Der Novembermörder
uns zum Teufel gewünscht, als wir in seiner Wohnung nach Torsson suchen wollten. Sollen wir eine Hausdurchsuchung beantragen?«
Andersson verzog unbewusst sein Gesicht zu einer missbilligenden Fratze. Irene wusste, warum. Dann wäre er nämlich gezwungen, Verbindung mit der zuständigen Staatsanwältin aufzunehmen, Inez Collin. Aber nach einigen inneren Kämpfen gab er klein bei. Er nickte.
»In Ordnung. Warte ’ne Weile, ich werde versuchen das hinzukriegen«, erklärte er.
Tommy sah ihn verwundert an: »Warum ist die Sache mit Torsson so wichtig?«
»Gewalt gegen Polizeibeamte. Er hat Birgitta ernsthaft bedroht. Ich fühle mich ruhiger, wenn ich den kleinen Bobo im Blick habe. Und wenn er weiß, dass ich das habe. Denk dran, er ist Lillis Cousin. Es besteht das Risiko, dass er einige seiner Freunde schickt. Und es gibt immer irgendwelche Schurken, die so einem einen Gefallen schuldig sind. Warum sich dann nicht das Vergnügen machen und einen Polizeibeamten aufmischen? Und dann noch einen weiblichen!«
Seine Gesichtsfarbe war wieder dunkler geworden, und er sah seine Inspektoren mit ernster Miene an. Nachdenklich fuhr er fort: »Einer von euch muss die Patrouille begleiten, die Torsson holen will. Auch wenn wir ihn nicht in der Wohnung finden, kann man sich ja zumindest ein Bild von der Lage machen. Tommy, übernimmst du das?«
»In Ordnung.«
»Und denk dran, vorsichtig zu sein. Lillis hat schon früher auf Polizisten geschossen.«
Irene lag eine Frage auf den Lippen.
»Warum um alles in der Welt stellt sich einer der größten Feinde der Gesellschaft in einen kleinen Zigarettenladen?«
»Berechtigte Frage, leider habe ich keine gute Antwort auf sie. Aber denkt an meine Worte: Wenn er sich dort einnistet, dann liegt da etwas im Argen!«
Der Kommissar sah finster und entschlossen drein. Niemand widersprach ihm.
Sobald die anderen ihr Zimmer verlassen hatten, suchte Irene die Telefonnummer von Marstrand heraus. Genau wie Jonny Blom wurde sie mit dem Verwalter verbunden.
Eine weibliche Stimme antwortete: »Svensson.«
»Guten Tag, Inspektorin Irene Huss. Ich suche eigentlich Sylvia von Knecht. Kann ich sie bei Ihnen erreichen?«
»Sie ist mit meinem Mann draußen und bewegt die Pferde. Sie werden frühestens in einer Stunde zurück sein.«
»Könnte ich dann mit Henrik von Knecht sprechen?«
»Leider kann ich das Gespräch nur zum großen Haus durchstellen. Im kleinen Haus gibt es kein Telefon.«
»Haben Sie vielleicht seine Handynummer?«
»Nein, leider nicht.«
Die Verwalterfrau versprach mit freundlicher Stimme, Frau von Knecht von dem Anruf zu unterrichten.
Schlecht gelaunt warf Irene den Hörer hin. Henriks Handynummer stand sonderbarerweise auch nicht im Telefonbuch. In Ermangelung anderer Möglichkeiten nahm sie sich alles vor, was in letzter Zeit liegen geblieben war. Sorgfältig sortierte sie, schrieb Berichte und archivierte diverse Zeugenaussagen. Als das Telefon klingelte, zuckte sie zusammen. Bei einem schnellen Blick auf die Uhr stellte sie fest, dass es fast zwei Stunden her war, seit sie versucht hatte Sylvia zu erreichen.
»Irene Huss.«
»Sylvia von Knecht. Anita Svensson hat mir gesagt, Sie hätten nach mir gefragt. Worum geht es?«
Es war ihrer Stimme anzuhören, dass Irene gern alle Höflichkeitsfloskeln und Einleitungsphrasen überspringen konnte. Irene griff den Ton auf.
»Wir haben Hinweise darauf, dass es einen vierten Satz Schlüssel gibt. Wissen Sie etwas davon?«
»Nein, das habe ich Ihnen doch bereits gesagt! Es gibt keine anderen Schlüsselbunde als die drei, die ich Ihnen gezeigt habe.«
Mit einer gewissen Sorgfalt wählte Irene jedes einzelne Wort, als sie fortfuhr: »Aber wir glauben, dass es einen gibt. Und dass der Mörder Zugang zu diesen Schlüsseln hat. Sowie zu den Reserveschlüsseln zur Garage und zum Porsche.«
Es entstand eine lange Pause. Irene konnte Sylvias schnellen Atem am anderen Ende der Leitung hören. Schließlich fragte sie, immer noch in abweisendem Ton: »Und was lässt Sie glauben, dass es noch andere Schlüssel gibt?«
Irene verwies auf die Zeugenaussage, wonach der Porsche in der Freitagnacht in der Berzeliigatan gesehen wurde. Sylvia hatte ja selbst ausgesagt, dass Richard zu diesem Zeitpunkt als Fahrer vollkommen außer Betracht fiel. Also hatte jemand Schlüssel sowohl zur Garage in der Molinsgatan als auch zum Wagen. Und dieser jemand hatte außerdem Zugang zu den Schlüsseln für die verschlossenen Türen, sowohl in der
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