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Der Nussknacker - Reise durch ein Jahrhundert

Der Nussknacker - Reise durch ein Jahrhundert

Titel: Der Nussknacker - Reise durch ein Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sobo
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000 Mark ausgesetzt. Mit Jürgen Ponto wurde das erste Mal ein Wirtschaftsführer das Opfer eines terroristischen Anschlags.«
    Während der Meldung war es mucksmäuschenstill im Wagen. Schließlich sagte Moni: »Sie haben wieder zugeschlagen.«
    »Wer?«
    »Die Terroristen.«
    »Welche Terroristen?«, fragte Klemens.
    »RAF. Schon mal gehört?«
    Beide schüttelten den Kopf. Auch mir war das kein Begriff.
    »He, wo lebt ihr denn?« Moni steckte sich eine weitere Zigarette an und blickte ein wenig herablassend zwischen den Sitzen hindurch. »Das sind Typen, die dem Staat den Krieg erklärt haben. Manche wurden festgenommen und sitzen im Gefängnis, andere sind im Untergrund …« Sie stellte das Radio ab.
    »Aber warum?« Vincent schien das Ganze unverständlich zu sein. Auch Klemens machte nicht den Eindruck, als könnte er Moni folgen.
    Moni atmete tief aus und blies den Rauch gegen die Windschutzscheibe. »Na ja, so genau weiß ich das auch nicht.«
    »He, wo lebst du denn?«, fragte Klemens neckisch.
    Zuerst schaute Moni verwundert, dann lachte sie. Klemens und Vincent fielen ein.
    * * *
    Es war schon Abend, als wir schließlich Köln erreichten. Die Sonne ging gerade unter. Die Temperatur war noch immer mild und angenehm.
    »Ihr könnt mich da vorne rauslassen.« Moni zeigte zur Windschutzscheibe hinaus auf eine Kreuzung vor ihnen. »Wo müsst ihr denn hin?«
    Vincent kramte einen Zettel aus der Hosentasche.
    »Nach Köln-Deutz.«
    »Ist ganz leicht zu finden. Das ist auf der anderen Seite vom Rhein.« Moni zeigte zum Seitenfenster hinaus.
    Klemens hielt vor der Kreuzung an.
    »Danke«, sagte Moni. »Vielleicht sieht man sich mal wieder.«
    Klemens und Vincent nickten.
    »ciao.«
    »Tschüss.«
    Moni stieg aus und überquerte schnell die Straßenseite, als hätte sie es eilig. Klemens und Vincent blieben noch ein wenig am Straßenrand stehen und sahen ihr hinterher, bis sie verschwunden war, ohne sich noch einmal nach den beiden umzuschauen.
    Noch ehe sie weiterfahren konnten, ging die hintere Tür erneut auf. Ein Mann stieg ein und sagte »Deutz!«, wie man »Fahr endlich los!« sagt.
    Klemens und Vincent blickten einander verdutzt an.
    »Was ist los? Ist das ’n Taxi, oder ist es keins?«
    Klar war es ein Taxi.
    Der Mann, der vornehm gekleidet war, aber dennoch irgendwie seltsam wirkte, trommelte auf die Lehne des Vordersitzes. »Geradeaus und da vorne rechts«, sagte er ungeduldig. »Na los, ich hab’s eilig.«
    Klemens legte den ersten Gang ein, wobei das Getriebe krachte, und fuhr los.
    Der Mann lotste ihn zum Ziel. Dabei fiel mir auf, dass er ziemlich nuschelte, als hätte er zu oft vom Kölschglas genippt. Jetzt roch ich auch seine Alkoholfahne.
    »Stopp!«, kam von hinten und: »Danke!«
    Der Mann reichte einen Zehnmarkschein nach vorne.
    »Stimmt so.«
    Er öffnete die hintere Tür, schälte sich aus dem Sitz und stieg umständlich aus.
    Die beiden platzten beinahe vor Lachen. Als Vincent dann erneut auf den Zettel mit der Adresse von Judith sah, bekamen sie einen weiteren Lachanfall: Sie standen genau in der Straße, in der Judith wohnte.
    Sie parkten den Wagen am Seitenstreifen. Gerade als sie aussteigen wollten, zeigte Vincent nach hinten zur Rückbank. »Mist! Ihr Rucksack!«
    Tatsächlich, Moni hatte ihren Rucksack vergessen. Er war in den Fußraum zwischen Vorder- und Rücksitz gerutscht.
    Die beiden Brüder stiegen aus und nahmen den Rucksack und mich mit.
    * * *
    Es war ein mehrgeschossiges Haus, an dessen Klingelschild Judiths Name neben einer Menge anderer Vornamen stand. Die Tür war offen. Ohne zu klingeln betraten wir das Haus und stiegen das dunkle, nach Kochdünsten riechende Treppenhaus hinauf.
    Im dritten Stock schellte Klemens an einer großen zweiflügligen Tür. Neben dem Klingelknopf hing ein Zettel, auf den mehrere Vornamen gekritzelt waren, auch der von Judith. Zuerst tat sich nichts. Als Klemens ein zweites Mal klingeln wollte, ging die Tür einen winzigen Spaltbreit auf.
    In dem schmalen Streifen erschien ein blasses Gesicht mit Bart und langen Haaren. Zuerst blickte das Gesicht verkniffen, entspannte sich dann aber. Die Tür öffnete sich noch ein Stück. Vor den beiden stand ein Mann in Unterhemd und Unterhose.
    »Zu wem wollt ihr?«, fragte er.
    »Zu Judith.«
    »Judith ist nicht da«, kam es wie aus der Pistole geschossen zurück.
    »Wann kommt sie wieder?«
    »Die kommt nicht mehr.«
    »Was?«
    »Die wohnt nicht mehr hier.«
    Der Mann wollte die Tür schon wieder

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