Der Novembermörder
erleichtern?«
»Ja. Ich stehe auf der anderen Seite der Straßenecke, in der Engelbrektsgatan. Vorm Schaufenster von KappAhl.«
Als sie den Hörer aufgelegt hatte, begann sie am ganzen Körper zu zittern. Die Neugier stand dem Wirt auf die Stirn geschrieben, aber sie winkte ihm nur kurz zu und versprach, ihm später alles zu erklären. Schnell in die Küche – dort standen ihre Töchter. Krister sah aus wie ein einziges Fragezeichen. Irene verzichtete aber auf jede Erklärung, umarmte nur ihre Töchter und sagte erleichtert: »Oh, ihr seid wirklich prima! Gott sei Dank! Jetzt dauert es nicht mehr lange, dann können wir nach Hause zu dem armen Sammie. Dann können andere die Sache übernehmen!«
Krister sah noch verwirrter aus und fragte: »Was sollen andere übernehmen?«
»Die Schurken und Banditen! Mein Gott, was bin ich das alles leid!«
Er warf Irene einen verwunderten Blick zu und stellte fest: »Das ist das erste Mal, dass ich dich so etwas sagen höre.«
Sie sah ihn lange an. Er erschrak, als er sah, dass ihr die Tränen in den Augen standen, als sie antwortete: »Es ist ja auch das erste Mal, dass meine Familie durch meinen Job direkt in Gefahr ist!«
Wie eine Henne ihre Flügel über ihrer Brut ausbreitet, nahm sie die Mädchen in ihre Arme und ermahnte sie: »Ihr bleibt jetzt hier bei Papa. Geht auf keinen Fall vor die Tür, bis ich wieder zurück bin!«
Schnell gab sie ihnen einen Kuss auf die Stirn und huschte dann zum Hinterhof hinaus. Aus der anderen Richtung kam der Wirt in die Küche. Er entdeckte Krister und warf ihm einen fragenden Blick zu. Der Küchenchef breitete seine Arme in einer sehr französischen, sprechenden Geste aus. Ja, ja, diese Frauen!
Die Funkstreife hielt gerade an, als sie an dem verabredeten Treffpunkt ankam. Nur wenige Minuten danach kam das Einsatzkommando. Zu Irenes Erleichterung war Håkan Lund Leiter des Einsatzkommandos. Bei ihm nutzte es wenig, dass die neue Uniformjacke schlank machende weiße Streifen hatte. Ein Doppelzentner lässt sich schwer verstecken. Er begrüßte sie freudig: »Hallo! Du hast also Paul Svensson aufgespürt, wie ich gehört habe. Diesen Widerling werden wir uns schnappen. Der Plan ist folgendermaßen: Hier hast du ein Funksprechgerät. Geh am McDonald’s vorbei und guck, wo er sitzt, dieser Svensson. Aber pass auf, dass er dich nicht entdeckt. Wir schlagen sofort zu, wenn du uns seine Position mitgeteilt hast.«
Er drückte ihr ein kleines Funksprechgerät in die Hand und schickte sie los. Irene ging am äußersten Rand des Bürgersteigs entlang. Direkt vor dem Hamburger-Restaurant trat sie auf die Straße, um durch die parkenden Autos und Motorräder gedeckt zu sein.
Irene sah ihn sofort. Er saß immer noch dort und unterhielt sich mit seinen Kumpels. Sie hob das Funkgerät an den Mund und drückte drauf. Genau in dem Moment stand Paul Svensson von seinem Stuhl auf. Seine klapprigen Glieder schwankten im Lokal hin und her, bis er sich endlich entschieden hatte. Er steuerte eine Tür an, auf der das international bekannte Strichmännchen klebte. Irene flüsterte in den Apparat: »Hier ist Irene. Er ist ins Herrenklo gegangen.«
»Ausgezeichnet! Wir gehen rein.«
Zwanzig Sekunden später kamen die Polizisten mit gezogenen Waffen von hinten herein. Sie umringten Paul Svenssons Kumpane. Vier Polizisten gingen von vorn hinein, und zwei stellten sich auf beide Seiten der WC-Tür. Als der Magere herauskam, drückten sich sofort zwei Pistolenläufe in seinen Rücken. Auch wenn er riesengroß war, sah er sofort ein, dass das Spiel aus war. Gehorsam hob er die Hände hoch. Schnell und gründlich wurde die Leibesvisitation durchgeführt. Irene sah, wie Håkan Lund eine schwere Pistole aus einem Halfter zog, das Paul Svensson unter der Jacke trug. Eine SIGSauer. Ihre oder Jimmys? Plötzlich war ihr alles gleich. Sie wollte nur noch nach Hause.
Sammie war überglücklich, als sie kamen. Nirgends war eine Pfütze auf dem Boden, obwohl er mehr als sieben Stunden allein gewesen war. Glücklich vor der Tür, schaffte er es nur noch bis zu den Rosen vor dem Küchenfenster. Er seufzte vor Wohlbehagen.
Irene versuchte ihren Töchtern zu erklären, was dort bei McDonald’s eigentlich passiert war, und warum es so wichtig gewesen war, dass sie das Lokal verließen. Sie saßen um den Küchentisch und tranken heißen O’boy. Katarina erklärte aufgeregt: »Das ist ja wahnsinnig spannend! Warum durften wir denn nicht dableiben und zugucken, wie
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