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Der Nautilus-Plan

Der Nautilus-Plan

Titel: Der Nautilus-Plan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gayle Lynds
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SPRICHWORT
     

SIEBENUNDDREISSIG
Irgendwo in Frankreich
    Ein Geräusch wie von fließendem Wasser weckte Sarah Walker aus tiefem Schlaf. Sie hatte nicht schlafen wollen. Sie hatte wach bleiben wollen, um auf Asher aufzupassen … Sie streckte die Hand nach seiner Bahre aus. Sie war warm, aber leer. Die Decken türmten sich zu einem Haufen.
    Ihre Stimme zitterte vor Besorgnis. »Asher?«
    »Ja.« Er war auf der tragbaren Toilette.
    Sie schlug ihre Decke zurück, rollte von der Bank, zog wegen der niedrigen Decke den Kopf ein und tastete, sich an der Seitenwand abstützend, durch den dunklen Laderaum des Lieferwagens, der gerade mit quietschenden Reifen durch eine Kurve schaukelte.
    »Ich pinkle gerade«, flüsterte Asher gereizt. »Schsch.«
    »Mann, Asher, was denkst du dir eigentlich dabei!«
    »Willst du mir helfen?« Der ironische Unterton war unüberhörbar.
    Trotz der Dunkelheit konnte Sarah das Gestell mit dem Tropf und die Umrisse Ashers erkennen, der sich mit einer Hand an der Wand des Lieferwagens abstützte.
    »Du bist unverbesserlich.« Sie lächelte in sich hinein.
    »Ich bin ohnehin fertig.«
    Er drehte sich um und ließ sich von ihr auf die Bahre helfen. Auch wenn er sich wegen seiner Verletzung immer noch weit vornübergebeugt hielt, war er schon erstaunlich sicher auf den Beinen.
    »Bist du wirklich schon wieder so weit bei Kräften, oder tust du nur so?«, fragte sie.
    »Alles nur Show. Aber ziemlich überzeugend, nicht?«
    »Allerdings, verdammt noch mal. Du solltest nicht ständig aufstehen. Davon könnte alles Mögliche wieder aufreißen. Du hast so viele Nähte, dass du richtig zusammengeflickt aussiehst.«
    »Wenn wirklich eine Naht gerissen wäre, würde mir das Blut die Beine runterlaufen. Dem ist aber nicht so, und folglich ist auch nichts passiert. Willst du meine Beine abtasten?«
    »Dein Wort genügt mir.«
    Er setzte sich auf die Bahre. In dem schwachen Licht, das durch die Ritzen der Tür zum Führerhaus in den Laderaum drang, konnte sie erkennen, dass er die Schultern hatte sinken lassen.
    »Brauchst du Hilfe beim Hinlegen?«, fragte sie mitfühlend. »Nein, sag’s nicht. Ich komme nicht zu dir auf die Bahre.«
    »Du kennst mich zu gut.« Er ließ sich ächzend auf seine rechte Schulter sinken und drehte sich auf den Rücken. »Haben sie unterwegs mal angehalten?«
    »Das weiß ich nicht. Ich bin auch eingeschlafen.« Sie deckte ihn zu, setzte sich wieder auf die Bank und schlang sich eine Decke um die Beine.
    Er sah ihr dabei zu. »Ich fühle mich wirklich besser.«
    »Weil du deine Schmerztablette gekriegt hast. Deshalb geht es dir besser. Schlaf wieder.«
    »Ich war ganz allein pinkeln.«
    »Herzlichen Glückwunsch. Aber jetzt schlaf wieder, Schatz.«
    Sie spürte seine Hand mehr, als sie im Dunkeln auf sich zukommen zu sehen. Sie ergriff sie, küsste seine Handfläche und legte sie auf seine Brust zurück. Er widersetzte sich nicht.
    »Ich werde auch versuchen, wieder zu schlafen«, sagte sie und lehnte sich zurück. Sie schloss die Augen und ließ die Ereignisse der letzten Tage noch einmal Revue passieren. Liz’ entsetztes Gesicht in dem verlassenen Lagerhaus … die Frustration, erneut entführt zu werden … die Männer, die getötet worden waren. Sie konnte sich das alles nicht erklären, und die Ungewissheit lastete schwer auf ihr. Sie hatte keine Ahnung, wo sie waren. Sie wusste nur, dass ihre Bewacher nicht maskiert waren, und das hieß, sie gingen nicht davon aus, dass Asher oder sie am Leben bleiben und sie identifizieren könnten.
    Mit bedrückender Intensität brach alles wieder über sie herein: das Blut, der Gestank gewaltsamen Sterbens, die Schüsse, die das Lagerhaus zum Erzittern brachten. Die Angreifer hatten Asher und sie in den Lieferwagen verfrachtet, und Ashers Bahre mit blockierten Rädern in die Mitte zwischen die Bänke gestellt. Das Kommando hatte eine Frau geführt – ein Drache namens Beatrice. Sie und die Männer hatten auf den Bänken Platz genommen und Sarah an die Trennwand zum Führerhaus geschoben.
    Der einzige Vorteil war, dass die Tür zum Führerhaus offen war, sodass sie durch die Windschutzscheibe Bäume, Laternenpfähle und Wegweiser vorbeihuschen sehen konnte. Den Wegweisern nach zu schließen, waren sie in nordöstlicher Richtung unterwegs. Brachten ihre Bewacher sie aus der Stadt, um sie umzubringen?
    Immer wenn sie oder Asher etwas sagen wollten, richteten sich unverzüglich mehrere Waffen auf sie. Endlich bog der Lieferwagen auf ein

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