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Der Ölhändler und die Blumenkönigin

Der Ölhändler und die Blumenkönigin

Titel: Der Ölhändler und die Blumenkönigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ekz.bibliotheksservice GmbH
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anzuzünden. Ohne ihr Haar aufzulösen, ohne sich sogar den Gürtel zu lösen, gerade noch imstande, ihre gestickten Schühchen auszuziehen, fiel sie, schwer vom Weine, in ihren Kleidern aufs Bett und schlief sofort ein.
    Als die Bordellwirtin sah, daß sich das Mädchen so unhöflich benahm, konnte sie nicht umhin, sich Tjin-Dschung gegenüber zu entschuldigen: »Meine Tochter hat es sich in letzter Zeit angewöhnt, ihren Launen freien Lauf zu lassen. Was sie heute wieder haben mag! Ich kann mir wirklich nicht denken, weshalb sie sounzufrieden ist. Das liegt aber nicht etwa an Ihnen, lieber Herr Tjin. Nehmen Sie es bitte nicht übel, daß Sie hier so unfreundlich behandelt werden!«
    »Wie sollte ich es wagen«, entgegnete Tjin-Dschung höflich und bescheiden wie immer. Nachdem die Bordellmutter, welche ihn immer wieder zu überreden suchte, noch einige Becher zu trinken, ihre vergeblichen Bemühungen endlich eingestellt hatte, begleitete sie ihn in Meï-Niángs Schlafzimmer, wo sie ihm leise ins Ohr raunte:
    »Na, die da ist nicht schlecht betrunken! Gehen Sie etwas milde mit ihr um!«
    Dann rief sie laut: »Kind, steh auf. Zieh dich aus, damit du besser schläfst.« Aber Meï-Niáng lag schon zu tief im Schlafe, um etwas verstehen, geschweige denn eine Antwort geben zu können, und die würdige Frau wußte nun nichts Besseres mehr zu tun, als sich zu entfernen. Auch das Mädchen, welches die Gläser, Platten und sonstigen Geräte abgeräumt hatte, wünschte, ein letztesmal mit der Hand über den Tisch fahrend, dem gnädigen Herrn Tjin angenehme Ruhe. Tjin-Dschung aber bat noch um eine Kanne heißen Tees, worauf das Mädchendie gewünschte Menge starken Tees aufgoß und ins Zimmer brachte. Dann ging sie, die Tür hinter sich schließend, in den Nebenraum, um sich zur Ruhe zu legen.
    Tjin-Dschung war nun endlich mit ihr allein. Während er sie betrachtete, fand er, daß sie fest eingeschlafen war, mit dem Gesicht der Innenseite des Bettes zugekehrt. Die Brokatdecke mußte sie gerade, als ihr die Augen zufielen, unter ihren Körper gedrückt haben. – Indem ihm nun einfiel, daß weintrunkene Leute sich nicht erkälten dürften, wagte er doch nicht, sie zu wecken. Da entdeckte er plötzlich auf einem Geländer noch eine große rote, weichseidene Brokatdecke, welche er ganz leise herabnahm und über den Leib Meï-Niángs legte. Dann regulierte er die silberne Lampe, daß sie einen hellen Schein gab, zog seine Stiefel aus und ging zu Bett, wo er sich an Meï-Niángs Seite niederlegte, indem er mit seiner linken Hand die Kanne an die Brust drückte und die rechte zärtlich auf ihren Körper senkte. Er wagte nicht einmal, auch nur für kurze Zeit die Augen zu schließen, aus Furcht, er könnte eingeschlafen sein, wenn Meï-Niáng seiner Hilfe bedürfe. Im Gedicht heißt es:
    Noch hatt' empfangen »den Regen« sie nicht, noch dräuten »die Wolken« –
Doch berührt war ihr Leib, ihres Körpers Duft war gestohlen!
    Meï-Niáng hatte kaum bis Mitternacht geschlafen, als sie in einem Anfall von Übelkeit erwachte und fühlte, daß sie der Gewalt des Weines nicht widerstehen könne. Es war ihr, als müsse die Fülle der genossenen Getränke ihre Brust zersprengen. So richtete sie sich mühsam in ihrem Bette bis zur sitzenden Stellung auf und begann alsbald, während sie das Köpfchen kraftlos fallen ließ, mit einem erbärmlichen Würgen und Aufstoßen. Tjin-Dschung hatte sich auch sofort aufgesetzt, und da er sah, daß sie sich übergeben wollte, stellte er schnell die Teekanne hin und suchte durch sanftes Reiben mit der Hand den erlösenden Augenblick zu beschleunigen. Endlich, nach langer Zeit, konnte sie dem Andrange ihres mißhandelten Magens nicht länger standhalten, und ihre Kehle öffnete sich. In demselben Augenblicke hatte auch Tjin-Dschung, welcher besorgte, die Decken könnten beschmutzt werden, die Ärmel seines eigenen Gewandes auseinandergefaltet und vor ihren Mund gehalten. Da sie selbst nichts davon zu wissen schien, hörte sie auch nicht eher auf, alsbis sie alles ausgebrochen hatte, und verlangte dann noch mit geschlossenen Augen etwas Tee, um sich den Mund zu spülen. Er stieg vom Bett, zog leise seinen Rock aus und legte ihn auf die Erde. Als er die Teekanne anfühlte, fand er sie noch warm, goß zwei Tassen von dem wohlriechenden, lauwarmen Getränk ein und reichte sie Meï-Niáng, welche sie hintereinander austrank. Darauf fühlte sie sich zwar bedeutend wohler, aber ihr Körper war noch so müde und

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