine faszinierende Echse zwar, aber dennoch weiter nichts als eine Echse.«
    »Und jetzt seid Ihr hier«, sagte Kote. »Seid Ihr gekommen, um zu beweisen, dass es mich auch nicht gibt?«
    Der Chronist lachte nervös. »Nein, wisst Ihr, wir haben gerüchteweise gehört –«
    »Wir?«, fiel ihm Kote ins Wort.
    »Ich reiste gemeinsam mit einem alten Freund von Euch. Skarpi.«
    »Hat er Euch unter seine Fittiche genommen, was?«, sagte Kote wie zu sich selbst. »Na schau mal einer an. Skarpis Lehrling.«
    »Eher Kollege.«
    Kote nickte, immer noch mit ausdrucksloser Miene. »Ich hätte mir denken können, dass er der erste sein wird, der mich findet. Gerüchtemacher, alle beide.«
    Das Lächeln des Chronisten wurde säuerlich, und die ersten Worte, die ihm in den Sinn kamen, verkniff er sich.
    »Also – womit darf ich Euch zu Diensten sein?« Kote legte das Leinentuch fort und setzte sein schönstes Wirtslächeln auf. »Mit Speis und Trank? Oder einem Zimmer für die Nacht?«
    Der Chronist zögerte.
    »Wir sind bestens bestückt.« Kote wies mit großer Geste hinter den Tresen. »Alter Wein? Met? Schwarzbier? Süßer Obstlikör! Zwetschge? Kirsche? Grüner Apfel? Oder Brombeere?« Kote deutete nacheinander auf die Flaschen. »Na, wonach steht Euch der Sinn?« Und während er sprach, wurde sein Lächeln immer breiter, und für ein freundliches Wirtslächeln bleckte er nun viel zu sehr die Zähne. Und sein Blick wurde zugleich kühl, ernst, wütend.
    Der Chronist schlug die Augen nieder. »Ich dachte –«
    »Ihr dachtet «, sagte Kote verächtlich und täuschte nun nicht einmal mehr ein Lächeln vor. »Das bezweifle ich doch sehr. Sonst hättet Ihr doch sicherlich auch daran gedacht , in welch immense Gefahr Ihr mich bringt, indem Ihr hier aufkreuzt.«
    Der Chronist wurde rot. »Man sagt, Kvothe kenne keine Furcht«, wandte er ein.
    Der Wirt zuckte die Achseln. »Nur Priester und Idioten kennen keine Furcht, und mit Gott stand ich nie auf gutem Fuße.«
    Der Chronist runzelte die Stirn. Ihm war bewusst, dass er geködert

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