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Der Novize des Assassinen: Roman (German Edition)

Der Novize des Assassinen: Roman (German Edition)

Titel: Der Novize des Assassinen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Lake
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»Sie kommen aus den Bergen im Norden. Da braucht man das nicht zu lernen.«
    »Was tun wir jetzt?«, fragte Hirō. » Warten wir hier, bis sie abziehen?«
    Der Ninja wollte gerade antworten, als sein Blick zurück zu dem Grüppchen verzweifelt wirkender Männer schnellte. Etwas erhob sich in die Luft. Tarō drehte sich um, kniff die Augen zusammen und versuchte, das Ding auszumachen.
    Dann teilte es sich plötzlich und entpuppte sich als zwei Vögel, die in verschiedene Richtungen flatternd in den Himmel stiegen.
    Brieftauben.
    Der Ninja fluchte. Er warf einen Blick auf Tarōs Bogen. »Kannst du sie treffen?«
    Tarō spürte, wie nass seine Bogensehne war, sah die kaum noch erkennbaren Vögel vor dem dunklen Himmel, die bereits wie trübe Sterne zu kleinen, blassen Punkten dahinschwanden. »Was glaubst du denn?«
    »Also schön«, entgegnete der Ninja. »Wir müssen weiterziehen, ehe diese Tauben Verstärkung schicken. Wo ist das nächste Dorf?«
    »Minata liegt zwei oder drei Ri nördlich von hier.« Irgendetwas rumorte in seinem Hinterkopf, und erst viel später fiel ihm ein, was der Rōnin erzählt hatte  – von dem Bauern, der in Minata von einem Kyūketsuki getötet worden war.
    Der Ninja lehnte sich im Boot zurück und betrachtete den Himmel, und sobald seine Augen nicht mehr sichtbar waren, verschmolz er beinahe mit der Dunkelheit. Er trug eine weite schwarze Hose, den Hakama, einen kurzen Kimono und schwarze Seidentücher vor dem Gesicht. Mit Wasser getränkt hatten die Kleidungsstücke sogar ein noch dunkleres Schwarz angenommen, das mit der Nacht verschmolz.
    »Der Nordstern«, sagte er und deutete darauf. »Rudert in diese Richtung. An der Küste entlang.«
    Hirō griff lächelnd nach den Rudern. »Ja. Das hätten wir dir auch sagen können.«
    Hoch über ihnen flog eine der Tauben geschwind auf eine ferne Burg zu, um die Nachricht zu überbringen, dass der verflixte Junge entkommen war.
    Die andere flog gen Norden.

Kapitel 6
    Zu Fuß hätten sie für die Strecke eine, höchstens zwei Stunden gebraucht, doch nördlich von Shirahama waren die Wellen hoch und der Wind steif, und sie kamen auf See nur langsam voran.
    Als Tarō den Shuriken aus seinem Arm gezogen hatte, war er beeindruckt davon gewesen, wie schnell die Wunde verheilte. Sie tat ein bisschen weh, aber von der Verletzung war kaum noch etwas zu sehen  – nur eine leicht erhabene rosige Linie, nicht viel mehr als ein Striemen.
    Kein Boot folgte ihnen, und der Ninja, der kampfbereit geblieben war, entspannte sich allmählich. Im Osten konnten sie die grauen Silhouetten der Berge erkennen und die dunkleren Felsen an der Küste. Der helle Mond vor ihnen ließ einen silbrigen Pfad auf dem Wasser schimmern, als zeige er ihnen den Weg in eine sagenhafte Welt.
    Der Ninja trug immer noch seine Maske. Als Tarō vorgeschlagen hatte, er solle sie abnehmen, hatte er sich barsch geweigert.
    Doch nun, da sie vor den Verfolgern anscheinend sicher waren, hörte Hirō auf zu rudern und setzte eine grimmig entschlossene Miene auf. »Ich finde, du solltest uns erzählen, was hier geschieht«, sagte er mutig zu dem Mann. »Was hast du vorhin mit Tarō gemacht? Was wollten diese Männer?«
    Der Ninja holte tief Luft. »Ich kann nicht alles erklären.«
    »Dann tu dein Bestes.«
    Tarō hob beschwichtigend die Hand. »Hirō, er steht auf unserer Seite.«
    »Woher weißt du das?«
    »Er hat mir das Leben gerettet. Und meiner Mutter.«
    Hirō erfasste die stumme Andeutung sofort. »Dein Vater …«
    »Ist tot. Dieser Mann«  – Tarō wies mit einem Nicken auf den Ninja  – »hat den Mörder getötet.«
    »Ihr Götter, Tarō«, sagte Hirō. »Das tut mir furchtbar leid.«
    »Mir auch.« Plötzlich brannten Tarōs Augen. Sein Vater war tot. Ja, er war sehr krank gewesen  – und Tarō hatte gewusst, dass er bald sterben würde. Doch jetzt war er von Feiglingen ermordet worden, und Tarō würde keine Gelegenheit mehr haben, noch einmal mit ihm zu sprechen, ehe er in ein anderes Reich des Samsara überging, würde ihm niemals sagen können, dass er ihn liebte. Tränen stiegen ihm in die Augen, als er an seinen Vater vor dessen Krankheit dachte  – seine Kraft, seinen Mut, seinen Humor. Er erinnerte sich an den Mann, der ihm vor dem Einschlafen Geschichten erzählt hatte, von Samurai-Kriegern und den Idealen des Bushidō, von Ehre, Tapferkeit und Treue.
    Und dann seine Mutter  – seine gütige, schöne, mutige Mutter. Der Ninja hatte ihren Tod

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