Der Novembermörder
wuchtigen Ledersessel Platz zu nehmen. Der Geruch von neuem Leder stach ihr scharf in die Nase. Es waren schwere, glänzende und offenbar ganz neue Ledermöbel. Zwei Sofas und vier Sessel. Der Glastisch war der größte, den Irene je gesehen hatte, er erinnerte sie an einen achteckigen Swimmingpool. In dem großen offenen Kamin aus grünlichem Marmor und schwarzem Schiefer knisterte ein Feuer. Zu beiden Seiten des Kamins ragte ein hoher Schrank mit glänzenden Glastüren hoch. Hinter den Scheiben waren Silbergegenstände zu erkennen. Große Bilder in schweren Goldrahmen erinnerten deutlich an die Kunst oben bei den von Knechts. Er besaß sogar ein ähnliches farbenprächtiges Monster wie das, welches bei den von Knechts in der Bibliothek an der Wand hing. Nur war das bei den von Knechts grün und dieses hier blau. Am anderen Ende des Raumes thronte ein großer Esstisch mit zwölf Stühlen. Darüber hing ein schwerer Kronleuchter. Der Widerschein von tausenden von Prismen streute sich über das ganze Zimmer.
Valle Reuter ging zur Wand und drehte an einem kleinen runden Knopf. Langsam erlosch die Beleuchtung, und mit einer schnellen Drehung in die entgegengesetzte Richtung war der Raum wieder in Licht gebadet.
»Das haben sie heute angebracht. Dimmer heißt das.«
Mit einem Ausdruck höchster Zufriedenheit regulierte er das Licht wieder auf ein angenehmes Niveau.
»Ihrer Freundin wird die Wohnung bestimmt gefallen, davon bin ich fest überzeugt.«
Irene sagte das voller ehrlicher Überzeugung, denn es war wirklich sehr gemütlich hier im Raum.
»Das glaube ich auch. Alles ist neu! Ist alles heute erst geliefert worden.«
»Alles?«
»Ja, außer den Gemälden und Teppichen. Die Dinge hat Henrik für mich eingekauft. Investitionen. Der Kronleuchter ist auch alt, sehr alt, aber gut renoviert. Die Möbel sind neu. Sie sind die Erste, die auf ihnen sitzt.«
»Und das haben Sie alles nur gekauft, weil Ihre Freundin zum ersten Mal herkommt?«
Er warf ihr einen langen Blick zu und nickte ein paar Mal feierlich, bevor er antwortete: »Sie hat am Dienstag meinen Antrag angenommen. Ich habe mich so gefreut! Denn es sah doch alles nur noch rabenschwarz aus. Es waren schlimme Jahre … einsam … und dann das mit Richard. Als Gunnel jetzt Ja gesagt hat, da hatte ich das Gefühl, als würde auch für mich wieder ein Licht leuchten. Ich traue mich kaum, es zu glauben. Und jetzt habe ich beschlossen, ein neues Leben anzufangen. Weg mit all den alten hässlichen Möbeln, die Leila einmal ausgesucht hat. Und im Putzen bin ich nicht so besonders gut … es war schon etwas schmutzig hier. Aber das Problem hat die Reinigungsfirma gelöst. Obwohl, ich musste das Doppelte bezahlen, weil es so schnell gehen musste. Aber das war es auch wert. Und vorgestern war ich in dieser Möbelgalerie in der Östra Hamngatan. Ich habe mir ausgesucht, was ich haben wollte. Einiges hatten sie nicht auf Lager, aber da habe ich die Schaufenstermodelle genommen. Den Esstisch und eins der Sofas. ›Die müssen spätestens am Freitagabend bei mir sein‹, habe ich denen erklärt. Das hat eine ganze Stange Geld gekostet, dieses ganze Zeug. Aber es ist auch jede einzelne Öre wert! Und die alten Möbel habe ich der Inneren Mission geschenkt. Die haben alles gestern abgeholt. Darf ich Ihnen ein Gläschen anbieten? Nein, na, dann nicht.«
Er sah enttäuscht aus, fast wie ein Mops, der eine Leckerei erwartete, und nun keine bekam.
»Wir dürfen keinen Alkohol im Dienst trinken«, sagte Irene.
»Aber es ist doch sieben Uhr an einem Freitagabend!«
»Und ich bin im Dienst.«
»Oh.«
»Und deshalb bin ich ja auch hier. Aber ich möchte Ihnen wirklich zu den neuen Möbeln gratulieren. Und Ihnen viel Glück für Ihr neues Leben wünschen, zusammen mit Gunnel.«
Valle begann wieder zu strahlen.
»Oh, vielen Dank! Sie sind die Erste, die davon erfährt. Sonst weiß es noch niemand. Sylvia war ja bei mir und hat gefragt, ob ich ausziehen will, aber die habe ich abblitzen lassen. Was die sich erlaubt! Und meinen Sohn interessiert das sowieso nicht. Gunnel und ich werden uns hier morgen Abend heimlich verloben. Das ist wohl am besten so, nach der Sache mit Richard. Und zu Ostern wollen wir heiraten!«
Die ganze runde Gestalt strahlte vor Glück. Irene beschloss, dass es langsam an der Zeit war, auf ihr eigentliches Anliegen zu sprechen zu kommen. Sie räusperte sich leicht und sagte dann: »Ich würde gern noch einige zusätzliche Fragen zu dem Dienstag
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