Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Novembermörder

Der Novembermörder

Titel: Der Novembermörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Tursten
Vom Netzwerk:
spürte er, dass jemand schräg hinter ihm stand. Als er sich umdrehte, entdeckte er Birgitta Moberg.
    »Hallo, komm, setz dich zu mir«, sagte er.
    »Nein, vielen Dank. Ich bin viel zu sauer, um zu sitzen!«
    Erst jetzt bemerkte er, dass sie mit in die Hüften gestemmten Armen breitbeinig dastand. Ihre Stimme klang wie ein Schlangenzischen. Auch wenn er laut seiner Exehefrau ein Holzbock war, was die Gefühle von Frauen anging, so begriff er doch, dass hier etwas nicht stimmte. Einige Kollegen an den benachbarten Tischen schauten schon verwundert herüber. Andersson fühlte sich unbehaglich. Wenn sie nun dachten, sie wäre auf ihn so sauer? Und das war sie ja wohl nicht, oder? Unsicher fragte er: »Wollen wir hoch in die Abteilung gehen und drüber reden?«
    »Ja.«
    Sie drehte sich auf dem Absatz um und rauschte durch die Tür hinaus. Mit einem enttäuschten Seufzer verzichtete der Kommissar auf seinen Kaffee. »Man soll auf seine Untergebenen hören, wenn sie mit ihren Problemen kommen«, hatten sie bei diesem idiotischen Kurs betont, den er gezwungenermaßen vor ein paar Jahren hatte besuchen müssen.
     
    »Dieses verfluchte Arschloch! So ein … Idiot!«
    »Wer? Ich?«
    »Nein! Bobo Torsson!«
    Die erste Reaktion des Kommissars war Erleichterung, die zweite Überraschung. Vorsichtig fragte er: »Hat er dich irgendwie gereizt?«
    Da explodierte sie. Die Tränen liefen ihr aus den Augen, als sie schrie: »Gereizt! Er hat mich gegen die Wand gedrückt, mir zwischen die Beine gegriffen und mir in die Brust gebissen! Ich werde ihn anzeigen!«
    Andersson fehlten die Worte. Und die Situation entspannte sich nicht gerade, als Jonnys aufreizende Stimme in der Türöffnung zu hören war: »Oioioi, die kleine Birgitta ist wohl vom großen Modefotografen entdeckt worden! Hast du ihm gezeigt, was du zu bieten hast?«
    Er stand entspannt an den Türpfosten gelehnt, ein ironisches Grinsen übers ganze Gesicht. Dieser Kerl mit seiner losen Klappe!, konnte Andersson gerade noch denken. Dann klatschte es. Halb erstickt vor Wut fauchte sie: »Das hier habe ich zu bieten!«
    Birgitta durchquerte blitzschnell das Zimmer. Jonny reagierte zu langsam und sah nicht ihr Knie kommen, das sie ihm mit aller Kraft zwischen die Beine rammte. Mit einem dumpfen Stöhnen sackte er zusammen, beide Hände auf die Genitalien gepresst.
    Birgitta sagte triumphierend: »Persönlicher Rekord! Zwei Kerle mit blauen Klötzen innerhalb von nur dreißig Minuten!«
    Mit geradem Rücken und hoch erhobenem Kopf stieg sie über den in sich zusammengesunkenen Jonny, um auf den Flur zu gehen. Erst in dem Augenblick kam wieder Leben in Andersson.
    »Birgitta! Du gehst nirgendwo hin! Was zum Teufel treibt ihr hier? Kloppt euch wie die Kinder! Zwei Polizisten!«
    Langsam wandte sie ihr rot geweintes Gesicht ihm zu. Es war schwer zu verstehen, was sie sagte, weil ihre Stimme vor Erregung bebte: »Du hast nichts kapiert. Ich bin noch nie in meinem Leben so gedemütigt worden. Vielleicht schon mal als Frau. Aber nicht als Vertreterin meines Berufsstandes!«
    Es begann in Anderssons Kopf zu dröhnen. Jonny auf dem Boden stöhnte, zog sich aber langsam in eine sitzende Position hoch, den Türpfosten als Rückenlehne benutzend. Ein paar Kollegen von der allgemeinen Fahndung blieben neugierig auf dem Flur stehen. Andersson machte ein paar schnelle Schritte und schloss die Tür mit einem Knall, »So, und jetzt setzt euch! Alle beide! Das kann zu einem Disziplinarverfahren werden, wenn ihr nicht aufpasst!«
    Jonny zischte: »O ja, ich werde sie anzeigen. Verdammte Hure!«
    Andersson sah, wie Birgitta ganz blass wurde. Für einen Moment fürchtete er, sie würde in Ohnmacht fallen. Als sie wieder sprechen konnte, bewegten sich ihre Lippen kaum.
    »Jetzt reicht es mir. Das war der Tropfen!«
    Sie schaute Andersson an. Normalerweise funkelten ihre braunen Augen fröhlich, aber jetzt sahen sie aus wie geschmolzenes Blei.
    »Seit ich hier angefangen habe, muss ich diesen Idioten ertragen. Zuerst wollte er fummeln, und als ich ihm sehr deutlich klar gemacht habe, was ich davon halte, kamen die Sticheleien. Dass ich einen lockeren Lebenswandel führe. Eine leichte Beute sei, die man schnell rumkriegt. Du hast es ja gerade selbst gehört: verdammte Hure. ›Freundschaftliche‹ Klapse auf den Po soll ich doch bitte schön hinnehmen. In meinem internen Eingangskorb liegen ausgeschnittene Bilder aus irgendwelchen Pornozeitschriften. Frauen mit Riesentitten und lesbische Paare. Ich

Weitere Kostenlose Bücher