Der Pakt der Wächter: Roman
waren und nach Blut gierten. In einem weiteren Kreis um ihn herum standen die schwedischen Soldaten, die König Anund Jakob ihm zur Verfügung gestellt hatte, die Krieger, die Fürst Jaroslav mit uns mitgeschickt hatte, und das Heer, das sein fünfzehn Jahre alter Halbbruder aus Oppland herbeigeführt hatte.
Wir stürmten von der Anhöhe nach unten auf die wartenden Bauernkrieger zu. Unsere Kriegsrufe gellten über die Ebene. Ich fühlte mich, als ritte ich direkt in den Ragnarök. Ich hatte keine Angst, an der Seite meines Königs zu kämpfen. Aber ich hatte schnell erkannt, dass wir bei dieser Übermacht nur ein einziges Ziel haben konnten: das Unvermeidliche so lange wie möglich aufzuschieben – den Tod unseres Königs.
Der Kampf war roh und blutig. Wir gerieten auf unserem Weg nach unten in ein solches Tempo, dass wir direkt in das Heer der Bauern pflügten. Unser Angriff ließ viele die Flucht ergreifen, der Rest stellte sich dem Kampf. Einige kämpften mit Lanzen, andere hieben wild mit Äxten und Schwertern um sich. Pfeilschauer gingen auf uns nieder. Speere und Steine flogen. Männer brüllten und schrien; einige aus blinder Wut, andere vor Schmerz oder aus Todesangst. Der Boden war vom Blut getränkt. Der harsche Gestank der Eingeweide senkte sich wie ein unsichtbarer Nebel auf die Ebene des Todes. Der Schild der Männer, die unseren König umgaben, wurde immer dünner. Ich kämpfte mit einer Wildheit, die ich seit meiner Jugendzeit, als Olav und ich auf Raubzug gegangen waren, nicht mehr gespürt hatte; als ob ich allein den König vor dem Tod bewahren konnte. Mutig trug Thor das Banner des Königs in die Schlacht. Als er tödlich verwundet wurde, pflanzte er das Banner so hart in den Boden, dass es stehen blieb. Um ihn herum spritzte Blut aus offenen Wunden. Wir kämpften Mann gegen Mann mit blutroten Schwertern und Äxten. Ein Kerl aus Kviestad, sein Name war Thorgeir, griff den König an. Olav spaltete seinen Schädel direkt unterhalb der Augen. Jetzt hatte eine Gruppe von Angreifern – unter ihnen Kalv Arnesson, ein zweiter Kalv, ein Olav und Thore Hund – den König umringt. Olav griff Thore Hund an, aber sein Schwert prallte ab. Mehrmals versuchte er, Thore zu verletzen, aber sein Schwert fand den Weg nicht. Wütend wandte sich der König an Bjørn Stallare und forderte ihn auf, für ihn zu kämpfen. Bjørn drehte seine Axt um und schlug Thore mit dem Axthammer auf die Schulter. Tore geriet ins Taumeln, stieß Bjørn aber den Speer in den Bauch. In der Zwischenzeit griff Kalv den König an, als dieser sich ihm wieder zugewandt hatte. Dieses Mal fand das Schwert Fleisch. Der König stöhnte. Ich schrie auf, als wäre ich getroffen worden. Im gleichen Moment stürmte Thorstein Knarresmed mit einer Axt auf Olav zu und hieb sie ihm direkt über dem linken Knie in den Oberschenkel. Der König lehnte sich an einen Felsen und blickte sehnsuchtsvoll zu dem blauen Himmel empor. Seine Finger klammerten sich um den goldenen Griff seines scharfen Schwertes. Er sprach ein stummes Gebet. Seine Lippen bewegten sich beinahe unmerklich. Der vergoldete Helm und das Kettenhemd blinkten im Sonnenlicht. Blut pumpte aus seinem Schenkel. Er presste seine Hand fest auf die Wunde, doch das Blut quoll zwischen den Fingern hervor. Mein König! Kämpfe!, brüllte ich, während ich einen Jüngling anging, der aus der Schulter blutete. Thore Hund, der alte Feind des Königs, trat vor. Olav!, sagte er mit Donnerstimme, hob seinen Speer und rammte ihn mit aller Gewalt unterhalb des Kettenhemdes tief in den Bauch des Königs. Ich ließ mein Schwert sinken, ebenso mein junger Gegner. Mein König, flüsterte ich, wurde aber vom Geschrei der Kämpfenden übertönt. Olav röchelte. Er hustete Blut und stöhnte vor Schmerzen. Noch heute lastet die Erinnerung auf meiner Seele. Er bekam keine Luft, bei jedem Atemzug gurgelte es in seiner Kehle. Der König sah mich an. Ich glaubte, ein tapferes Lächeln zu sehen. Ein Mann mit Namen Kalv stand über dem König. Er hob sein Schwert. Es traf den Hals des Königs auf der linken Seite. Weißes Fleisch öffnete sich zu einer tödlichen Wunde. Das Blut schoss in gewaltigen Stößen heraus. Verzweifelt sank ich auf die Knie. Scharen von Krähen und Raben hatten sich in den Bäumen versammelt. Plötzlich verstummte der Lärm der Schlacht, und nur noch das heisere Geschrei der Vögel erfüllte die Luft. Der König suchte meinen Blick. Er gurgelte und röchelte mit blutroten Lippen.
So starb
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