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Der Novize des Assassinen: Roman (German Edition)

Der Novize des Assassinen: Roman (German Edition)

Titel: Der Novize des Assassinen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Lake
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des Kleinen Kawabata, doch die enge Treppe behinderte ihn, und der Kleine Kawabata war schon bei ihm, rammte die Schulter in seine Brust und schleuderte den Fürsten neben seine Tochter gegen die Wand.
    Der Burgherr sackte zusammen und rührte sich nicht mehr. Der Kleine Kawabata versetzte ihm einen Tritt, doch Odas Kopf rollte schlaff hin und her wie der einer Puppe. Der Ninja nickte befriedigt. »Bewusstlos«, sagte er.
    Hirō rannte die Treppe herauf und stürzte sich auf Tarō. »Du lebst!« Dann erlosch sein Lächeln, als er Tarōs Wunde bemerkte und sah, wie sein kniender Freund die Hände auf den blutenden Bauch presste. »Oh … das ist schlimm …«
    Wie aufs Stichwort stieß Oda sich von der Wand ab und ließ das Schwert auf Hirōs Nacken herabsausen.
    Das wäre beinahe Hirōs Ende gewesen, doch der Anblick seines massigen Freundes hatte Tarō die Kraft verliehen  – und ihm die Ablenkung beschert  –, die er gebraucht hatte, um sich aufzurappeln. Er streckte sein Schwert aus, fing Odas Hieb ab und hielt dann die Klinge zitternd vor sich.
    In Gedanken war er wieder in den Bergen, an jenem Tag, als er vor Shūsaku zurückgewichen war wie vor einer Schlange, und er wünschte, er könnte zu diesem Tag zurückkehren und den Ninja stattdessen umarmen.
    Das konnte er nicht.
    Aber das hier konnte er.
    Um Odas Linkshändigkeit auszugleichen, ließ Tarō das Schwert ein wenig nach links gleiten und verlegte einen Teil seines Gewichts deutlich sichtbar auf den linken Fuß, als wollte er einen Streich von links nach rechts führen. Oda grinste, ließ das Schwert hochschnellen und zielte auf Tarōs ungeschützten Hals. Doch Tarō führte den Schlag, den er angedeutet hatte, nicht aus. Stattdessen hielt er das Schwert senkrecht vor sich, wie Shūsaku es ihm gezeigt hatte, und schob es nach vorn, um den Schlag zu parieren.
    Noch während Odas Brauen sich leicht verwundert runzelten, drehte Tarō blitzschnell das Handgelenk herum, stieß den Zeigefinger nach vorn und zog seine Klinge mit einem tief angesetzten Hieb unter Odas Schwert hindurch und quer über dessen Bauch.
    Mit einem Geräusch wie dem einer Welle, die sich an einem Sandstrand brach, sank Oda zu Boden. Aber Tarō wollte nicht, dass er starb, noch nicht.
    Zuerst brauchte er das Blut des Fürsten.
    Tarō nahm seine letzten Kraftreserven zusammen und ließ sich von seinem eigenen Gewicht die Treppe hinuntertragen. Er knallte mit den Knien auf die steinernen Stufen, spürte nur vagen Schmerz, und dann landeten seine Hände auf Odas Schultern und krallten sich daran fest.
    Er öffnete den Mund.
    Er spürte, wie seine Zähne leicht herausfuhren wie kleine Waffen, die in seinem Kiefer verborgen waren.
    Er drückte den Fürsten an sich wie in einer Umarmung und grub die Zähne in den dicken Hals des Mannes.
    Er trank gierig und spürte, wie das lebendige Blut des Daimyō durch seinen Körper floss, spürte die gewaltige Kraft des Mannes. Schon jetzt war er sicher, dass er sich von seiner furchtbaren Verletzung erholen würde.
    Das, was Oda tötete, brachte Tarō neues Leben.
    Hana, die noch immer auf dem harten Boden lag, keuchte auf. »Nein!«, schrie sie. »Vater!«
    Oda erbebte wie ein Schiff in einem Sturm. Tarō ließ ihn los, löste den Mund von dem ohnehin fast versiegten Blutstrom.
    Er erhaschte einen Blick auf Odas Gesicht, blutleer, weiß und vorwurfsvoll wie der Geist eines Menschen, dem ein Unrecht geschehen ist. Dann rollte der kräftige Körper mit dem verschrumpelten Arm die Treppe hinunter. Das Klirren und Scheppern von Metall auf Stein wurde von weicherem Klatschen und Knirschen begleitet, bei dem selbst Hirō das Gesicht verzog.
    Tarō spürte Hirōs Hände unter den Achseln. Er wollte sagen: Nein, hilf erst dem Mädchen , doch dann sah er aus dem Augenwinkel, dass Hana bereits aufgestanden war. Ihre Wangen waren tränennass.
    Er konnte ihr nicht ins Gesicht blicken. Er hatte ihren Vater getötet, und das war unverzeihlich, obwohl ihr Vater ein Mörder und ein –
    Auch ich bin ein Mörder , dachte er, und die Erkenntnis verschlug ihm den Atem. Ich bin ebenso schlecht wie der Ninja, der meinen Vater getötet hat …
    Er schob Hirō mit letzter Kraft von sich, taumelte ein paar Schritte und fiel dann vor dem Mädchen, das er zur Waise gemacht hatte, auf die Knie. Er reichte Hana sein Schwert und neigte den Kopf. »Ich bin ein Samurai«, sagte er. »Ich wähle diesen Tod aus freiem Willen, um meine ehrlose Tat zu sühnen.«
    Hana wischte

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