Der Neid eines Fremden
natürlich ... sicher...«
Er sprang auf die Tribüne und schob den Vorhang beiseite. An einer Seite der Bühne war ein abgetrennter Platz von zwei Meter Durchmesser. Dort standen ein Stuhl, ein Tisch und ein Lichtpult. Und ein riesiger Mann in einem Schottenhemd und einer Jeans in der Größe eines Zelts, dessen schwarzer Bart über seine Brust kringelte.
»Garsteen?«
»Der bin ich.«
»Ich hab' gerade die ... ähem... Vorführung gesehen. Ich frag' mich, ob da etwas für mich drin wäre.« Neben dem Telefon hatte er einen Stapel Briefbögen liegen sehen. Darauf waren eine glänzende schwarze Sonne mit geraden, kurzen Strahlen und die Aufschrift »The Sun Theatre Company« abgedruckt.
»Naja.« Er hatte einen starken amerikanischen Akzent. Wie war es möglich, daß solche Kerle hier zurechtkamen, dachte Fenn. Bestimmt lebten sie auf Kosten der Steuerzahler. »Wir stellen die Truppe bei jedem Stück neu zusammen. Das nächste ist ein Zwei-Personen-Stück von Tennessee Williams. Beides weibliche Rollen. Dann ein Sam She-pherd, aber da hab' ich mir schon alle Bewerber angesehen.«
Fenn erhob sich. »Macht's dir etwas aus, wenn ich in Verbindung bleibe?«
»Tu das.« Er betätigte mehrere Schalter.«
»Ich hab' eure Telefonnummer nicht. Darf ich -?« Er streckte seine Hand aus. Garsteen hielt ihn zurück.
»Hey, paß auf... diese Dinger kosten uns 'n Vermögen. Sind echt nur für Briefe an Intendanten und Agenturen da ...« Er kritzelte etwas auf die Rückseite eines Briefumschlags. »Hier.«
Fenn nahm den Briefumschlag. »Wirst du heute abend hier sein?«
»Keine Vorführung. Wir machen nur Matineevorstellungen. Gegen acht sind allerdings Proben.«
»Gut.« Er knüllte das Papier zusammen, ging zurück in die Bar und kaufte sich einen Tomatensaft. Er stand mit dem Rücken zum Vorhang, beobachtete ihn aber durch den Spiegel. Nach und nach verließen alle Gäste den Raum. Seine einzige Sorge war, daß einige Leute von der Theatergruppe dableiben könnten, bis der Pub geschlossen hatte. Wie zu erwarten, fielen Käpt'n Seebart und ein Mädchen über den Wein und die Sandwiches her, doch nach einer halben Stunde verließen sie die Bar, wobei sie ihren Arm zur Hälfte um seine riesige Hüfte geschlungen hatte. Jetzt waren nur noch wenige Leute übrig; der Barkeeper flitzte nach hinten und verschwand durch einen Trennvorhang zur Toilette.
Fenn wartete einen günstigen Zeitpunkt ab, um hinter den Vorhang und auf die Bühne zu schlüpfen. Hastig nahm er einige Briefbögen an sich und faltete sie zusammen. Dann holte er seine Liste der Kostümverleiher aus der Tasche und setzte sich auf den harten Stuhl. Er zog das Telefon zu sich heran. Er strich Morris Angel durch und wählte die nächste Nummer, eine Firma in Chiswick, und dann eine in Covent Garden. Beide konnten ihm nicht weiterhelfen. Beim dritten Verleih, einem Betrieb in Holland Park, fragte man ihn nach seiner Kleidergröße, bat ihn zu warten, kam dann wieder ans Telefon und sagte ihm, man glaube, ihn mit der richtigen Uniform ausstatten zu können. Wie war der Name des Theaters? Er gab ihnen die Adresse. Sie fragten, ob er sich ausweisen könne, doch als er antworten wollte, hörte er, wie irgend jemand auf die Bühne sprang und der Vorhang zur Seite gerissen wurde. Es war der Barkeeper.
»Ich dachte, ihr wärt alle gegangen.«
»Tut mir leid - ich hatte für Garsteen noch ein paar Anrufe zu erledigen.«
»Wir schließen jetzt.« Er ging nicht weg, sondern blieb, den Vorhang zur Seite schlagend, wartend stehen.
»Ich fürchte, der Pub macht jetzt zu«, sagte Fenn. »Ist es in Ordnung, wenn ich gleich vorbeikomme?«
»Ja. Wir haben bis fünf Uhr geöffnet. Biegen Sie am Holland Park rechts auf die Clarendon Road ab. Fairly Court ist eine Sackgasse, die fünf Minuten später links abbiegt.«
Sie nahmen die Maße für die Uniform und fanden tatsächlich eine, die ihm paßte. Das Mädchen warf einen Blick auf seinen sauber ausgefüllten Bestellschein und sagte dann:
»Wir müssen uns beim Theater vergewissern, wissen Sie?«
»Natürlich. Ich kenne die Prozedur. Sollte es allmählich gelernt haben. Aber ich fürchte, wir haben nur über Mittag geöffnet. Die Proben sind heute abend um acht. Die Telefonnummer steht auf dem Brief. Deshalb brauch' ich das Kostüm.«
»Um acht Uhr wird keiner mehr hier sein. Wir werden morgen um die Mittagszeit anrufen.« Sie packte
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