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Der neue Frühling

Der neue Frühling

Titel: Der neue Frühling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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fest an.
    Dann wurde Salaman weich, umfaßte die schmalen knochigen Schultern des Jungen mit dem Arm und sagte: »Aber das spielt keine Rolle. Soll er sein Spielzeug ruhig für sich behalten. Wir werden es auch allein ganz gut schaffen. Aber ich sage dir eins, mein Sohn, und gelobe es auch vor sämtlichen Göttern: Es wird das Heer von Yissou sein, und nicht das von Dawinno, das zuerst das Nest stürmen wird, und wenn es mich alles kosten sollte, was ich habe. Und ich werde die Königin mit eigener Hand töten. Ehe Thu-Kimnibol auch nur einen Blick auf sie werfen kann!«
    Und dann setzte der König stumm hinzu: Ich will dafür Sorge tragen, daß ich es meinem Gevatter Thu-Kimnibol heimzahle, wenn der Krieg vorbei ist. Doch vorläufig sind wir Verbündete und gute Freunde.
    Wieder einmal war einer der Tage, an denen Husathirn Mueri rotationsmäßig den Richterthron in der Basilika einzunehmen hatte. Da Thu-Kimnibol schon wieder einmal nicht in der Stadt weilte, mußten Puit Kjai und er sich täglich in der Routine abwechseln. Nicht daß sie beide in Amtspflichten ertrunken wären. Es gab kaum Prozesse, da die Stadt praktisch, bis auf die sehr Jungen und die sehr Alten, menschenleer war.
    Dennoch hockte er pflichtschuldig unter der großen Kuppel und war bereit, Recht zu sprechen, sollte jemand es von ihm verlangen. In den trödelig dahinstreichenden Stunden schweiften seine Gedanken nach Norden, wo zur selben Zeit der Krieg, den er verabscheute, im Gange war. Was geschah dort droben? Hatten die Hjjks Thu-Kimnibol schon niedergeschmettert? Sich diese Szene vorzustellen, das bereitete Husathirn Mueri ein gewisses Vergnügen: die Horden von schrillenden knirschenden Ungezieferlingen strömen in erbarmungslosen Sturzbächen von den Nordbergen herab und stürzen über die Eindringlinge nieder und zersäbeln sie zu Fetzen. Thu-Kimnibol bricht unter ihren Speeren zusammen und stirbt wie sein Vater vor ihm…
    »Deine Throngnaden?«
    Chevkija Aim war in die Basilika und in Husathirn Mueris Träumereien eingetreten. Der Hauptmann der Stadtwache hatte sich für diesmal mit einem Helm geschmückt, der mit geschwärzten Eisenplättchen geschindelt war und von dessen Flanken zwei grellblinkende goldene Klauen zu großer Höhe aufragten.
    »Irgendwelche anhängigen Fälle?« fragte Husathirn Mueri.
    »Bisher keine, deine Throngnaden. Aber einige Neuigkeiten. Die alte Boldirinthe hat sich ins Bett gelegt, und man sagt, sie wird wohl nicht wieder aufstehen. Unser Häuptling hat sich zu ihr begeben. Deine Schwester Cathiriil ist auch schon dort. Sie hat mich hergeschickt, damit ich dir Bescheid sage.«
    »Sollte ich nicht ebenfalls gehen? Ja. Ja, ich denke, das muß ich wohl. Aber erst wenn meine Sitzungsstunden in der Basilika abgesessen sind. Egal, ob Streitparteien kommen oder nicht, meine Pflicht ist es, hier zu sein.« Er lächelte. »Die arme alte Boldirinthe. Na ja, um die Wahrheit zu sagen, ihr letztes Stündlein ist ja eigentlich schon lang überfällig. Was meinst du, Chevkija Aim? Werden zehn starke Männer genügen, um sie zu Grabe zu tragen? Oder fünfzehn?«
    Der Wachhauptmann schien das nicht amüsant zu finden.
    »Sie ist die Opferfrau der Koshmari, Herr. Das ist ein hohes offizielles Amt, sagt man. Und sie war eine liebe und freundliche Frau. Ich selber würde sie tragen, wenn man mich dazu auffordert.«
    Husathirn Mueri wandte den Blick ab. »Meine Mutter war vor ihr die Opferpriesterin. Hast du das gewußt? Torlyri. Das war in der alten Zeit, in Vengiboneeza. Wer wird wohl jetzt Opferfrau werden, das würde ich gern wissen? Wird es überhaupt noch einmal eine geben? Hat überhaupt noch eine das Wissen und die Praxis für die Rituale und Gegenzauber?«
    »Wir leben in seltsamen Zeiten, Herr.«
    »Ja, wahrlich in seltsamen Zeiten.«
    Dann schwiegen beide.
    »Wie still es ist in der Stadt«, sagte Husathirn Mueri schließlich. »Alle sind sie fort, um in dem Krieg zu siegen. Außer uns beiden. Jedenfalls sieht es fast so aus.«
    »Unsere Pflicht erlaubte es uns nicht, Herr«, sagte Chevkija Aim taktvoll. »Auch in Kriegszeiten kann die Stadt nicht ohne Richter sein und ohne Polizei.«
    »Du weißt doch, ich habe gegen diesen Krieg votiert, Chevkija Aim.«
    »Dann ist es ja wohl bestens, daß deine Pflichten es dir unmöglich machten, mitziehen zu müssen. Du hättest kein guter Krieger sein können, bei deinen Überzeugungen.«
    »Und wenn du gedurft hättest, wärst du mitgegangen?«
    »Ich besuche jetzt unsere

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