Der Pakt
rief sie und deutete auf den Fluss.
Nick folgte der Fahrt des Bootes und bog bei der nächsten Gelegenheit scharf nach links auf die London Bridge ab. Um sie herum quietschten Bremsen, kreischten Hupen und drehten die Räder durch. Nick hielt den Wagen an, indem er ihn gegen das Brückengeländer fuhr.
Sin hatte sich bereits gegen das Armaturenbrett gestemmt, senkte nur den Kopf und fing den Aufprall so gut es ging ab, dann schob sie die Tür auf und stolperte heraus. Auf einer Seite lag goldglänzend die Tower Bridge, auf der anderen weit entfernt die glitzernde Stadt und die hundert blitzenden roten Augen des OXO -Towers. Vor ihren Augen verschwamm alles.
Einen Augenblick lang hielt sie still und starrte geradeaus, um das Schwindelgefühl zu vertreiben. Zwischen den vielen schachtelartigen Bürohäusern mit schachtelartigen Fenstern stand fast versteckt ein weiteres Gebäude. Der Teil, den sie davon sehen konnte, sah aus wie eine weiÃe, von Licht umgebene Tür. Sin konzentrierte sich darauf, bis sie wieder klar sehen konnte.
Dann wandte sie sich an Nick und stellte fest, dass er auf dem Brückengeländer stand.
Er sprang.
Sin lief zum Geländer und sah das Boot unter der Brücke hindurchfahren, sah, wie das makellose Weià des Decks unterbrochen wurde, als Nicks dunkle Gestalt auftraf. Das Kielwasser zog zwei weiÃe Streifen ins schwarze Wasser, Wellen, die sich wie Vogelschwingen ausbreiteten. Gleich würde das Boot verschwunden sein.
Sin schwang sich blitzschnell auf das Geländer und sprang ab wie ein Schwimmer, rollte sich beim Aufprall wie ein Ball ab und kam augenblicklich wieder auf die FüÃe.
Sie stand auf dem Deck der Queenâs Corsair , wo der gesamte Zirkel auf sie wartete. Und sie hatten keinen Plan, sie wussten beide nicht, wie man Pläne machte, sie hatten nur diese unbändige Wut und den Drang, Alan zu finden und ihn um jeden Preis zu retten.
Nick war wie eine Katze auf den FüÃen gelandet, und Sin wagte gar nicht, sich vorzustellen, wie weh das getan haben musste. Sein einziges Zugeständnis an den Schmerz war es, dass er ein paar Sekunden lang still stand.
Dann ging er weiter, auf die Tür zu, und Sin folgte ihm. Zum Teufel mit den Plänen.
Sie liefen die Treppe hinunter und in den Gang, wo sie der ersten Magierin begegneten.
Es war Laura, die grauhaarige Frau.
Als Laura lächelnd vor ihnen beiseite trat, wusste Sin, dass etwas falsch war, so furchtbar falsch, dass sie es gar nicht richtig fassen konnte.
Nick stürmte an ihr vorbei, ohne anzudeuten, dass er es auch nur bemerkt hatte. Als Nächstes kamen sie an Helen vorbei, die mit gesenktem Kopf dastand. Nicht ein Magier versuchte, sie auf ihrem Weg aufzuhalten, oder schien auch nur überrascht, sie zu sehen.
Als Sin über die Schulter zurückblickte, stellte sie fest, dass ihnen die Magier, an denen sie vorbeigekommen waren, in einiger Entfernung in einer Art Prozession folgten wie Trauergäste einem Sarg.
Nick sah sich nicht um. Er lief einfach weiter, offensichtlich ohne auf irgendetwas zu achten, die Gänge und Treppen entlang, bis er die Glastüren des Ballsaales erreichte. Er stieà sie so kräftig auf, sodass sie donnernd zerbarsten.
Im Ballsaal waren die restlichen Angehörigen des Aventurin-Zirkels versammelt, alle auÃer Jamie. Seb war auch dort und beim Anblick seines Gesichtsausdruckes wurde es Sin noch kälter.
Die Magier wirkten angespannt, fast erwartungsvoll. Nur Gerald unterhielt sich mit zwei starren und stummen Magiern, wie auf einer Soiree. Dann drehte er sich um wie ein gut erzogener Gastgeber, der zwei neue Gäste entdeckt. Er nickte ihnen zu. Im Grunde wirkte er nicht bedrohlich und seine Stimme war milde und angenehm.
»Cynthia Davies? Dich hätte ich hier nicht wieder zu sehen erwartet, aber ⦠aus dem Regen ⦠direkt wieder in den Regen, wie man so schön sagt. Du bist uns natürlich willkommen. Und Nick. Wie immer eine Freude.« Gerald lächelte ein wirklich nettes Lächeln. »Dich habe ich allerdings erwartet.«
Nick holte tief Luft. Selbst das klang wie ein Knurren.
Sin stellte fest, dass sie einen Schritt von ihm zurückgetreten war, seine Wut stieà Menschen unbewusst ab wie eine schwarze Aura.
»Wo ist er?«, fragte Nick. Seine Stimme klang schrecklich, gepresst und flach, wie die eines Tieres, dem man bei lebendigem Leibe die Haut abzieht und das dennoch nach Blut
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