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Der Novembermörder

Der Novembermörder

Titel: Der Novembermörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Tursten
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den heißen Brei herumzureden, um Zeit zu sparen. Mit einer Spur von Lächeln in der Stimme fragte sie: »Hat er versucht, Sie auch zu verführen?«
    Arja schürzte die Lippen, und dann zeigte sie ein freches, weiches Lächeln. »Vor fast zwanzig Jahren. Aber bei mir kommt sein Charme nicht an. Ich will es gleich offen sagen, ich bin lesbisch.«
    Irene zuckte zusammen. Das hatte sie nicht erwartet. Arja sagte trocken: »Ich lebe seit vielen Jahren in einer festen Beziehung. Aber weder Mama noch Sylvia wollen Siirka akzeptieren. Sie darf nicht zu Familienfesten mitkommen. Wie Hochzeitstage oder Beerdigungen. Aber sie kann meistens auch gar nicht. Denn sie ist Lehrerin und kann sich nur schwer freimachen.«
    Kurz flogen Irenes Gedanken zu Mona und Jonas Söder in Stockholm. Wie es ihnen wohl ging?
    Irene konzentrierte sich wieder und versuchte die richtigen Fragen zu stellen.
    »Sie sind Journalistin?«
    »Ja. Freie. Ich bin selbstständig.«
    »Können Sie mir von dem Fest erzählen? Von dem Sylvia nicht wollte, dass Sie etwas davon sagen.«
    Arja holte tief Luft, und eine unruhige Sekunde lang befürchtete Irene, dass Arja ihre Offenheit bereute. Aber dann begann sie doch zu erzählen: »Es geht um Richards sechzigsten Geburtstag im Sommer. Zu dem Fest hatte er viele Leute eingeladen. Es war warm und schönes Wetter, bis tief in die Nacht. Aber gegen zwei Uhr wurde ich müde und wollte mich ins Bett schleichen. Mutter und ich hatten jeweils ein Zimmer in dem Gästehaus. Mutter war gut drauf und tanzte die ganze Zeit. Sie hatte sich tagsüber eine Stunde hingelegt. Sie geht schrecklich gern auf Feste! Aber ich konnte die Augen nicht mehr offen halten. Zu viel Wein und Champagner. Die Gäste sollten zu den verschiedenen Hotels in Göteborg gefahren werden, Wagen waren bestellt, aber sie sollten erst gegen drei Uhr kommen. Niemand würde mich vermissen, wenn ich mich davonschlich. Auf dem Weg zum Gästehaus stieß ich auf Sylvia. Sie war betrunken wie alle anderen, aber gleichzeitig nervös. Mehrere Leute hatten schon nach Richard gefragt und sie konnte ihn nirgends finden. Ich schlug ihr vor, doch mit mir ins Gästehaus zu gehen, dann könnten wir in meinem Zimmer noch ein Glas Brombeerlikör trinken, den ich auf der Fähre gekauft hatte. Sylvia liebt Brombeerlikör. Und da fanden wir Richard.«
    Arja verstummte und strich sich müde über die Augen, als wolle sie ein Bild aus dem Gedächtnis streichen. Oder es im Gegenteil deutlicher hervortreten lassen. Ein bitterer Ton schlich sich in ihre Stimme, als sie weitersprach: »Und wir fanden nicht nur Richard. Charlotte war auch da. Wir sahen die beiden, aber sie haben uns nicht gesehen. Auf dem Boden des Wohnzimmers waren sie mit ihren Schweinereien beschäftigt.«
    Irene war überrascht über die Wortwahl. Oder meinte eine lesbische Frau, dass ein heterosexueller Beischlaf eine Schweinerei war?
    Arja nahm die Hände von den Augen und sah Irene direkt an. Tonlos sagte sie: »Sie leckten einander und …«
    Sie schaute weg, rote Flammen schossen ihr den Hals empor.
    »Es war einfach eklig! Wir sind schnell wieder rausgegangen. Sie haben nichts bemerkt. Natürlich fiel Sylvia wieder in Ohnmacht, aber sie kam schnell wieder zu sich. Und ich musste ihr versprechen, keinem zu erzählen, was wir gesehen hatten. Keiner Menschenseele.«
    Sie verstummte und spielte mit den Schlüsseln zur Wohnung. Leise sagte sie: »Aber jetzt breche ich mein Versprechen. Denn ich glaube, dass es etwas mit Richards Tod zu tun hat.«
    »Warum glauben Sie das?«
    »Wegen der Schlüssel. Ich weiß, dass Charlotte sie genommen hat.«
    »Erzählen Sie.«
    »Am folgenden Tag war die Stimmung natürlich etwas abgeflaut. Richard hatte unten auf einem Sofa im Wohnzimmer geschlafen. Er lag noch schnarchend da, als ich ins große Haus kam. Mutter hatte irgendwo ihr Reisedöschen mit ihren Herztabletten verloren. Wir fanden es später im Gästehaus, aber nicht an diesem Morgen. Mutter war sich todsicher, dass sie es in Sylvias Schlafraum vergessen hatte, wo sie am Tag zuvor eine kleine Siesta gehalten hatte. So leise ich konnte, schlich ich mich also ins Haus. Sylvia und Richard haben in Marstrand getrennte Schlafzimmer. Ich schlich mich in Sylvias, weckte sie aber natürlich trotzdem auf. Sie hat so einen leichten Schlaf. Sie hatte Mutters Pillendöschen nicht gesehen, und ich konnte es auch nicht finden. Als ich Sylvias Schlafzimmer wieder verließ, stieß ich fast mit Charlotte zusammen, die aus Richards

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