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Der Novize des Assassinen: Roman (German Edition)

Der Novize des Assassinen: Roman (German Edition)

Titel: Der Novize des Assassinen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Lake
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wer der nächste Shōgun sein wird.«
    »Wir haben schon einen Shōgun. Und der ist noch ein Junge.«
    »Ja, eben. Jungen sind ja so empfindlich, so leicht zu töten. Die meisten jedenfalls«, fügte Shūsaku mit einer ironischen Verbeugung vor Tarō hinzu.
    »Niemand wird noch einen Krieg zulassen«, widersprach Heikō. »Der Krieg gegen Imagawa war so schrecklich  – es wäre verrückt, auch nur an einen weiteren zu denken.«
    »Tja, hoffen wir, dass dem so ist«, sagte Shūsaku. »Aber zuerst sollten wir uns bemühen, einen Blick in die Zukunft zu werfen.« Er wandte sich der Äbtissin zu. »Ich nehme an, Ihr seid damit einverstanden, für uns ins Tao zu schauen? Dann werden wir Euch morgen Abend verlassen und unseren Weg fortsetzen.«
    »Selbstverständlich«, sagte die weißhäuptige Frau. »Lasst mich nur rasch das Nötige holen.« Aus den Ecken des Raumes brachte sie weiche Kissen herbei, die sie auf den Tatami-Matten auslegte. Tarō ließ sich dankbar auf eines davon sinken, und Hirō tat es ihm gleich. Shūsaku blieb stehen, wachsam wie immer. Die beiden Mädchen setzten sich zusammen und flüsterten miteinander. Tarō konnte nicht verstehen, was sie sagten.
    Die alte Frau ging in die Ecke und entzündete ein kleines Feuer unter einem Teekessel, der vom Dachbalken hing. Sie brannte Räucherstäbchen an, die überall im Raum verteilt waren. Als der Tee gekocht hatte, trug sie ihn zu den Kissen und winkte Tarō zu sich.
    Er trat vor, und sie nahm ihn lächelnd beim Arm und spähte ihm in die Augen. »Ah, mein Junge«, sagte sie, »du bist zu Großem bestimmt. Selbst jetzt, da ich wach und vom Tao getrennt bin, sehe ich es ganz deutlich an dir. Es liegt auf dir und hebt dich hervor, wie die vornehme Kleidung, die du jetzt trägst.« Sie machte eine kurze Pause. »Allerdings passt deine Bestimmung dir viel besser.«
    Tarō folgte ihrem Blick zu den Ärmelsäumen seines Kimono. Der war nicht ganz so groß wie der des Botschafters, aber seine Hände verschwanden trotzdem in den langen, weiten Ärmeln.
    Die Äbtissin schenkte sich eine Tasse duftenden Tee aus der Kanne ein, bot aber niemandem sonst davon an. Sie hockte sich auf die Fersen vor ein flaches Tablett mit Sand und begann zu singen.
    Tarō beobachtete sie neugierig. Plötzlich zuckte er zusammen  – die Augen der Frau waren zurückgerollt, und nur noch das Weiße war zu sehen, wie bei einem Wal, der sich herumdreht und seinen Bauch zeigt.
    Sie begann mit einem metallenen Stab in den Sand zu schreiben. Sie führte den Stab schwungvoll und schrieb nur ein paar Zeichen, dann legte sie ihn sacht wieder auf den Boden. Ihre Augen rollten in die normale Stellung zurück. Sie blickte auf die Nachricht hinab, die sie geschrieben hatte, und schnappte nach Luft.
    »Dich überrascht das nicht?«, fragte sie Tarō.
    »Er kann nicht lesen«, erklärte Shūsaku und trat vor, um die Schriftzeichen zu entziffern. Er stieß langsam den Atem aus.
    »Erstaunlich«, sagte die Frau. »Kein Wunder, dass sie kein Risiko eingehen wollten und keine Kosten gescheut haben, um ihn ermorden zu lassen.« Als sie aufstand, knirschten ihre Knie hörbar.
    »Was steht denn da?«, fragte Tarō.
    Shūsaku blickte auf das Rechteck aus Sand hinab. »Da steht: ›Dieser Junge wird Shōgun‹.«

Kapitel 19
    »Shōgun?«, wiederholte Hirō. »Sehr lustig. Kommt, gehen wir.« Er stand auf.
    »Die Äbtissin lügt niemals«, sagte Shūsaku. »Sie ist gar nicht in der Lage dazu. Wenn sie in Trance geht, ist sie eins mit dem Tao. Sie sieht, was unseren Augen verborgen ist.«
    »Also, meine Augen können Tarō jedenfalls nicht als Shōgun sehen«, erwiderte Hirō. »Er ist doch nur der Sohn eines Bauern und einer Ama-Taucherin.«
    »Der Sohn eines Bauern?«, wiederholte Yukiko ungläubig. »Und er darf vor mir ein Vampir werden? Ich gehöre schon zur Ninja-Welt, seit ich ein kleines Kind war!«
    »Psst«, zischte Heikō geistesabwesend, denn sie starrte Tarō mit einer Mischung aus Staunen und Argwohn an.
    Auch die Wahrsagerin musterte Tarō neugierig. »Deine Mutter war eine Ama?«
    » Ist eine Ama«, erwiderte er. Oder war das ein Teil der Vision? War seine Mutter bereits tot? »Sie lebt doch noch, oder nicht?«
    »Ich habe keine Ahnung«, antwortete die Äbtissin, und Tarō atmete erleichtert auf. »Aber wie dem auch sei, sie ist ganz sicher eine Ama? Das ist sehr wichtig.«
    »Ja. Sie ist eine Ama. Sie taucht nach Muscheln. Ist das denn so ungewöhnlich?«
    »Ja, das ist es. Aber es

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