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Der Nobelpreis

Der Nobelpreis

Titel: Der Nobelpreis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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dass die alle Zeitungen unter Kontrolle haben. Stell dir doch mal vor, was das für ein Aufwand wäre! Dazu die Fernsehsender, all die Radiosender, die es gibt … Und was ist mit dem Internet? Heutzutage kann jeder alles, was er will, ins Internet stellen. Weltweit verbreiten. Verdammt, du kannst den Stundenplan meiner Schule von Honululu aus abfragen, wenn du willst.«
    »Wenn jeder alles veröffentlichen kann, wird die einzelne Mitteilung untergehen, schätze ich«, sagte ich und hob, als sie zu einer Erwiderung ansetzen wollte, die Hände. »Okay, zugegeben. Ich kenne mich damit nicht aus. Die schwedische Krone will nicht, dass Knackis E-Mails schreiben und nach Belieben umhersurfen oder wie man das nennt. Im Gefängnis geht es darum, die Freiheiten des Einzelnen einzuschränken, nicht wahr? Also, lassen wir das. Es streut sowieso nur Salz auf meine Wunden.«
    Weil sie mich daraufhin so merkwürdig ansah, erzählte ich ihr von Dimitri und meinen Versuchen, ihn ausfindig zu machen. Der russische Pope kam dabei schlecht weg, fürchte ich.
    »Orthodoxe Kirche?«, wiederholte Birgitta und kniff die Augen zusammen. »Wenn mich nicht alles täuscht, gibt es in Stockholm aber noch andere orthodoxe Kirchen.«
    Ich horchte auf. Einer dieser Momente, in denen das innere Minensuchgerät anschlägt. »Bist du sicher? Ich hätte gewettet, dass es nur russisch-orthodox oder griechisch-orthodox gibt.«
    »Nein, nein. Wir hatten da mal eine Schülerin …« Sie ging zum Schreibtisch, zog ein dickes Buch hervor und fing an zu blättern.
    »Im Telefonbuch findest du nichts«, meinte ich. »So schlau war ich selber schon.«
    »Nein, das ist ein Verzeichnis kultureller, religiöser und sonstiger Einrichtungen. Speziell für Lehrer. Hier«, sagte sie. »Es gibt noch eine syrisch-orthodoxe Kirche. In Hallonbergen.«
    Fünf Minuten später war ich schon unterwegs.
     
    Hallonbergen gehört noch zu Sundbyberg, liegt aber an einem anderen Ast der blauen Tunnelbana, die sich nördlich von Västra Skogen verzweigt. So musste ich sechs Stationen mit der U-Bahn fahren, obwohl es Luftlinie höchstens ein Kilometer war.
    Dafür fand ich die Kirche auf Anhieb. Man brauchte nur aus der U-Bahnstation auf den Vorplatz zu treten, dann lag sie auf der anderen Seite, ein unübersehbarer großer Bau aus weißen Ziegeln. Syrisch-orthodoxe Kirche St. Peter stand in großen Bronzelettern darauf.
    Es war Sonntag, doch der Gottesdienst war schon vorbei. Ich strich um das Gebäude, spähte durch schießschartenartige Fenster ins Innere, sah jedoch nichts und traf auch niemanden, den ich nach Dimitri hätte fragen können. Sollte ich klingeln? Ich beschloss, vorsichtig zu sein und erst einmal die Umgebung genauer in Augenschein zu nehmen.
    Aus der U-Bahn-Station gelangte man in ein Einkaufszentrum, das Hallonbergen Centrum, in dem am Sonntag natürlich nicht viel los war. Trotzdem schaute ich es mir genauer an. Es verriet allerhand über die soziale Struktur des Stadtteils: Die in den Schaufenstern ausgestellten Waren wirkten entweder wie billige Massenprodukte oder waren hinter schweren Gittern gesichert oder beides. Es gab ein arabisches Reisebüro, auch der Supermarkt war außer auf Schwedisch auf Arabisch beschildert, und die meisten der Menschen, denen ich begegnete, hatten dunkle Hautfarbe.
    Eine Gaststätte im ersten Stock hatte geöffnet. Ein paar Tische standen davor, an einem davon saß Dimitri in seinem uralten längs gestreiften Pullover und seiner abgeschabten Felljacke und machte kugelrunde Augen, als er mich kommen sah.
    » Da njet! Was machst du denn hier?«, rief er aus und schaute völlig verwirrt immer wieder auf seine Uhr. »Und welches Jahr schreiben wir?«
     
    Keine halbe Stunde später hockten wir in Dimitris Bude. Er bewohnte eine Zweizimmerwohnung fünf Minuten vom Einkaufszentrum und der Kirche entfernt, in einer großen Wohnanlage, auf deren Klingelbrett kein einziger schwedisch klingender Name stand.
    Wie ich es nicht anders erwartet hatte, wurde sein Wohnzimmer von einem guten Dutzend dicker Computer mit Beschlag belegt, die alle eingeschaltet waren, einen Höllenlärm machten und ordentlich Wärme produzierten. Neben den Tischen mit den Computern bestand das Mobiliar aus einem Bücherregal, einem löchrigen Polstersessel in der Ecke und einem dicken Bürostuhl auf Rollen. Dimitris Platz. Ich musste auf Schaumstoffkrümeln und Brotresten sitzen.
    »Für Heizung und so zahlst du sicher fast nichts, oder?«, meinte ich.
    »Schön

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