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Der Neid eines Fremden

Der Neid eines Fremden

Titel: Der Neid eines Fremden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caroline Graham
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unveränderlich gehalten hatte, wandelten sich, während sie hilflos zusah. Sie versuchte, Leos Gereiztheit und mangelndes Mitgefühl zu verstehen; versuchte sich einzureden, daß seine scheinbare Gleichgültigkeit lediglich aus dem Glauben herrührte, sie wäre nicht in Gefahr. Daß er einfach müde war.
      Sie mußte immer öfter an Duffy denken. Vor einer Stunde hatte sie sogar anstelle von Leos Gesicht seines über sich zu sehen geglaubt. Sie versuchte, ihre Gefühle zu rationalisieren. Er war freundlich und einfühlsam gewesen, während Leo fast gleichgültig reagiert hatte. Das war alles. Sie empfand nichts anderes als Dankbarkeit: dankbare Zuneigung. Doch während sie zu diesem Ergebnis kam, kehrte die Erinnerung an ihr gemeinsames Mittagessen im Gay Hussar frisch und lebhaft zurück. Sie meinte, das Licht zu sehen; das goldene Haar auf seinem Handrücken; sah, wie sich seine Augen veränderten und dunkler wurden, als er ihr in der Tür das Gesicht zuwandte, und wurde sich eines gefährlichen und verwirrenden Gefühls bewußt. Es war nicht nur Dankbarkeit.
      Sie wünschte, es wäre bereits Morgen und die Kinder wären wach. Sie wollte sie hochheben, an sich drücken und einen Wall gegen die Außenwelt aufbauen. Oder vielleicht ein Schutzschild.
     
    Fenn hatte sich überlegt, wie er nicht nur in aller Öffentlichkeit zu Rosas Haustür gelangen könnte, sondern mit offenen Armen empfangen würde. Er würde eine Polizeiuniform tragen. Als ihm der Gedanke zum ersten Mal gekommen war, hatte ihn seine Einfachheit beeindruckt. Er hatte geglaubt, es würde weder schwer noch umständlich sein, sich eine Polizeiuniform auszuleihen. Aber wie sich herausstellte, war es beides.
      Er hatte sich die Telefonnummern der Kostümverleihe aus den Gelben Seiten herausgeschrieben und eine Liste gemacht. Zuerst war er zu Morris Angel auf der Shaftesbury Avenue gegangen. Dort hatte man ihm gesagt, daß er sich als einfacher Bürger bestimmt keine Polizeiuniform ausleihen könne. Er müsse einem Bona-fide-Ensemble angehören, jede Bestellung werde telefonisch beim Schauspielhaus überprüft, und beim Abholen der Uniform müsse er nachweisen können, daß er bei besagtem Theater engagiert sei. Durch einen Brief mit vorgedrucktem Absender oder ein ähnliches Dokument.
      Auf der Rückfahrt nach Islington hatte er hin und her überlegt. Er zögerte, diese Idee zu verwerfen. Er würde mit Rosa ungestört allein sein müssen, wenn der Zeitpunkt gekommen war. Er würde nicht auf verstohlene, amateurhafte Weise vorgehen und sich auf dunklen, nassen Straßen herumdrücken. Er wollte ihr nicht im Park auflauern, sie sich packen und dann weglaufen. Wo bliebe da das Vergnügen? Alles wäre vorbei, bevor sie überhaupt gemerkt hätte, was gespielt wurde. Und wenn er an ihr herumfummeln müßte, während sie bekleidet war, würde er den Job vielleicht nicht zu Ende bringen können. Da sie jetzt auf der Hut war, schien es keine andere Möglichkeit zu geben, bereitwillig von ihr empfangen zu werden. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als sich eine Uniform zu leihen. Wäre er kein Einzelgänger und hätte manchmal mit den richtigen Leuten herumgehangen, wäre das Ganze wahrscheinlich kein Problem. Wenn man korrupt war, konnte man sich alles besorgen. Doch er war immer mehr als ehrlich gewesen. Er dachte an die Fernsehstationen und Filmgesellschaften und fragte sich, wie sie sich ihre Kostüme besorgten. Ein Sender wie die BBC mußte zum Beispiel eine eigene große Abteilung für so etwas haben. Aber das half ihm auch nicht weiter. Sie würden ihm ebensowenig wie die Kostümverleihe eine Uniform zur Verfügung stellen. Der Zug fuhr in die U-Bahn-Station Angel ein.
      Er lief die Essex Street entlang, als er am The Sun and Seventeen Cantons vorbeikam. Wie alle anderen Gebäude auf der Straße hatte er es täglich passiert, ohne es wirklich wahrzunehmen. Draußen war meist eine große Tafel angebracht, auf der mit Kreide eine Jazzgruppe, eine Dichterlesung oder eine Matineevorstellung angekündigt waren. Letztere stand heute auf dem Programm, und das in großen Kreidebuchstaben geschriebene Wort THEATER erregte seine Aufmerksamkeit. Er ging in das Gebäude, bestellte ein Halbes und erhielt ein Glas mit einer warmen, goldgelben Flüssigkeit, die nach Seifenlauge schmeckte.
      Jetzt, da er im Pub war, wußte er nicht, was er tun sollte. Am anderen Ende der Theke war ein schäbiger Vorhang angebracht, vor dem ein Mädchen mit langen dunklen

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