Der Nine-Eleven-Junge - Bruton, C: Nine-Eleven-Junge - We can be heroes
sehen. Sie sieht uns am Fenster stehen und winkt uns wild zu, bis ihre Mutter ihr befiehlt, damit aufzuhören und in den Wagen zu steigen.
»So was hab ich noch nie erlebt!«, ruft Opa, der mit uns durch das Wohnzimmerfenster zusieht.
»Hättest du auch nicht erleben sollen, Dad. Wirklich nicht!«, sagt Onkel Ian, der über Nacht geblieben ist und jetzt in Opas Sessel sitzt, die Zeitung liest und sich weigert zuzugucken. »Wir sind in Birmingham, nicht in Bombay.«
Ich ziehe mein Skizzenbuch aus der Tasche. Ich habe einen neuen Bombenjäger-Comic angefangen, in dem Jed-Eye, Ben-D und Lil’ Priti den Messerstecher jagen, der Lil’ Pritis Cousin ins Krankenhaus gebracht hat. Ich zeichne Priti in ihrem Tutu und mit einem übergroßen Paar Heelys, wie sie einen Skinhead auf einem großen Motorrad mit einem Karatetritt ausschaltet.
Opa erzählt Onkel Ian von der Party, die morgen auf der Straße stattfindet.
»Morgen schmeißt ein Haufen Moslems eine Party in der Sackgasse?«, fragt Onkel Ian.
»Das machen sie eben«, sagt Opa. »Ein Brauch oder so was.«
»Um eine Verbindung zwischen den beiden Familien herzustellen«, fügt Oma hinzu.
»Und dafür brauchen sie die ganze Straße?«
»Sie weiten ihre Gastfreundschaft auf alle Nachbarn aus«, sagt Oma.
»Die machen keine halben Sachen«, sagt Opa. »Vorhochzeitspartys. Nachhochzeitspartys. Das muss ein Vermögen kosten.«
»Für wen halten die sich eigentlich?«, fragt Onkel Ian. »Für die Gutsherren, die eine Party für die armen weißen Pächter schmeißen?«
»Das ist Tradition«, sagt Oma. »Ich freue mich schon darauf.«
»Vielleicht ist es Tradition, wo sie herkommen, aber nicht hier. Wenn sie Briten sein wollen, dann sollten sie sich auch verhalten wie Briten. Was ist denn so falsch an einem weißen Kleid und einer Party in einem feinen Hotel?«
»Ich mag diese bunten Kleider lieber«, sagt Oma. »Und das Essen bei indischen Hochzeiten soll großartig sein.«
»Schön und gut, aber vergessen wir doch eines nicht«, sagt Onkel Ian. »Das sind die Leute, die deinen Sohn auf dem Gewissen haben.«
Ich höre auf zu zeichnen. Oma wird blass, und ihre Hände fangen an zu zittern.
»Bevor du also weiter von guter Nachbarschaft schwärmst, denk mal daran, dass diese Bande Flugzeuge in Hochhäuser lenkt, ja?«, fährt er fort.
Ich sehe Papierflugzeuge, zusammenbrechende Ziegeltürme und Menschen, die wie Blätter zu Boden fallen.
»Und alles nur, damit sie auf der Hochzeit Curry fressen und dämliche rote Saris tragen können. Der Himmel verhüte, dass ihre Töchter ein weißes Kleid tragen wie eine Engländerin. Sie geben sich keinerlei Mühe, sich in die Traditionen des Landes einzufügen, das ihnen die Seide und die Gewürze bezahlt, und du bist noch froh, dass sie sich die Straße aneignen, auf der du wohnst, und dass es überall nach ihrem Bombay-Fraß stinkt!«
Oma sieht richtig verärgert aus. »Die Muhammeds haben nichts zu tun mit dem, was Andrew geschehen ist«, sagt sie leise. Sie hält jetzt die Hände still.
»Das kannst du gern denken, wenn du willst«, sagt Onkel Ian. »Aber von meinem Standpunkt aus ist jeder einzelne Moslem auf der Welt mitverantwortlich für das, was meinem Bruder angetan wurde.«
»Es ist nur für einen Tag«, sagt Oma. Sie hat sich vom Fenster abgewandt und ist den Tränen nahe.
»Es ist der erste Schritt«, sagt Onkel Ian.
»Das reicht jetzt, Ian«, sagt Opa. »Du setzt deiner Mutter zu sehr zu.«
Zum ersten Mal erlebe ich, wie jemand Onkel Ian in die Schranken weist, und seinem Gesicht nach zu urteilen gefällt es ihm überhaupt nicht.
Aber er sagt kein Wort.
Onkel Ian nimmt Jed mit zu einem Treffen seiner Kollegen aus dem Bombenkommando.
Oma glaubt, sie gehen bowlen. Opa schaut sich irgendeine Talkshow mit Lügendetektoren an.
Oma schlägt mir vor, dass wir außer der Reihe einen Vormittagskakao trinken. Sie sieht müde aus, deshalb mache ich den Kakao, während sie am Küchentisch sitzen bleibt.
»Ich habe noch ein Foto von deinem Dad für dich aus der Zeit, als er ungefähr in deinem Alter war«, sagt sie, greift in ihre Strickjacke und reicht mir einen Briefumschlag. Ich mache das Kuvert nicht auf. »Du siehst ihm furchtbar ähnlich.«
»Danke«, sage ich. Ich stelle die Tassen mit dem Kakao auf den Tisch, setze mich und starre auf den Umschlag. Ich mache ihn nicht auf.
»Über ein paar andere Dinge habe ich auch nachgedacht«, fährt Oma fort. »Über die Punkte auf deiner Liste, was du über
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