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Der Novembermörder

Der Novembermörder

Titel: Der Novembermörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Tursten
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aufschlug«, stellte Birgitta trocken fest.
    Diese Feststellung ließ auf Reuters Stirn wieder die Sorgenfalten entstehen. Aber er sagte nichts, sondern murmelte nur etwas Unverständliches.
    »Sie glauben also, das Erbe, das viele Geld, ist das Motiv?«
    »Sylvia. Das Geld.«
    Er nickte vor sich hin und schien äußerst zufrieden mit den eigenen scharfsinnigen Schlussfolgerungen zu sein.
    »Valle, was haben Sie und Richard gemacht, nachdem Sie beide aus dem Taxi gestiegen sind?«
    »Wir sind im Fahrstuhl hochgefahren. Ich bin im ersten Stock ausgestiegen und Richard ist zu sich hochgefahren.«
    »Haben Sie ihn danach noch einmal gesehen oder mit ihm gesprochen?«
    »Nein. Da habe ich Richard zum letzten Mal gesehen.«
    Andersson fürchtete, Valle könnte wieder anfangen zu weinen. Aber das tat er nicht. Er hing auf seinem Stuhl wie ein Ball, dem die Luft ausgegangen war. Er gähnte und blinzelte mit den roten Augen. Andersson war klar, dass sie sich mit ihren Fragen beeilen mussten. Er stand auf und trat langsam an Valle heran, der zusammenzuckte, aufwachte und verwundert fragte: »Sind Sie immer noch da? Wie war noch der Name?«
    »Sven Andersson. Noch eine letzte Frage, dann rufen wir Ihnen ein Taxi. Wo waren Sie Dienstagabend und nachts? Wir haben bei Ihnen geklingelt, aber Sie waren nicht zu Hause.«
    Valle kniff den Mund zu einem schmalen Strich zusammen. Es war offensichtlich, dass er gar nicht daran dachte zu antworten.
    Geduldig fuhr der Kommissar fort: »Es wäre gut, wenn Sie mir jetzt antworten würden. Das würde uns viel Arbeit ersparen. Sie waren der Letzte, der Richard von Knecht lebend gesehen hat. Außer dem Mörder.«
    Letzteres sagte er mit Betonung. Valle bemerkte das, beugte sich vor und flüsterte konspirativ: »Die Mörderin! Sylvia.«
    »Begreifen Sie denn nicht, dass Sie in höchstem Maße verdächtig sind?«, platzte Andersson der Kragen.
    Valle schaute äußerst verletzt drein.
    »Ich? Meinen besten Freund töten?! Niemals!«
    »Wo waren Sie also?«
    Plötzlich kam Birgitta eine Idee. Sie knüpfte wieder an der konspirativen Stimmung an, die vorher geherrscht hatte, beugte sich über den Schreibtisch vor und fragte mit schelmischem Unterton: »Nun gestehen Sie’s doch, Valle, es geht um eine Dame, nicht wahr?«
    Der ganze kleine Mann erstrahlte in einem jovialen Licht.
    »Aber natürlich, meine Schöne! Um die Ehre einer Dame.«
    »Die Sie schon lange kennen, stimmt’s?«
    »Ja, genau, drei Jahre schon … Aber wenn Sie sie kennen, warum fragen Sie dann?«
    »Ich kenne ihren Namen nicht.«
    Wieder sah Valle unzufrieden aus. Er starrte Birgitta finster an. Herausfordernd sagte sie: »Valle, Sie brauchen ein Alibi!«
    »Aber sie will das nicht! Sie wird böse auf mich werden!«
    »Sie wird sicher verstehen, dass Sie ein Alibi brauchen, wenn Sie ohne eigenes Verschulden in eine Mordermittlung verwickelt werden. Und nur sie kann es Ihnen verschaffen.«
    Valle sank noch weiter in sich zusammen. Nach langem Schweigen murmelte er: »Gunnel … Gunnel Forsell.«
    »Wo wohnt sie?«
    »Nun hören Sie aber, meine Kleine. Sie will auf keinen Fall, dass bei ihr die Polizei ein- oder ausgeht. Und verraten Sie ihr bloß nicht, dass ich etwas gesagt habe. Dann darf ich nicht wieder zu ihr kommen.«
    Der Tonfall, verbunden mit der Unruhe in seinen nunmehr aufgerissenen Augen, verriet alles. Sein Trost in seiner Einsamkeit war eine Prostituierte. In neutralem Ton fragte Birgitta: »Wann sind Sie zu ihr gefahren?«
    »Zur üblichen Zeit.«
    Er bremste sich selbst und sah Birgitta entschuldigend an.
    »Ich besuche sie immer dienstags. Um halb sechs. Aber ich war etwas zu früh dort … sie hatte noch Besuch … doch der ging nach einer Weile, und dann durfte ich rein.«
    »Halb sechs also?«
    »Etwas früher glaube ich.«
    »Wie sind Sie hingekommen?«
    »Mit dem Taxi.«
    »Wann sind Sie zurückgekommen?«
    Wieder zögerte er mit der Antwort.
    »Ich bleibe immer die ganze Nacht dort.«
    Er sah Birgitta trotzig an.
    »Wo wohnt sie?«
    »Stampgatan.«
    »Wann waren Sie wieder daheim?«
    »Gegen zehn. Am nächsten Vormittag. Und dann bin ich ins Büro gegangen.«
    Eine Nutte, die Frühstück servierte. Davon hatten beide Polizeibeamten noch nie etwas gehört. Das musste ein sehr außergewöhnliches Arrangement sein. Etwas sagte Andersson, dass Reuter teuer dafür bezahlen musste. Mit viel Mühe versuchte der Börsenmakler aufzustehen. Endlich stand er leicht schwankend auf den Beinen. Er gähnte ungehemmt und

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