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Der Narr und der Tod

Der Narr und der Tod

Titel: Der Narr und der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
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auf deiner Türschwelle in Georgia lag. Vielleicht wollte er in einem Geländewagen runterfahren.“
    „Weiß die Polizei das?“
    „Ja. Ich habe es ihnen gemeldet, als ich hörte, dass Craig tot war. Ich habe ihnen auch erzählt, dass ich einen Schlüssel für dieses Haus hier verwalte, woraufhin sie rausgekommen sind und sich umgesehen haben.“
    Karl sah so exotisch aus, dass man bei ihm von einem ausländischen Akzent ausging. Ich jedenfalls fand es leicht schockierend, den schlichten, breiten Slang des Mittleren Westens aus seinem Mund kommen zu hören. Eigentlich gehörte der Mann in Pluderhosen ... hastig kniff ich den Mund zu.
    „Wieso grinst du?“, erkundigte sich Martin interessiert an meinem Ellbogen. Ich schreckte auf.
    „Möchtest du noch Kaffee, Schatz?“, erkundigte ich mich.
    „Himmel, sie ist ja kaum größer als eine Fliege.“
    Es missfiel mir sehr, wenn man in meiner Gegenwart über mich sprach, als wäre ich gar nicht anwesend. Aber hier handelte es sich um einen alten Freund Martins ...
    „Klein, aber gemein“, sagte Martin. Überrascht sah ich auf; er lächelte. Gut.
    „Als Sie die Polizei herbrachten, sah das Haus da anders aus als jetzt?“, fragte ich Karl.
    Er trank einen Schluck Kaffee, um anschließend mit anerkennender Geste den Becher zu heben. Martin hatte den Kaffee gekocht, das Kompliment stand mir also nicht zu, aber ich nahm es trotzdem mit einem Nicken entgegen.
    „Das Haus war ein Saustall“, sagte Karl ehrlich. „Ich habe sämtliche Kleidung aufgehängt, gesaugt und abgewaschen. Das hat viel gebracht.“
    „Danke“, sagte ich, beeindruckt von so viel männlichem Fleiß. „Hatten Sie das Gefühl, die Polizei sei der Meinung, hier sei irgendetwas vorgefallen?“
    „Nein.“ Karl Bagosian schüttelte den Kopf. „Es sah aus, als wären die beiden eben mal einkaufen gegangen, als würden sie jeden Augenblick zurückkommen. Oh! Da fällt mir ein: Ich habe vergessen, den Mülleimer rauszutragen, tut mir leid. Darlene war bei mir, die hätte ja auch dran denken können, aber das Mädchen ist einfach zu faul.“
    „Wie alt ist Darlene jetzt?“ Martin holte sich einen Stuhl und setzte sich Karl gegenüber.
    „Sechsundzwanzig.“
    Martin war ernsthaft bestürzt. „Darlene? Deine Tochter? Sechsundzwanzig?“
    Karl nickte grimmig. „Meine Jüngste. Verantwortlich für jedes einzelne graue Haar auf meinem Kopf.“
    „Was ist mit den anderen? Wie alt sind sie?“ Er hörte sich an, als fürchte er das Schlimmste.
    Karl richtete den Blick auf die Decke, als lasse sich die gewünschte Auskunft dort ablesen. „Mal sehen: Gil ist dreißig, wird bald einunddreißig. Therese ist neunundzwanzig.“
    Martin sah mich bestürzt an. Ich zuckte grinsend die Achseln. Der Altersunterschied zwischen uns beiden hatte ihm schon immer mehr ausgemacht als mir. Martin spielte Racquetball und ging ins Studio, sein Körper war der eines jungen Mannes. Nicht, dass ich viel Erfahrung mit jungen Männern gehabt hätte, aber Martin hatte mich auf körperlicher Ebene immer erfreuen können, was er auch wusste. Unsere Differenzen lagen eher auf der geistigen Ebene, aber auch da waren wir nicht weiter auseinander als andere Eheleute.
    „Wie alt sind Sie, Aurora? Martin scheint mir etwas besorgt.“ Karl entging anscheinend so schnell nichts. „Meine Frau ist auch noch ein Kind, sie ist fünfundzwanzig.“
    „Ich bin älter als Ihre Frau und Ihre Kinder.“ Fragend wies ich auf Karls Becher.
    „Nein, danke.“ Karl schüttelte den Kopf. „Könntest du mich in die Stadt zurückfahren, Martin?“
    „Danke, dass Sie den Jeep hergebracht haben, Karl“, sagte ich und hatte begriffen, dass es an der Zeit für ein Gespräch unter vier männlichen Augen war – ich wurde ausgeschlossen.
    „Soll ich bei der Gelegenheit noch etwas einkaufen?“ Martin zog sich den Mantel an und steckte sein Handy in die Tasche. Ich seufzte, bemühte mich aber um Rücksichtnahme. Die Suche nach einem Zettel dauerte eine Weile, aber ich stellte in aller Eile eine Liste der Dinge zusammen, die wir am Vortag zu kaufen vergessen hatten.
    Derweil breitete sich in meinem Hinterkopf die Angst aus, es könne weiterhin schneien und wir würden hier nicht mehr wegkommen. Was, wenn die Heizung ausfiel?
    Was, wenn Craigs Mörder kam, um nach Regina zu suchen?
    Der letzte Gedanke überkam mich völlig überraschend und jagte mir solche Angst ein, dass ich ihn sogleich bereute. Draußen fuhr gerade der leuchtend rote Geländewagen

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