Der Nine-Eleven-Junge - Bruton, C: Nine-Eleven-Junge - We can be heroes
wenn sie in Jeans und dergleichen ganz anders aussehen), und alle Nachbarn sind da. Einige Leute kenne ich aus den Läden auf der Promenade, aber viele habe ich noch nie zu Gesicht bekommen. Oma und Opa reihen sich ein, und Stevies Eltern ebenfalls (obwohl der Radiosprecher gesagt hat, dass sie bald entbinden wird und lieber die Füße hochlegen sollte, als diese Strapaze auf sich zu nehmen).
Priti hat ein kleines tragbares Radio dabei, das Shakeel gehört, und wir hören, was die Reporter über die Suche berichten, während wir zusehen. Sie sagen Dinge wie: »Stevies Eltern ist die Belastung anzusehen« und »Mit jedem verstreichenden Tag sinken die Chancen, ihre Tochter lebend wiederzusehen«. Währenddessen filmen die Fernsehkameras, wie Mr. undMrs. Sanders einander an den Händen halten, während sie den Park durchqueren. Ich glaube, Reporter mögen das Düstere und Unheilträchtige fast genauso sehr wie Opa.
Sogar Tyreese und die anderen Biker sind da. Priti sagt, dass sie vermutlich zum ersten Mal in ihrem Leben mit der Polizei zusammenarbeiten.
Die Polizeibeamten stellen die Freiwilligen in einer langen Reihe auf. Mit dem Rücken zum Zaun müssen sie sich ganz langsam vorwärtstasten, den Blick immer auf den Boden gerichtet, auf der Suche nach Hinweisen.
»Ich habe so was schon mal bei CSI gesehen«, sagt Priti.
»Was meinst du, wonach suchen sie?«, frage ich.
»Fußabdrücke, Blut oder Patronenhülsen oder so was«, antwortet sie.
»Wo sollen denn Patronenhülsen herkommen?«
»Was weiß ich? Vielleicht gab es eine Schießerei!«
»Hätten wir dann nicht Schüsse gehört?«
Sie überlegt kurz. »Wahrscheinlich schon. Ich weiß nicht genau, wie laut Schüsse sind.«
Ich bin ganz verdattert mitzuerleben, wie Priti eingesteht, etwas nicht zu wissen. »Ich dachte, Schusswaffen sind bei uns sowieso illegal«, sage ich.
»Das bedeutet noch lange nicht, dass niemand eine hat«, erwidert Priti. »In britischen Großstädten stellen Verbrechen mit Schusswaffen ein zunehmendes Problem dar«, sagt sie und klingt dabei wieder, als zitierte sie etwas, das sie gelesen hat.
Der Park ist ziemlich groß, und die zivilen Helfer durchkämmen den Spielplatz und die Fußballfelder, während die Polizei in dem bewaldeten Stück sucht. Die Polizisten haben große Hunde dabei.
»Spürhunde«, sagt Priti. »Damit werden sie ganz schnell merken, dass Zara dort gewesen ist.«
»Was passiert dann?«, frage ich.
»Keine Ahnung«, sagt Priti. Sie knibbelt sich ein Stück leuchtend rosa Nagellack ab und scheint sich überhaupt nicht dafür zu interessieren, was mit ihrer Schwester wird. Heute ist sie als Emo-Goth gekleidet – also jede Menge Schwarz und Jeans, die ihr zu groß sind –, »aus Respekt für Stevie«. (Ich möchte sie am liebsten darauf hinweisen, dass sie die Kleine nie leiden konnte, aber ich lasse es bleiben.)
»Was malst du da?«, fragt sie und schaut mir über die Schulter.
Ich gebe ihr den neuesten Bombenjäger-Comic.
»Jed-Eye wird von der verrückten Terroristin Big Momma gefangen gehalten«, sagt Priti. »Das gefällt mir! Ich will, dass Lil’ Priti ihn retten muss.«
»Jed wird sich total darüber aufregen«, sage ich.
»Genau.« Sie grinst. Ihr schwarzes Top ist mit kleinen rosafarbenen Peace-Symbolen bedeckt und zeigt eine Aufschrift in funkelnden pinkfarbenen Buchstaben: WEG MIT DER BOMBE! – sie haben die gleiche Farbe wie ihr abblätternder Nagellack. Ich frage mich, was Shakeel wohl davon hält.
»Wie geht es Mik?«, frage ich.
»Der Arzt meint, er könnte angebrochene Rippen haben«, sagt Priti und lässt Nagellackflocken auf die blanken Holzbohlen fallen.
»Wirklich?«
»Und sein Gesicht ist übel zugerichtet.« Sie zieht eine Fratze, die vermutlich Mik darstellen soll.
»Weißt du, was passiert ist?«
»Er wollte mit niemandem reden außer mit Zara. Hast du jetzt endlich von deiner Mum gehört?«
Ich sehe auf die Holzbohlen, die mit rosa Flocken übersät sind, die aussehen wie Hautschuppen. »Warum sollte ich?«
»Jed hat gesagt, sie ist raus aus dem Krankenhaus.«
Woher weiß Jed davon? Hat Oma es ihm gesagt?
»Ja, seit gestern«, antworte ich, blase die rosa Lackflocken weg und zeichne mit dem Finger die Holzmaserung nach.
»Und?«
»Und was?« Ich folge mit dem Finger noch immer den Wellen im Holz. Ich finde ein Gesicht und eine Hand.
»Wann gehst du wieder nach Hause?«
»Weiß nicht.« Ich sehe nicht auf.
»Das ist ja Mist«, sagt Priti und steht auf. Eine Wolke
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