Der Nine-Eleven-Junge - Bruton, C: Nine-Eleven-Junge - We can be heroes
sicher, dass das so nicht stimmen kann«, sagt Oma, aber sie ist kreidebleich geworden, und ihre Hände zittern.
»Doch, es stimmt, Mrs. Evans«, sagt Priti. »Dad sagt, es ist nur Zaras Schuld, dass Mik festgenommen wurde. Und Mum weint jetzt die ganze Zeit. Ich habe meine Eltern noch nie so wütend erlebt.«
»Tja, die Polizei wird deinen Bruder so schnell nicht wieder freilassen«, sagt Opa. »Jetzt glaubt jeder, dass er der Kidnapper ist. Dafür lynchen sie ihn mit Sicherheit.«
»Deshalb versuchen die Biker ihn ja zu belasten«, sagt Priti und tritt nervös von einem Fuß auf den anderen, als müsste sie dringend aufs Klo.
»In Polizeigewahrsam kann ihm nichts geschehen«, sagt Oma.
»Da wäre ich mir nicht so sicher«, brummt Opa.
Oma sieht ihn streng an. »Mach dem Mädchen keine Angst, Barry.«
»Angst habe ich sowieso schon«, sagt Priti. »Meine Geschwister können einem ziemlich auf die Nerven gehen, aber ich möchte nicht, dass jemand von ihnen umgelegt wird.«
»Seien wir mal nicht zu dramatisch«, sagt Oma. »Ich bin mir ziemlich sicher, nichts dergleichen wird passieren.«
»Und jetzt ist Shakeel auch noch weg.« Priti hopst noch immer herum. »Er sagt, er würde zur Moschee gehen und sich dann irgendwelche Radioteile kaufen, aber er ist schon seit Stunden weg, und niemand weiß, wo er steckt.«
»Er will noch mehr Radiobauteile besorgen?«, fragt Jed und hebt dabei bedeutsam die Stimme.
Priti nickt. »Er wollte später zu dem Gottesdienst in die Kathedrale, um zu zeigen, dass es der pakistanischen Gemeinde nicht gleichgültig ist, aber niemand weiß, wo er ist.«
»Radioteile!« , wiederholt Jed und starrt mich und Priti an.
Ein kurzes Schweigen tritt ein, ehe Priti sagt: »Oh, Scheißdreck!« Oma reißt die Augen auf, und Opa verschluckt sich fast an einem Stück Salat. »Du meinst doch nicht …«
»Das meine ich ganz bestimmt«, sagt Jed.
»Das geht mir jetzt ein bisschen zu schnell«, sagt Opa.
»Wovon redet ihr denn nur?« Oma sieht mehr denn je wie eine zerbrechliche alte Frau aus.
»Nichts, Oma«, sage ich. »Mach dir keine Gedanken darüber.«
»Shakeel würde das doch nicht wirklich tun, oder?«, fragt Priti. Sie sieht beunruhigt aus.
»Bist du bereit, einen Haufen Menschenleben darauf zu wetten?«, fragt Jed.
Priti sieht erst mich an und dann wieder Jed. Ausnahmsweise scheint sie die Dramatik nicht aufregend zu finden. »Du hast recht. Ich gehe lieber. Jemand muss ihn aufhalten.«
»Aber was ist mit deinen nassen Sachen?«, fragt Oma besorgt.
»Ich muss wirklich zurück. Aber danke, Mrs. Evans.«
»Bist du sicher, dass du nicht noch ein bisschen bleiben möchtest?«
»Sie muss wirklich gehen, Oma«, sage ich.
»Gut«, sagt Oma, während Jed Priti schon zur Tür hinausschiebt.
»Sobald Shakeel zurückkommt, musst du ihn beschatten«, sagt Jed zu Priti, während wir uns alle auf die Terrasse drängen. »Und schick uns eine SMS , sobald er etwas Verdächtiges tut.« Sein Gesicht leuchtet auf, als ihm etwas einfällt. »Ich wette, der Gottesdienst heute Abend ist das Ziel«, sagt er. »Überlegt nur, die vielen Christen an einem Ort … eine ganze Kathedrale in die Luft zu jagen … das wäre doch das Höchste für einen Islamisten, oder? Dafür würde er eine Menge Jungfrauen bekommen!«
Priti nickt, aber sie hat einen abwesenden Ausdruck in den Augen. Sie hält eine Sekunde inne, ehe sie die Tür zu den vor dem Haus wartenden Medien öffnet. »Glaubt ihr, er ist wirklich ein … ihr wisst schon … ein Selbstmordattentäter?«
»Schon, denke ich«, sagt Jed, und fast ist es, als würde er sich wünschen , es wäre wahr.
»Und du, Ben?«, fragt mich Priti.
»Vielleicht«, antworte ich und frage mich hinterher, warum ich es gesagt habe – es muss etwas damit zu tun haben, lieber auf Nummer sicher zu gehen, denke ich.
»Also gut. Falls irgendetwas geschieht, schicke ich Jed eine SMS.«
Dann ist sie fort, und es ist zu spät, um noch hinzuzufügen, dass ich mir nicht sicher bin.
Den ganzen Nachmittag verbringen Jed und ich damit, das Haus der Muhammeds mit dem Fernglas zu beobachten. Shakeel kommt gegen 16 Uhr zurück, aber danach kommt oder geht eine Ewigkeit lang niemand, und wir hören nichts von Priti. Mir wird allmählich ein bisschen langweilig, und ich vermute, den Kameraleuten vor dem Haus der Muhammeds ergeht es ähnlich, doch Jed zeigt aus irgendeinem Grund keine Unruhe, und das ist für ihn sehr ungewöhnlich. Er starrt einfach durch das Fernglas auf
Weitere Kostenlose Bücher