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Der Orksammler

Der Orksammler

Titel: Der Orksammler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lossau , Jens Schumacher
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hatte ihm den Arm so weit verdreht, dass die Lederkluft des Mannes am Ärmel aufriss. Es knirschte hörbar. Die anderen regten sich noch immer nicht.
    »Weißt du, Kiemwhey, ich kann Typen wie dich nicht ausstehen. Ihr haltet euch für Lorgons höchste Schöpfung. Ihr stolziert durch die Weltgeschichte, als müsste sich jeder vor euch verbeugen. Ihr haltet euch für gerissen. Aber in Wirklichkeit bist du nicht gerissen, Kiemwhey, ganz und gar nicht. Du bist ein Kotzbrocken. Ich bin ein Beamter des IAIT, verdammt, und du wagst es, mich zehnmal hintereinander ›Großer‹ zu nennen? Was sagt man, wenn man etwas sehr Dummes getan hat? Wie heißt das Zauberwort?«
    Kiemwhey brachte nur ein ersticktes Stöhnen zustande. »Ver … Verzeihung!«
    Jorge ließ los. Kiemwhey kippte nach hinten, landete auf dem Kies und rieb sich den Arm.
    »Vielen Dank für das Bier.« Jorge trank seinen Humpen leer. »Ich behalte dich ab sofort im Auge, Kiemwhey. Komm bloß nicht auf dumme Gedanken, sonst setzt es was. Und wenn du den Jungen nicht in Frieden lässt, sorge ich persönlich dafür, dass dir der Arsch in zwei Teile gespalten wird. Ehrlich, ich freue mich schon darauf.«
    Kiemwhey starrte mit hasserfülltem Blick zu seinen erstarrten Kumpanen, ins Feuer, zurück zu Jorge.
    »Ich hab doch gar nichts gegen Orks«, behauptete er. Seine Stimme klang mit einem Mal so unterwürfig und beleidigt, dass Jorge ihm am liebsten ins Gesicht gekotzt hätte.
    »Wirklich nicht! Ich will doch, genau wie das IAIT, nur wissen, was hier eigentlich vor sich geht. Weißt du, einer von denen, die aus dem Lager verschwunden sind, war nämlich ein Freund von mir! Der gute alte Memowyn.« Kiemwhey riss die Augen auf, vielleicht, um seinem Gesicht einen betroffenen Ausdruck zu verleihen. »Zuerst hat sich der Schatten nur Orks geholt. Aber er sammelt auch Menschen!«
    Verwirrt schüttelte Jorge den Kopf. »Unsinn! Zehn Orks sind verschwunden und sonst keiner.«
    Unvermittelt grinste Kiemwhey wieder. »Oh nein, Großer«, flüsterte er. »Das ist so nicht ganz korrekt …«

7
     
     
    »Warum haben Sie mir nicht gleich gesagt, dass es noch einen Toten gab – einen Menschen?« Hippolits Stimme bebte vor Zorn.
    Meister Lemuel hüstelte überheblich. »Sie haben mich nicht danach gefragt.«
    Hippolit spürte, wie eine bissige Bemerkung in seiner Kehle nach oben drängte, doch er schluckte sie hinunter. Stattdessen artikulierte er zwei gutturale Silben, die den grellen Leuchtglobulus von der Bahre mit dem Ork zu ihm herüberlotsten.
    Während er ein neues Paar Paramandirhandschuhe überstreifte, dämmerte ihm, dass er dem Stabsarzt keinen Vorwurf machen konnte: Er hatte tatsächlich nicht gefragt, weder Lemuel noch General Ortlov, ob dem mysteriösen Mörder außer den zehn Orks weitere Soldaten zum Opfer gefallen waren.
    »Das wievielte Opfer war dieser Mann?«, wollte er wissen. »Innerhalb der Entführungsserie, meine ich?«
    »Der Rekrut Memowyn verschwand als dritter, wenn ich mich recht erinnere.« Meister Lemuel hüstelte, zuckte die Achseln.
    Zähneknirschend wandte sich Hippolit dem Toten zu.
    Die Verletzungen des Mannes unterschieden sich in nichts von denen seiner Orkkameraden: Brustkorb mit enormer Gewalt aufgebrochen, Herz verschwunden; arterielles und venöses Umfeld traumatisiert; Haut und Muskelgewebe großflächig zerfetzt.
    Dasselbe Muster, derselbe Täter.
    »Wurde auch dieser Soldat während einer Nachtwache verschleppt? Und später in der Nähe des Heerlagers tot aufgefunden?«
    Bestätigendes Hüsteln.
    Wenn du noch einmal hüstelst, verwandele ich deine Hoden in einen Sack brünstiger Ätzkäfer, dachte Hippolit. »Wie viele menschliche Soldaten sind sonst noch verschwunden?«
    »Nur dieser eine.«
    »Und? Weiter? Nun lassen Sie sich doch nicht jeden Wurm einzeln aus der Nase ziehen, Mann! Darüber hinaus irgendwelche Vermisste? Ein Troll? Reptilier? Ein Pferd vielleicht?«
    Der Stabsarzt schüttelte pikiert den Kopf. »Zehn Orks und dieser Mann, sonst niemand. Und es ist nicht meine Schuld, dass Sie nicht Bescheid wussten. Es wäre Aufgabe des Generals gewesen, Sie mit allen Einzelheiten des Falles vertraut zu machen!« Lemuel klang jetzt merklich eingeschnappt.
    »Na schön, Meister. Ich schlage vor, wir vergessen unsere kleine Meinungsverschiedenheit und schauen, ob wir nicht mit vereinten Kräften dem Täter auf die Spur kommen können.« Die Worte kosteten Hippolit annähernd so viel Überwindung wie das aufmunternde Lächeln, das

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