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Der Neid eines Fremden

Der Neid eines Fremden

Titel: Der Neid eines Fremden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caroline Graham
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Haaren an einem wackeligen Spieltisch saß. Fenn ging auf sie zu und wies mit dem Kopf auf den Vorhang. »Ist da das Theater?«
      »Es fängt in fünf Minuten an. Ein Pfund, wenn Sie nichts verzehren.«
      Das werd' ich wohl investieren müssen, dachte er, und ging zurück in den Schankraum, um sich einen großen Teller mit Hackfleischauflauf und sehr weichen Pommes frites zu holen. Er balancierte ihn in der einen Hand, während er in der anderen Plastikmesser und -gabel und sein Halbes hielt. Das Mädchen hob den Vorhang, um ihn passieren zu lassen. Im Raum dahinter standen ein langer Tisch mit einer entsprechend langen Bank und drei alte runde Holztische auf einem gußeisernen Gestell. Etwa ein halbes Dutzend Leute saßen herum. Der Lärm und die Lachsalven aus der Schänke ließen den Raum noch trostloser erscheinen, als seine Einrichtung ohnehin schon bewirkte. Hinter einer Tribüne hingen noch mehr schmuddelige Vorhänge. Fenn begann zu essen.
      Er kannte sich im Theater nicht aus und hatte noch nie eine Vorstellung besucht. Hätte man ihn gefragt, was er sich unter einem Theaterbesuch vorstellte, hätte er wahrscheinlich eine Parade stattlicher Limousinen mit berühmten Persönlichkeiten, einen mit rotem Plüsch und Gold ausgestatteten Zuschauerraum und auffällig gekleidete Stars im Rampenlicht beschrieben. Oder eine Bildauswahl aus Premierenfotos und Ausstellungen von Standfotos vor dem Palladium. Den Begriff Theatermachen verband er mit dem gänzlich übertriebenen Verhalten eines Mannes, der seinen Parkplatz verteidigt. Deshalb wußte er nichts damit anzufangen, als plötzlich einer der Leute an den Tischen - ein Kerl in T-Shirt und Jeans - aufstand und begann, ein Feuer im Haus seines Großvaters zu beschreiben. Er war verunsichert (der Kerl stand nur einen Meter entfernt) und wußte nicht, wohin er gucken sollte. Dann kam ein Mädchen hinter dem Vorhang hervor, das eine mit roten Bändern verzierte Schärpe mit der Aufschrift DAS FEUER IM HAUS DES SIGNOR FERNANZE trug. Innerhalb der nächsten halben Stunde, während der Kerl weiter vor sich hin palaverte, verschwand sie regelmäßig hinter dem Vorhang, um mit verschiedenen Schärpen wieder aufzutauchen.
      Er fragte sich, ob und wie er aus dieser Situation einen Nutzen ziehen könne. Konnte man diesen Scheißhaufen als ein Theaterensemble bezeichnen? Waren sie eine Gruppe, die, wie sich das Mädchen bei Morris Angel ausgedrückt hatte, »rechtmäßig anerkannt« war? Wie könnte er das herausfinden? Er wünschte, er könne sich an irgend etwas aus seiner Unterhaltung mit dem Schauspieler erinnern, der ihm mit seinen Fotos weitergeholfen hatte. Man sparte eine Menge Zeit, wenn man den Leuten nur zuhörte, bis man die gewünschte Information hatte; aber jetzt erkannte er, daß es von Vorteil sein konnte, weiter zuzuhören, um sich das Gehörte für den späteren Gebrauch zu merken. Man wußte nie, wann es von Nutzen sein konnte.
      Jetzt waren beide zusammen auf der Bühne. Das Mädchen sang irgend etwas über einen ausgetrockneten Boden und die geschrumpfte Frucht im Schoß des Olivenbaums. Plötzlich hörte sie mitten im Satz oder, wie es Fenn vorkam, zwischen zwei Noten auf, und beide machten zur gleichen Zeit eine tiefe Verbeugung. So wie das Publikum nun mal war, klatschte es natürlich, und die beiden Schauspieler sprangen mit falscher Bescheidenheit und einem Es-sind-doch-nur-wir-Lächeln von der Bühne und mischten sich unter die Zuschauer.
      Fenn kratzte den Rest seines Hackfleischauflaufs zusammen und lief neben ihnen her. Beide Schauspieler riefen ihm ein gleichgültiges »Hi« zu. Sie waren mit den meisten der Zuschauer befreundet. Sie sprachen über die Olivenbauern in der Toskana in den frühen zwanziger Jahren und lamentierten darüber, wie sehr sie von Dichtern und Dramatikern gleichermaßen vernachlässigt worden wären. Fenn versuchte, die Aufmerksamkeit eines Mädchens am Rande der Gruppe auf sich zu ziehen.
      »Irgendwelche Aussichten auf... ähem ... einen Job bei dieser Theatergruppe. Ich mache -«, ein vergessen geglaubter Ausdruck fiel ihm wieder ein,» - im Moment eine künstlerische Ruhepause.«
      »Machen wir das nicht alle, mein Süßer? Da mußt du Garsteen fragen.«
      »Garsteen?«
      Mit dem Kopf wies sie auf die Vorhänge. »Er ist mit der Beleuchtung zugange. Oder im Büro. Das bleibt sich gleich. Weißt du, daß es kein Geld gibt? Es geht nur darum, sich bekannt zu machen.«
      »Ach ja ...

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