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Der Novembermörder

Der Novembermörder

Titel: Der Novembermörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Tursten
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schon mal gesehen. Sie ist das ›Sun Shampoo Girl‹. Wenn das jetzt auch schon ein paar Jahre her ist.«
    »Guten Morgen und hallo. Entschuldigen Sie, dass ich Sie so angestarrt habe, aber der Grund war wirklich, dass ich meinte, Sie von irgendwoher zu kennen. Aber ich konnte nicht darauf kommen, woher«, bestätigte Irene Huss kurz.
    Dankbar griff sie nach dem Strohhalm, den Henrik ihr ohne es zu wissen gegeben hatte. Sie ging zu der jungen Frau und nahm deren Hand. Sie fühlte sich schlaff und feucht an.
    »Inspektorin Irene Huss.«
    »Charlotte von Knecht.«
    Die Stimme war tief und sinnlich und passte nicht zu dem Handgriff.
    »Das hier ist keine richtige Vernehmung. Ich brauche einfach Hilfe hinsichtlich einiger Daten und will versuchen, den Handlungsablauf um den tragischen Todesfall herum zu skizzieren«, begann Irene.
    Die türkisfarbenen Augen schauten sie ununterbrochen an. Henriks Augen waren wie zwei eingetrocknete Tonkugeln, in die Erde gedrückt. Aber beide nickten. Irene fragte ganz spontan: »Wie alt sind Sie?«
    Henrik antwortete zögernd: »Ich bin neunundzwanzig und Charlotte ist fünfundzwanzig. Aber was hat das mit Papas Tod zu tun?«
    »Hintergrunddaten. Wann werden Sie dreißig?«
    »Am fünfzehnten April«, antwortete er kurz.
    Was bedeutete, dass Sylvia von Knecht bei der Hochzeit vor dreißig Jahren schwanger gewesen war.
    Es waren nur vier Jahre Altersunterschied zwischen Henrik und Charlotte, aber wenn man hätte raten sollen, hätten die meisten sicher auf zehn Jahre getippt. Charlotte ein wenig jünger und Henrik bedeutend älter geschätzt, eher an die fünfunddreißig. Irene wandte sich Henrik zu und fuhr fort: »Wann haben Sie Ihren Vater zum letzten Mal gesehen?«
    »Auf dem Fest am Samstag.«
    »War das das letzte Mal, dass Sie mit ihm gesprochen haben?«
    »Nein. Er hat mich am Sonntagnachmittag angerufen. Ich hatte ein paar Kataloge der Auktionen mitgebracht, die ich jetzt zum Monatswechsel besuchen werde. In Stockholm. Vom siebenundzwanzigsten November bis zum dritten Dezember ist jeden Tag eine Auktion, aber in verschiedenen Auktionshäusern. Aus irgendeinem Grund hatte ich den Katalog von Nordéns nicht dabei. Deren internationale Auktion findet am dreißigsten November statt. Papa wollte den Katalog gern sehen. Es gab da eine kleine flämische Barockkommode, die ihn interessierte. Auf der Auktion biete ich übrigens selbst für ein Tang-Pferd.«
    Noch weitere Kommoden waren wohl das Letzte, was Richard von Knecht unbedingt gebraucht hatte, aber sie musste einsehen, dass es sich hier nicht um den praktischen Nutzen handelte. Und was zum Teufel war ein Tang-Pferd? Aber es widerstrebte ihr, das eigene Unwissen kundzutun. Darum fragte sie lieber schnell: »Und Sie, Charlotte, wann sahen Sie Ihren Schwiegervater das letzte Mal?«
    Charlotte holte durch bebende Nasenflügel tief Luft, fixierte Irene weiterhin in Türkis und antwortete mit einem leichten Zittern in der Stimme: »Am Montagnachmittag. Zur Lunchzeit. Ich habe Richard den Katalog gebracht, von dem Henrik gerade erzählt hat.«
    »Und blieben Sie lange dort?«
    »Nein, ich bin nicht einmal reingegangen! Zum einen war er erkältet, und außerdem war die Putzfrau da, um aufzuräumen. Ich habe nur gesagt, wie schön ich das Fest fand, und ›Gute Besserung‹ oder so.«
    »Wie wirkte er? Stimmungsmäßig und im Verhalten, meine ich.«
    Eine Mahagonilocke rutschte zwischen den Fingern vor und zurück, während sie nachdachte. Die Schreibtischlampe spiegelte sich in dem dunkelblauen Perlmuttlack der unglaublich langen und sorgfältig gefeilten Fingernägel. Sie zuckte leicht mit den Schultern und sagte: »Wie immer. Ein bisschen müde nach dem Fest und vielleicht auch wegen der Erkältung.«
    »Er wirkte nicht nervös?«
    »Nein, nicht so weit ich es bemerken konnte.«
    »Wie spät war es genau, als Sie in der Molinsgatan eintrafen?«
    »Ungefähr halb eins, vielleicht eine Viertelstunde früher oder später.«
    »Sind Sie reingekommen? Kennen Sie den Code?«
    Charlotte hörte abrupt auf, die Haarlocke zu drehen.
    »Ja, natürlich kennen wir die Codenummer. Wie sollten wir sonst reinkommen?«
    »Keiner von Ihnen hat einen Schlüssel?«
    Henrik räusperte sich und antwortete: »Nein. Meine Eltern haben nur einen Extraschlüssel. Den nehmen wir, wenn sie für längere Zeit wegfahren. Sonst nicht.«
    Irene wandte sich wieder Charlotte zu. »Wo arbeiten Sie? Falls wir mit Ihnen tagsüber in Kontakt treten müssen.«
    »Ich bin

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