Der Novembermörder
das Gesetz. Aber sie braucht das Geld nicht und will nichts mit der Familie von Knecht zu tun haben. Können wir nicht sie und Jonas aus den offiziellen Presseerklärungen raushalten?«
Letzteres fragte sie Andersson mit einem fast flehenden Tonfall. Er sah sie überrascht an, nickte dann aber kurz.
»Wir werden uns erst mal auf deine Intuition verlassen, solange nichts Gegenteiliges auftaucht. Soweit ich verstanden habe, wird Jonas nicht abhauen. Und seine Mutter ja wohl auch nicht«, sagte er grob.
Energisch schlug er erneut mit der Handfläche auf den Tisch, worauf sein Becher umkippte und der letzte Schluck Kaffee über den Bericht floss. Mit einem Seufzer stellte Irene fest, dass sie ihn jetzt vollkommen neu ausdrucken musste. Andersson merkte nichts davon, er wandte sich Tommy zu.
»Tommy, was hast du über Lillis rausgekriegt?«
»Wir haben uns die Sache aufgeteilt, Fredrik und ich. Ich habe mich auf das Haus in der Berzeliigatan konzentriert, Fredrik auf Lillis. Ich habe nicht mal seinen Schatten gesehen. Aber wie ich Fredrik kenne, kommt von ihm noch ein vollständiger Bericht. Und wenn auch erst zur Morgenbesprechung am Montag.«
Andersson setzte plötzlich eine verschmitzte Miene auf und unterbrach Tommy.
»Ich habe da eine interessante Sache, die Birgitta gestern bei ihrem Verhör aus Bobo Torsson herausgekriegt hat.«
Er hielt inne, ihm fiel der gestrige hitzige Schlagabtausch zwischen Jonny und Birgitta ein. Aber er beschloss, nichts davon zu erzählen. Stattdessen schilderte er lebhaft, wie Birgitta Torsson verhört hatte. Nicht zuletzt dessen Angriff auf Birgittas intimere Körperteile empörte die Anwesenden. Aber als der Kommissar seinen letzten Trumpf ausspielte, sahen sie ihn fast ungläubig an. Als ob er sie anlügen würde.
»… und zum Schluss kam heraus, dass Torsson im Augenblick bei Lillis wohnt. Er und Lillis sind nämlich Cousins!«
Er konnte mit dem Effekt seiner Worte zufrieden sein. Gleichzeitig musste er zugeben, dass die Tatsache, dass der Modedrogen konsumierende Modefotograf und der berüchtigte Raufbold nahe Verwandte waren, die Sache kaum vereinfachte. Er seufzte aus vollem Herzen und sagte zum tausendsten Mal während der letzten Tage: »Was für ein Wirrwarr! Hängt hier eigentlich alles zusammen oder rennen wir nur sinnlos herum und jagen Phantomen auf Grund irgendwelcher unbedeutender Hinweise nach?«
»Ich finde, es läuft eigentlich wie meistens bei Mordermittlungen. Neunzig Prozent unserer Zeit sind wir hinter Hinweisen her, die keinen Pups mit dem Fall zu tun haben.
Routineüberprüfungen, wir verfolgen jede Menge von Andeutungen, überprüfen Zeugenaussagen, checken Zeitangaben und so weiter. Also, ich finde, es läuft eigentlich wie immer«, meinte Tommy.
Er verdrehte dabei die Augen und die anderen mussten lachen. Alle wussten nur zu gut, dass das hier kein Routinefall war. Andersson wandte sich Hannu zu: »Was hast du über Pirjo herausgekriegt?«
»Ich habe ihre Röntgenbilder vom Zahnarzt. Sie war vor einem halben Jahr mit Zahnschmerzen beim Notfallarzt in Angered. Der Zahn wurde gezogen, denn sie wollte keine Wurzelbehandlung.«
Andersson beugte sich interessiert zu ihm vor und fragte: »Und wo sind die Bilder jetzt?«
»In der Pathologie.«
»Prima! Dann werden wir bald erfahren, ob es wirklich Pirjo ist, die da liegt. Aber wir können wahrscheinlich davon ausgehen. Noch was?«
»Ja. Ich habe Nachricht aus Helsinki erhalten. Sie wurde mal wegen auffälligem Benehmen nach zu starkem Alkoholgenuss und Schmuggel gemeinsam mit ihrem früheren Mann festgenommen. Dem Vater der Jungen. Er hat ein Jahr Gefängnis gekriegt. Im Gefängnis wurde er von einem Mitgefangenen wegen Spielschulden niedergestochen und ist daran gestorben. Über Marjatta gibt es nur die Notiz: Vater unbekannt.«
»Saß Pirjo auch im Gefängnis?«
»Nein. Sie hat Bewährung gekriegt, wegen der Kinder. Nur ein Jahr danach hat sie Göte Larsson geheiratet und ist nach Schweden gezogen.«
»Dann ist das drei Jahre her?«
»Genau.«
»Und der lebt jetzt in Malmö mit einer Polin zusammen.«
»Stimmt.«
Sie diskutierten noch eine Weile hin und her, ohne wirklich weiterzukommen. Gerade als Andersson aufgestanden war, um in sein Büro zu gehen, ging die Tür auf, und ein uniformierter Polizist steckte seinen Kopf herein. Es war Hans Stefansson von PO1. Er grüßte sie fröhlich: »Guten Morgen! Andersson, ich soll dir nur sagen, dass wir Bobo Torsson nicht gefunden haben. Lillis hat
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