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Der Ölhändler und die Blumenkönigin

Der Ölhändler und die Blumenkönigin

Titel: Der Ölhändler und die Blumenkönigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ekz.bibliotheksservice GmbH
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kraftlos, daß sie wie vorher, mit dem Gesicht der inneren Seite zugekehrt, zurückfiel und sofort wieder einschlief.
    Nachdem Tjin-Dschung sein teures, nun so ekelhaft beschmutztes Gewand zusammengewickelt und neben das Bett gelegt hatte, legte er sich wieder zur Ruhe und umarmte sie wie anfangs. Meï-Niáng schlief wirklich fest bis der Morgen dämmerte. Als sie sich beim Aufwachen herumdrehte, sah sie einen Mann an ihrer Seite liegen und fragte erstaunt: »Wer sind Sie denn?«
    »Ich heiße Tjin«, antwortete der bedauernswerte junge Mann.
    Meï-Niáng suchte sich die vergangene Nacht ins Gedächtnis zurückzurufen, konnte sich aber nicht sehr deutlich an die gestrigen Ereignisse,von denen sie nur noch eine sehr konfuse Vorstellung hatte, erinnern.
    »Ich war in der vergangenen Nacht wohl sehr betrunken«, unterbrach sie endlich das Schweigen.
    »Oh, es war nicht so schlimm.«
    »Habe ich etwa gebrochen?«
    »Nein, noch nicht.«
    »Nun, dann ist's wenigstens noch gut«, sagte sie, um nach abermaligem Nachdenken fortzufahren:
    »Aber ich erinnere mich doch, schon gebrochen und auch Tee getrunken zu haben. Das habe ich wohl schwerlich nur geträumt!«
    Nun erst bestätigte Tjin-Dschung ihre Vermutung:
    »Als ich sah, daß das junge Fräulein ein Glas Wein zuviel getrunken hatten, trug ich Sorge, eine Kanne mit Tee an meiner Brust warm zu halten, weil ich wußte, daß Sie sich übergeben müßten. Und Sie haben dann nach dem Erbrechen wirklich Tee verlangt. Ich goß ein und hatte die Ehre, daß Sie die zwei Tassen nicht zurückwiesen, welche ich Ihnen reichte.«
    »Wo habe ich denn aber das ekelhafte Zeug hingebrochen?« fragte Meï-Niáng erstaunt, und Tjin-Dschung antwortete:
    »Da ich fürchtete, daß Sie die Decken und Kissen beschmutzen könnten, habe ich es in meine Ärmel aufgefangen.«
    »Wo haben Sie die Dinger hingetan?«
    »Ich wickelte sie mit dem Obergewand zusammen. Sie sind dort versteckt, Fräulein!«
    »Oh, das tut mir aber leid, daß Sie ihr einziges Kleid verdorben haben!«
    »Nun, Fräulein, das ist ja mein Eigentum! Ich bin glücklich, Ihre Reste und Ihr Gespüle erhalten zu haben!«
    Als Meï-Niáng das hörte, dachte sie bei sich: Was gibt es doch für bescheidene Menschen! Und eine heimliche Freude stieg in ihrem Herzen auf, welche allmählich größer werden sollte.
    Inzwischen war es schon heller Tag geworden und Meï-Niáng erhob sich, um für kurze Zeit zu verschwinden. Als dann wieder ihr erster Blick auf Tjin-Dschung fiel, wurde ihr plötzlich klar, daß es der Ölhändler dieses Namens war, und sie fragte:
    »Sagen Sie mir offen und ehrlich, wer Sie sind und warum Sie gestern nacht herkamen?«
    »Da ich von der Blumenkönigin gefragt worden bin, wie könnte ich wagen, die Unwahrheit zu sagen?« antwortete Tjin-Dschung sehr höflich.
    »Ich bin wirklich der Ölhändler Tjin-Dschung, der immer in dieses Haus kam.« Und dann erzählte er ihr ausführlich, wie er sich, seit er sie das erstemal mit den Gästen und beim Besteigen der Sänfte gesehen, so sehr nach ihr gesehnt hätte und sie liebte, und wie er mühsam das Geld zusammengespart, um eine Nacht bei ihr sein zu können.
    »Gestern durfte ich mich Ihnen nahen. Das ist ein Glück, welches für drei Leben ausreicht. Mein Herz ist voll davon und ich bin zufrieden!«
    Als Meï-Niáng seine Worte hörte, bemitleidete sie ihn noch mehr und sagte:
    »Gestern nacht war ich leider betrunken, so daß es mir unmöglich war, Ihnen Gesellschaft zu leisten.
    Nun haben Sie vergebens soviel Geld hinausgeworfen: Reut Sie das denn gar nicht?«
    »Mein Fräulein ist ein göttliches Wesen, vom Himmel herabgestiegen! Ich fürchte nur, Sie nicht vollkommen bedient zu haben. Daß ich aber nicht getadelt werde, ist schon ein zehntausendfältiges Glück für mich; denn außerdem wagte ich nichts zu hoffen.«
    »Sie sind ein kleiner Kaufmann, der sich mühsam einige Taels gespart hat: Weshalb hebenSie das Geld nicht auf und sorgen für Ihre Familie? Dieser Ort ist keine Stätte, wo Sie aus- und eingehen können.«
    »Ich bin allein, mein Fräulein, und habe keine Frau.«
    Meï-Niáng fuhr nach einer Pause fort: »Sie werden jetzt also gehen. Wollen Sie später noch einmal wiederkommen?«
    »Diese eine Nacht gestern,« erwiderte Tjin-Dschung, »wo ich Ihnen nahe sein durfte, hat mich zufrieden und ruhig gemacht. Wie sollte ich wagen, noch einmal auf so törichte Gedanken zu kommen!«
    »Ein selten guter Mensch«, dachte Meï-Niáng bei sich. Wie treu und

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