Der Novembermörder
gegessen. Das fing an, als Richard seine Reederei verkauft hat. Er hatte einen … einen siebten Sinn, was die Entwicklung der Wirtschaft anging. Wenn ich mich getraut hätte, ihm zu glauben … dann wäre ich jetzt ziemlich reich. Aber ich bin ja auch so zurechtgekommen.«
Er schwieg und starrte blicklos vor sich hin. Birgitta schubste ihn mit einer neuen Frage an: »Welche Reederei hat er verkauft?«
»Na, natürlich sein Erbe! Die Familienreederei! Er hat ein gutes Geschäft damit gemacht. Er hat ins Immobiliengeschäft investiert, zusammen mit Peder Wahl. Kennen Sie Peder?«
»Ich habe mit ihm telefoniert.«
»Das ist ein prima Kumpel. Schade, dass die beiden die meiste Zeit unten in der Provence leben. Ich vermisse Peder. Sagen Sie ihm das das nächste Mal, wenn Sie mit ihm sprechen.«
Birgitta verdrehte die Augen und sah Andersson an. Er machte eine beruhigende Handbewegung. Wahrheitsserum ist immer gut. Birgitta fuhr tapfer fort: »Wo haben Sie am Dienstag gegessen?«
»Wir sind mit dem Taxi ins Johanneshus gefahren. Ein wirklich gutes Restaurant draußen in Billdal. Wir wollten das noch genießen, bevor diese Weihnachtsfeierhysterie einsetzt. Dann sind einfach zu viele Menschen dort.«
»Wann waren Sie dort?«
»Wo?«
»Na, im Johanneshus in Billdal. Zum Essen mit Richard.«
»Ach so, ja, natürlich. Das meinen Sie.«
Valle Reuter versuchte wirklich nachzudenken. Er hatte nicht wenig Ähnlichkeit mit einem traurigen Seehund, als seine Stirn sich nachdenklich in Falten legte.
»Ich denke, das Taxi war wohl so gegen eins oder halb zwei dort. Irgendwann so um den Dreh. Fragen Sie doch Peter, den Wirt.« Birgitta machte sich erneut Notizen. Das würde sie machen.
»Und was haben Sie gegessen?«
»Oh, Meeresfrüchte! Als Vorspeise eiskalte Austern mit Lime. Dazu einen nicht ganz geglückten Wein, was war das noch … aus den USA. Golden Hind. Sauvignon Blanc. Passt nicht zu Austern. Eine Enttäuschung. Aber er passt gut zu …«
»Das Hauptgericht, Valle. Was war das Hauptgericht?«
»Pochierter Heilbutt mit geriebenem Meerrettich und zerlassener Butter. Die Kartoffeln waren nicht püriert, sondern … wie heißt das noch? … gequetscht, ja. Gequetschte Kartoffeln. Dazu haben wir Südafrika eine Chance gegeben. Habe ich erzählt, welchen Wein wir am Samstag getrunken haben? Den weißen zur Vorspeise … ach so, ja, genau … der stammte nämlich auch von dort. Ein ausgezeichneter Wein! Bouchard Finlayson. Chardonnay. Der war einfach phantastisch. Wir haben zwei Flaschen bestellt. Zum Dessert, einem Eismousse mit Brombeeren, haben wir dann die süßen Weine aus der Alten Welt herausgefordert! Wir bestellten eine Flasche Mike Mossion Liqueur Muscat. Einen Australier. Sehr gelungen. Sehr gut.«
Andersson war die vielen sonderbaren Weine und wunderbaren Gerichte mittlerweile herzlich leid. Trotzdem gab er Birgitta ein Zeichen weiterzumachen, als sie Hilfe suchend seinen Blick suchte. Ein kaum hörbarer Seufzer entfuhr ihr, als sie weiterfragte: »Und wann haben Sie die Mahlzeit beendet?«
»Wir mussten uns ein wenig beeilen. Wir sind um halb vier weggefahren. Mit dem Taxi natürlich. Sylvia sollte an dem Abend zurückkommen, Richard wollte dann zu Hause sein und die Lage peilen. Außerdem war er etwas erkältet. Er wollte sich einen Whisky gönnen und in die Sauna gehen. Das mache ich auch immer, wenn ich erkältet bin. Aber nur den ersten Teil, auf die Sauna kann ich verzichten!«
Das fand Valle Reuter außerordentlich witzig und begann daraufhin vor Lachen zu keckern und zu pfeifen. Weder Andersson noch Birgitta Moberg brachten es über sich mitzulachen. Der kleine runde Mann hatte etwas Trauriges, Bedrückendes an sich. Birgitta beugte sich über den Schreibtisch und rief: »Valle. Hallo! Valle!«
Reuter wischte sich die Augen mit dem feuchten Papiertaschentuch ab. Ein wenig beruhigte er sich.
»Sie wissen, dass Richard ermordet worden ist. Was meinen Sie, wer könnte es getan haben? Und warum?«
Reuter wurde ganz steif und warf Birgitta einen scharfen Blick zu, die für einen Moment überlegte, ob Valle nicht doch nüchterner war, als es den Anschein hatte. Scharf sagte er: »Sylvia! Es muss Sylvia gewesen sein. Sie erbt das Geld. Und sie ist gierig auf Geld! Geizig. Und eklig. Wenn Sie wüssten, was sie zu mir gesagt hat!«
Er zeigte nun eine äußerst verletzte Miene.
»Laut mehreren Augenzeugen befand sie sich gerade in dem Moment auf der Straße, als Richard von Knecht aufs Pflaster
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