Der Narr und der Tod
Leben meiner Schwester, sie ist ...“ Martin schienen die Worte auszugehen.
„Aber man tut ihr keinen Gefallen, wenn man sie mit einem Mord durchkommen lässt“, sagte Dylan.
Martin und ich blinzelten und sahen zu Dylan.
Dazu gab es nichts zu sagen.
Der Mann hatte recht.
Kapitel 7
Dylan blieb nicht unser einziger Besuch, am Abend traf noch mehr ein. Der Nachmittag verlief harmonisch. Wir nahmen ein leichtes Abendessen zu uns, weil der Lunch so reichhaltig gewesen war, und ich wusch ab, während Martin, wenn er nicht gerade versuchte, die Hebamme oder Rory Brown zu erreichen (wir hatten ein angeschlossenes Telefon gefunden), einen Satz Flaschen und Sauger abkochte und zum Trocknen auf ein sauberes Geschirrtuch legte. Dann stopfte ich Bettwäsche und ein paar unserer Kleidungsstücke erst in die Waschmaschine, dann in den Trockner. Es war so beschaulich und einsam hier, dass ich allmählich das Gefühl bekam, vom Rest der Welt abgeschnitten zu sein. Keine unangenehme Vorstellung, deshalb riss mich das Geräusch eines vorfahrenden Wagens, gefolgt vom Klopfen an der Haustür, wie aus einem Traum.
Martin ging durchs Wohnzimmer zur Vordertür, wo er die Außenbeleuchtung einschaltete. Die Haustür hatte keinen Spion und war aus solidem Vollholz, ohne Glasfenster, also blieb ihm nichts anderes übrig, als Gott zu vertrauen und die Tür zu öffnen. Das hatten wir uns daheim längst abgewöhnt, denn die Kriminalität Atlantas bedrängte inzwischen auch vorgelagerte Orte wie Lawrenceton.
Vermutlich sah Martin nicht gerade so aus, als freue er sich über Besuch, aber das Paar vor unserer Tür ließ sich davon nicht abschrecken. Beide strahlten ihn freundlich an und strahlten auch dann noch weiter, als sich an Martins strenger Miene nichts änderte.
Ich wagte mich gerade ins Wohnzimmer, als an der Tür die Vorstellungsrunde losging. „Hallo“, sagte der männliche Teil des Besucherpärchens. „Luke Granberry, und das ist meine Frau Margaret. Wir haben den Hof gleich nebenan, südlich von hier.“
„Martin Bartell.“ Mein Mann streckte die Hand aus, und Luke schüttelte sie auf genau angemessene Weise.
„Wir können Ihr Haus von uns aus gerade noch sehen, und weil hier heute mehr Licht brennt als sonst, dachten wir, wir fahren schnell vorbei und schauen nach“, sagte Margaret. Luke Granberry sah aus wie um die dreißig, seine Frau wirkte gut fünf Jahre älter. Vielleicht noch mehr, denn je näher ich den beiden kam, desto deutlicher wurde der Altersunterschied.
Margarets Haut war die makelloseste, die ich je gesehen hatte, zart und glatt wie Seide, mit feinen Linien in den Augenwinkeln und um den Mund herum. Ihr Haar war flammend rot, buschig und voll. Sie trug es aus dem Gesicht gekämmt und von einem billigen Haarreif zusammengehalten. Als sie sich vorbeugte, um mir die Hand zu schütteln, sah ich, dass sie bis auf einen schlichten Ehering keinen Schmuck trug.
„Kommen Sie doch herein“, sagte ich. „Ich bin Martins Ehefrau, Aurora.“
Martin trat zur Seite, um die Nachbarn hereinzulassen. Luke war größer und fülliger als mein Mann. Er hatte breite Schultern und ein freundliches, attraktives Gesicht, bei dem besonders die hohen Wangenknochen auffielen, die den etwas kleinen, braunen Augen den Anschein verliehen, als suchten sie in der Ferne ununterbrochen nach Abenteuern. Sein dunkles Haar und die braunen Augen ließen seine Gemahlin im Gegensatz zu ihm noch bleicher wirken.
„Regina hat uns von Ihnen erzählt“, sagte Margaret. „Sie sind ihre Tante und ihr Onkel, nicht?“
„Ich bin der Bruder von Reginas Mutter“, bestätigte Martin.
„Barbys Bruder.“ Luke musterte meinen Mann prüfend, als suche er in seinem Gesicht nach Spuren von Regina. „Wir haben gehört, es soll Probleme gegeben haben ...?“ Luke breitete die Hände zu einer Geste aus, die zu verkünden schien, dass die Granberrys gern helfen würden, wüssten sie nur wie.
„Regina ist verschwunden“, sagte ich. Leider, denn da ich diese Leute nicht kannte und sie deshalb nicht mit unseren Gefühlen belasten wollte, hörte sich das an, als sei Reginas Verschwinden nichts als eine kleine Marotte. Ich hatte den Satz kaum ausgesprochen, da tat er mir auch schon leid.
„Wir sind sicher, dass sie bald wieder auftaucht“, versuchte Martin, mich zu unterstützen. Seine Stimme drückte aus, dass wir uns sorgten, aber weiterhin positiv dachten.
„Wo sind denn Craig und Rory?“, fragte Margaret, während sie sich umsah, als
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