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Der Nautilus-Plan

Der Nautilus-Plan

Titel: Der Nautilus-Plan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gayle Lynds
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Haupteingang. Dort warte ich auf Sie. Ein Lieferwagen wird vorfahren – derselbe schwarze Lieferwagen, der sie weggebracht hat. Sie wollen doch, dass sie freikommt, oder nicht?«
    Er fluchte leise in sich hinein. Er erkannte die Stimme nicht, und keiner seiner Leute wusste, wie die Frau aussah. Er hörte weiter zu.
    »Tish Childs. Angus Macintosh. Sarah Walker könnte die Nächste sein. Was kann es schon schaden, sich ein bisschen zu unterhalten? Kommen Sie nach unten. Sie möchten sie doch sehen, oder nicht?«
    »Sie haben ihn umgebracht!«
    Duchesne drückte auf die Stopptaste. Was er da hörte, gefiel ihm gar nicht. Einen Augenblick lang kam ihm seine Vergangenheit so nahe, als steckte sie direkt unter seiner Haut. Wie der metallische Geschmack von Blut, der Duft eines teuren Parfums. Außerdem rief es Erinnerungen an einen schweren Verlust in ihm wach, schmerzlicher als eine verlorene Liebe. Die Gier dieses miesen Erpressers hatte Duchesnes Frau das Leben gekostet und Duchesne wieder in die Fänge der zwielichtigen Kreise getrieben, in denen er sich früher bewegt hatte, sodass er gezwungen worden war, seine alten Fähigkeiten zu reaktivieren.
    So zu leben, wie er mehr als vierzig Jahre gelebt hatte, weckte, was die Zukunft anging, so etwas wie einen sechsten Sinn in ihm. Auch wenn die Operation außer Kontrolle zu geraten drohte, war sie nötig. Wie sonst ließe sich dem Unmenschen, der die Aufzeichnungen in seinen Besitz gebracht hatte, Einhalt gebieten? Aber die Risiken waren hoch und wurden höher, und er machte eine überraschende Erfahrung: Er ertappte sich dabei, dass er sich Sorgen machte. Bis zur Ermordung seiner Frau hatte er gedacht, das wäre etwas, was er verlernt hatte.
    Sein rechtes Bein nachziehend, stieg er die Treppe des alten Mietshauses hinauf. Auf dem ersten Treppenabsatz blieb er stehen, um zu lauschen, ob oben Kinder spielten. Einem von ihnen, einem sechsjährigen Jungen, hatte es sein Hinken angetan. Jean-Luc wollte unbedingt sein Freund werden. Aber Duchesne hatte keine Freunde, vor allem keine unschuldigen Kinder. Deshalb blieb er jetzt kurz stehen, um sich zu vergewissern, dass Jean-Luc nicht auf ihn wartete.
    Nachdem er sich überzeugt hatte, dass die einzigen Geräusche von zwei laufenden Fernsehern kamen, ging er ein Stockwerk höher und sah nach dem Faden über seiner Wohnungstür. Er war noch da. Unsichtbar, aber tasten konnte man ihn. Niemand war eingebrochen. Er schloss die Tür auf, trat ein und wartete, bis sich seine Augen an das Dunkel gewöhnt hatten. Er sog prüfend die Luft ein, konnte aber niemanden riechen. Erst dann schloss er die Tür ab und schob den Riegel vor.
    Er nahm eine Dose Tomatensaft aus dem Kühlschrank. Während er trank, wählte er auf seinem Handy Kronos’ Nummer. Als Kronos sich meldete, nahm er müde Platz.
     
     
Anruf in Brüssel
    »Es gibt Neuigkeiten, Kronos. Meine Leute haben Atlas, Okeanos, Prometheus und Helios überprüft. Sie waren heute Nachmittag, als Baron de Darmond ermordet wurde, offenbar alle in Paris.«
    »In Paris? Aber es ist doch in Chantilly passiert. Demnach kann keiner …«
    »So einfach ist die Sache leider nicht. Wir konnten niemanden finden, der bestätigen konnte, dass sie das Zentrum von Paris verlassen haben, was aber nicht heißt, dass einer oder mehrere von ihnen das nicht trotzdem getan haben. Jeder könnte den Bus oder die Metro genommen haben oder mit dem eigenen Auto gefahren sein. Vergessen Sie nicht, laut Aussagen der Polizei wussten nicht einmal die Hausangestellten des Barons etwas von dem Treffen zwischen dem Baron und seinem Mörder.«.
    »Wollen Sie damit sagen, jedes Mitglied der Schlange könnte ihn getötet haben?«
    »Jeder Einzelne von ihnen und alle zusammen. Sie eingeschlossen. Auch Sie waren in Paris. Aber das war ich auch.«
     
     
Paris
    Die Frau, der Liz folgte, verschwand in die Metro-Station St-Michel, wo sie in eine U-Bahn in Richtung Norden stieg. An der Station Réaumur-Sébastopol stieg sie wieder aus und nahm in einem Café im Freien ein frühes Mittagessen zu sich. Sie wirkte entspannt und unbekümmert, aber ihr Blick kam nie zur Ruhe, und sie behielt ihre Umgebung aufmerksam im Auge.
    Auch Liz aß eine Kleinigkeit und folgte ihr schließlich in die Linie 3 nach Osten, wo die Frau im zwanzigsten Arrondissement, einer Arbeitergegend, an der Station Gambetta ausstieg. Als Liz in die Abenddämmerung hinaustrat, waren etwa ein Dutzend Personen zwischen ihr und der Frau, gute Deckung. Der Wind

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