Der Nautilus-Plan
überraschenden Änderungen seiner Pläne in Kenntnis setzte, gab Malko jedes Mal aufs Neue zu denken. Doch andererseits führte dieser Mann seine Geschäfte schließlich mit der eisigen Kälte eines Hais. Malko bewunderte ihn.
»Hat sich etwas Neues ergeben?«, fragte Malko.
»Allerdings.« Sein Auftraggeber erzählte ihm vom Entschluss der Schlange, Sansborough und Childs unschädlich zu machen. »Das übernehmen Duchesne und seine Leute.«
Malko protestierte: »Halten Sie das wirklich für vernünftig? Ist dieser Kerl tatsächlich so gut?« Er hatte den neuen Sicherheitschef der Schlange noch nicht kennen gelernt, aber er war auch seinem Vorgänger nie begegnet. Das Risiko, dass über seine Person eine Verbindung zu den Aufzeichnungen des Carnivore hergestellt würde, war zu groß.
»Duchesne macht einen äußerst cleveren Eindruck auf mich. Außerdem brauche ich Sie in Schottland. Kronos ist ein Fehltritt unterlaufen. Anders kann ich mir jedenfalls nicht erklären, warum er uns so gut wie nichts gesagt hat, als wir heute Abend zusammengekommen sind. Das Gute daran ist allerdings, dass er auch sonst niemanden eingeweiht hat. Demnach versucht er immer noch herauszufinden, wer von uns die Aufzeichnungen hat. Für mich persönlich besteht die größte Gefahr in Dreftbury, wenn ich den Deal perfekt zu machen versuche. Wenn Sansborough und Childs Duchesne erneut durch die Lappen gehen … wenn die beiden nicht unverzüglich unschädlich gemacht werden, bekommen sie möglicherweise heraus, dass ich dort sein werde. Sie sollen also Folgendes tun …«
Malko grinste, als ihm sein Auftraggeber erklärte, was er zu tun hatte. Nachdem er das Gespräch beendet hatte, setzte er sich zurück und ließ sich beim Fahren noch einmal alles in Ruhe durch den Kopf gehen. Während er über die neue Linie nachdachte, die ihm von Mal zu Mal besser gefiel, ergötzte er sich an den Pferdestärken des Citroënmotors, der seine Hände kaum merklich zum Vibrieren brachte. Er mochte die stille Kraft der schwarzen Limousine, fühlte sich durch sie an einen großen hungrigen Panther auf der Pirsch erinnert, wie die Wildkatzen, die er in seiner Jugend in den Sümpfen Floridas beobachtet hatte.
Aber sofort schlug er sich diese Erinnerungen wieder aus dem Kopf. Damals in Jacksonville hatte sich Malko ganz bewusst angewöhnt, sich nicht von seiner Fantasie fortreißen zu lassen. Es war viel besser, sich auf Fakten zu stützen statt auf Vermutungen; auf das, was war, statt auf das, was sein könnte. Er hatte erlebt, wie nicht nur Familienangehörige, sondern auch Kollegen ihrer Fantasie zum Opfer gefallen waren. Nach genügend Auftragsmorden begannen altgediente Killer hinter jeder Tür Gefahren zu wittern, und dann Rache. Irgendwann suchten sie dann bei Alkohol oder Drogen – oder beidem – Zuflucht und beseitigten in ihrer Panik so viele Gespenster, dass sie entweder von der Polizei aus dem Verkehr gezogen wurden oder von einem Kollegen. Malko kannte in dieser Branche niemanden, der lang genug gelebt hatte, um sich zur Ruhe setzen zu können. Sein eigener Mentor war mit 46 bei einem »Jagdunfall« in der Nähe von Fort Lauderdale ums Leben gekommen. Malko hatte immer vermutet, dass es Selbstmord gewesen war.
Irgendwo in Frankreich
Ashers Stimme war sachlich und nüchtern, während der schwere Sattelschlepper durch die Nacht rauschte. »Hast du bei der Ausbildung auf der Ranch auch gelernt, wie man Schlösser knackt?«
»Ob du es glaubst oder nicht – ja. Aber ich bin nicht sicher, ob ich es noch kann.« Sarah tastete im Dunkeln herum, bis sie unter der Bahre die Tüte mit den Medikamenten fand.
»Nur gut, dass ich noch weiß, wie man so was macht. Als sie uns hier eingeschlossen haben, habe ich mir die Türschlösser ein bisschen angesehen. Es sind lauter Scheibenschlösser. Ich weiß, du wirst mir nicht widersprechen, wenn ich dir sage, dass ich die Tüte mit den Medikamenten auf jeden Fall brauche.«
»Warum? Blutest du etwa an der Stelle, wo du die Nadel herausgezogen hast?« Sie fand in der Tüte eine Packung sterile Tupfer. »Wir müssen aufpassen, dass du keine Infektion kriegst. Ich gebe dir die Tüte, aber nur, wenn du mir versprichst, mich nicht zu erstechen.«
»Ein fairer Vorschlag.«
»Das will ich doch hoffen?« Sie legte ihm die Tüte in den Schoß, ergriff seine linke Hand und begann sie zu reiben.
»Das reicht«, sagte er, um sie loszuwerden. »Danke.«
Sie sagte nichts. Stattdessen brachte sie ein
Weitere Kostenlose Bücher