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Der Nautilus-Plan

Der Nautilus-Plan

Titel: Der Nautilus-Plan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gayle Lynds
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kann ich aber nicht mehr arbeiten. Probleme mit dem Rücken, weißt du.«
    »Das tut mir Leid. Ich wusste nichts von deinen gesundheitlichen Problemen. Du solltest sehen, dass du von der Familie Hilfe erhältst.« Sie sah Tish mitfühlend an und nahm sich vor, ihren Cousin Sir Michael – Mick –, den Haupterben des Childs-Vermögens, anzurufen und ihn zu bitten, Tish finanziell unter die Arme zu greifen. »Hat denn niemand mitbekommen, wie Mark wirklich war? Onkel Robert hätte doch bestimmt etwas getan. Mutter ganz bestimmt.«
    »Robbie hat uns sehr geholfen. Mark war schließlich sein kleiner Bruder. Robbie versuchte ständig, ihm einen Job zu beschaffen, aber das war nicht, was Mark wollte. Er hatte es nur aufs Geld abgesehen, so einfach ist das. Kapital für die einmalige große Chance. Deshalb unterstützte ihn Robbie jahrelang mit kleinen Beträgen, bis er irgendwann keine Lust mehr hatte, was ich ihm übrigens nicht verdenken kann. Er sagte Mark, er solle endlich mal erwachsen werden, und damit war dann Schluss mit Robbies Gewissensberuhigungs-Zahlungen, wie ich es immer nannte. Wie schlimm es wirklich war, wusste eigentlich niemand, nicht einmal Melanie. Robbie jedenfalls war sehr diplomatisch und verstand es, den Mund zu halten, und Mark selbst hatte sicher nicht vor, es irgendjemandem zu erzählen.« Ihre Stimme bekam einen bitteren Unterton.
    »Was meinst du mit Sir Roberts ›Gewissensberuhigungs-Zahlungen‹?«, fragte Liz.
    Tish nippte schweigend an ihrem Tee, bevor sie fortfuhr: »Ich habe Mark geliebt, Liz. Aber im Lauf der Zeit wurde er immer verbitterter, dass der Adelstitel und das Familienvermögen an Robbie gegangen waren. Aber so waren und sind die Dinge nun mal, und Melanie und Blake konnten das verstehen. Sie stellten sich darauf ein und bauten sich selbst etwas auf, wie das Töchter und jüngere Söhne seit Jahrtausenden tun. Aber genauso gab es in diesen Jahrtausenden immer schon welche, die das nicht konnten, und einer von ihnen war Mark. Er hielt stur an seiner Überzeugung fest, ihm stünden kraft seiner Geburt die traditionellen Privilegien des Landadels zu, darunter auch, nicht wie ein gewöhnlicher Bauernlümmel arbeiten zu müssen, wie er es immer ausdrückte. Deshalb trank er, nahm Drogen, spielte und machte auf großen Lebemann, als würde er ewig achtzehn bleiben und einmal die ganze Welt erben.« Ihre Lippen spannten sich. »Umgekehrt glaube ich, hatte Robbie ein schlechtes Gewissen, weil er mehr oder weniger alles bekommen hatte und seine Geschwister nur wenig. Deshalb unterstützte er Mark – nicht, dass es Mark etwas genützt hätte. Irgendwann kam dann der Punkt, an dem ich es nicht mehr mit ihm aushielt.«
    »Eine traurige Geschichte, Tish.«
    »Allerdings.« Sie nickte. »Für Mark und für mich.« Sie schien kurz ihren Gedanken nachzuhängen, vermutlich ihren Erinnerungen an bessere Zeiten. Dann erhellte sich ihre Miene wieder. »Aber jetzt genug damit. Das Leben geht weiter, oder etwa nicht? Noch eine Tasse Tee?«
    »Gern. Ich habe ganz vergessen, wie gut englischer Tee ist.«
    Liz schenkte zuerst Tish ein, dann sich selbst. Sie stülpte den Teewärmer wieder über die Kanne und griff nach dem Milchkännchen. »Ich weiß, du hast dich kurz vor seinem Tod von Mark scheiden lassen, aber hast du eigentlich mal mit ihm darüber gesprochen, warum er damals Mutter in Amerika besucht hat?«
    Tish schien erstaunt über die Frage und rührte stirnrunzelnd in ihrem Tee. »Das ist ja eigenartig. Dass du das jetzt fragst, meine ich.«
    »Warum, Tish?«
    »Na ja, weil mir diese Frage schon einmal jemand anders gestellt hat. Ich erinnere mich deshalb so genau, weil es so ein vornehmer Typ war und weil ihm seine Neugier etwas peinlich war – völlig zu Recht, finde ich übrigens. Kannst du dir das vorstellen? Ein wildfremder Mensch, der sich nach familiären Dingen erkundigt? Ich meine, Mark und ich mögen ja geschieden gewesen sein, aber das heißt noch lange nicht, dass ich mit jedem über die Familienangelegenheiten der Childs’ spreche. Allein, auf so eine Idee zu kommen.«
    »Er war nicht von der Polizei?«
    »Von der Polizei? Nein, nichts Derartiges. Das wäre vielleicht etwas anderes gewesen, aber dann hätte er schon einen verdammt triftigen Grund haben und mir seinen Ausweis zeigen müssen.«
    »Dann hast du diesem Mann also nichts erzählt?«
    »Wäre ja noch schöner!« Sie grinste verschlagen. »Das heißt, nicht ganz. Ich erklärte sehr bestimmt, dass Mark und ich

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